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Das Doppelgrab in der Provence

Das Doppelgrab in der Provence

Titel: Das Doppelgrab in der Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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frustrierend«, sagte sie, »so ein verstümmelter Brief. Und mysteriös. Nicht zu reden von Leiche, Namen und Orten. Aber was soll das mit den Druiden, dem Wasser und deiner Wünschelrute? Überhaupt, wieso Wünschelrute? Und was hat dieser Phantastiker damit zu tun? Oder soll das ein anderer Demlixh sein?«
    Baltasar steckte den Brief weg. »Oh, das wird wohl Edmund Demlixh sein, Autor berühmter Werke über außerirdische Laboratorien, Marsmänner in der römischen Geschichte und so. Der wohnt irgendwo hier in der Provence. Was die Rute angeht, hm. Als ich mich weiland in der Bretagne um die weitere Verfinsterung und Verhüllung des Okkulten bemühte, ergab es sich so, daß ich nicht nur Voodoo, Geisterbeschwörung und die Hochreligionen, sondern auch andere Formen organisierten Aberglaubens studiert habe. Zum Beispiel den Marxismus, die Metaphysik und die Radiästhesie in der magisch-mythischen Variante, wie sie von den gallischen Druiden betrieben wird.«
    Ariane seufzte. »Gibt es eigentlich irgendeinen Unsinn, den du nicht mitmachst?«
    »Natürlich, jede Menge. Das Ernstnehmen all des Unsinns zum Beispiel, den ich eifrig studiere, um mich zu zerstreuen.«
    »Ha-hm. Du bist also in Mondnächten in weißem Gewand auf Eichen geklettert? Hast Misteln gesichelt, fromme Weisen gezwitschert? Bist mit der Wünschelrute um Hünengräber geschlichen? Oder was?«
    »All dies und noch mehr, mein Lieb. Ich habe mich aber in der Regel mit dem begnügt, was man messen kann, und alles, was man glauben muß, lächelnd angehört.«
    »Dann erzähl mir doch lächelnd mal etwas über all diesen Unfug.«
    »Die Rutengeschichte ist eigentlich sehr einfach. Alle Materialien strahlen, je nach ihrer Beschaffenheit. Mit einem Geigerzähler mißt man Radioaktivität, mit einer Wünschelrute, je nachdem, wie sie beschaffen ist und wie gut man sie handhaben kann, Wasser, Strom, Eier in zugedeckten Töpfen, notfalls auch Leichen oder was du haben willst. Nun gibt es viele verschiedene Sorten unterirdischer Strahlung: positive, negative, Netze und Gitter verschiedener Kategorien. Empirisch feststellbar ist, daß bestimmte Sorten bestimmte Wirkungen haben. Viele Wasseradern sind schädlich, wenn man direkt über ihnen jahrelang schläft oder sitzt; es gibt da Untersuchungen, denen zufolge die Anzahl von Krebserkrankungen auf Adern viel höher ist als an anderen Stellen. Dann gibt es ein bestimmtes Strahlensystem, das offenbar darüber befindliche Objekte dehydriert; so hat man an entsprechenden Stellen uralte, unverweste Leichen gefunden. Ähnliche Effekte treten angeblich in den Pyramiden auf.«
    Während des Essens erzählte Matzbach weiter; er erging sich in Serien bizarrer Geschichten, Anekdoten und Mutmaßungen, deren Unverständlichkeit durch sein periodisches Schmatzen und Schlucken kaum verstärkt wurde. Schließlich sagte er: »Du siehst, da sind wieder viele Dinge zwischen Himmel und Erde. Interessant ist, daß sie sich größtenteils nachweisen lassen. Aber niemand weiß, weshalb und wie im einzelnen das alles funktioniert. Das ist nicht weiter betrüblich; schließlich kann einem ja auch noch immer niemand mit erhellender Glaubwürdigkeit auseinanderlegen, wie ein magnetisches Feld beschaffen ist oder weshalb sich Elektrizität ereignet.«
    Ariane lauschte und kaute. Beim Dessert kam Matzbach zu den ausgefalleneren Aspekten.
    »Soweit die Sache meßbar ist, wenn auch nicht erklärlich, kann man auf den Fortschritt der Republik auf allen Gebieten vertrauen. Irgendwann wird jemand vielleicht dahinterkommen. Bis dahin gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man begnügt sich mit dem Feststellbaren und verzichtet vorerst auf eine Erklärung. Oder man geht hin und leitet aus dem Donner einen Donnergott ab oder aus dem Verlauf der Weltgeschichte den dialektischen Materialismus. In unserem Fall, Wasser und so weiter, gibt es da besonders pittoreske Ansätze. Die gallischen Druiden, die es noch immer gibt und die behaupten, ihre mündliche Tradition sei nie abgerissen, bauen auf der Häufigkeit bestimmter Frequenzen riesige Gebäude von Zahlenmystik auf. So ist die Neun in allen Wurzeln, Vielfachen und Potenzen heilig; die großen Steine, etwa von Carnac, sind nach der einen Behauptung eine Art Transformator zur Kennzeichnung, Kondensation und heilbringenden Anwendung bestimmter Erdstrahlen, nach einer anderen sind sie eine Art Gebetsmühle, durch die selbige Strahlen in den Himmel gerichtet werden. Der bemerkenswerten druidischen

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