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Das Doppelgrab in der Provence

Das Doppelgrab in der Provence

Titel: Das Doppelgrab in der Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Überlieferung zufolge wurden sie vor Tausenden von Jahren von den Urahnen der Kelten errichtet. Diese Urahnen kamen aus Atlantis, landeten in der Bretagne und wanderten von dort aus ostwärts. Die den säkularen Archäologen und Historikern bekannte keltische Wanderung von Ost nach West ist den Druiden zufolge eine zweite Bewegung, eine Art Heimkehr. Unter den ersten großen Führern, die in grauer Vorzeit Asien eroberten, befand sich auch der keltische Fürst Ram oder Rama, dessen Taten angeblich das indische
Ramayana
verzeichnet; desgleichen weisen die Lehren Christi eine so bemerkenswerte Ähnlichkeit mit druidischen Traditionen auf, daß man in diesen Kreisen fest davon ausgeht, er habe in der nicht genau belegten Zeit zwischen seiner Jugend und dem Beginn seiner Aktivitäten eine Lehrzeit in der Bretagne verbracht. So ist das, nun weißt du es endlich.«
    Ariane nickte lächelnd. »Sehr interessant. Fast so beeindruckend wie die Kosmologie des
Silmarillion

    Matzbach hob die Brauen. »Und mindestens ebenso glaubwürdig, wenn wir davon ausgehen, daß nur das Absurde glaubwürdig ist, weil alles andere ja, da man es mit dem Verstand erfassen kann, nicht zu glauben, sondern zu wissen ist.«
    Beim Kaffee schloß er die Lesung mit einem Exkurs über weitere Anwendungsbereiche von Rute und Pendel ab: Ermittlung von Krankheiten in bestimmten Körpergegenden, Auspendeln von Handschriften mit Aussagen über Charaktere, Bau von Heiligtümern und, an gleicher Stelle, später Kathedralen über besonders bemerkenswerten Strahlungsquellen, und so weiter. »Eine Sache noch«, sagte er schließlich, »muß man klarstellen. Die Druiden heutzutage sind selbstverständlich keine Rassisten. Sie sind nur von der Überlegenheit des keltischen Seelenmaterials überzeugt, das zyklisch in anderen Körpern wiedergeboren wird, und selbstverständlich wird nie eine gute keltische Seele etwa im Leib eines Germanen oder gar eines Negers inkarnieren. Nein, nimmer. Was mich an der Wiedergeburt immer besonders beschäftigt hat, ist die Frage, aus welchen geheimen Beständen die Seelen stammen, die zur Belebung der Bevölkerungsexplosion unabdingbar sind. Und, wenn es da irgendwo ein Geheimdepot gibt, wie viele Seelen es noch faßt. Damit ließe sich endlich feststellen, was das von den keltischen Göttern festgesetzte Maximum der Weltbevölkerung ist. Meiner Meinung nach müssen diese Götter ohnehin inkompetent sein, da die Welt längst hoffnungslos übervölkert ist. Aber zur Klärung dieser Fragen haben die alten Gnostiker viele wunderliche Antworten erfunden. Mich befriedigt jene am meisten, die da behauptet, die richtigen Götter seien immer mit für uns unfaßbar wichtigen Dingen beschäftigt; irgendein geistig deformierter Subalterngott, ein Irrer, habe vor Zeiten vor sich hin gespielt, ohne Sinn und Verstand, und dabei die Welt und die Sterne und die Bäume und die Menschen geschaffen. Kein Wunder, daß wir uns seit Jahrtausenden wie die Abfallprodukte eines Irren benehmen.«
    Nach dem Essen fuhren sie ein Stückchen aus dem Ort hinaus, um in den Ruinen des römischen Glanum einen Verdauungsspaziergang zu unternehmen. Baltasar schwieg ausnahmsweise die meiste Zeit, und Ariane dankte es ihm mit freundlichen Blicken. Schließlich erklärte er, ihm gehe gerade eine andere bisweilen ausschlagende Wünschelrute durch den Kopf; ohne große Mühe gelang es ihm, Ariane zu einer Siesta im Hotel zu Les Baux zu überreden, allwo man damit verbundene Fragen meditativ oder wie auch immer klären könne.

4. Kapitel
    Am Freitag las man – staunend – in einer verbreiteten südfranzösischen Zeitung, ein Monsieur Matzbach sei in Les Baux überfallen worden, von mehreren bösen Menschen. (Ariane fragte: »Wieso mehrere? Es waren drei.« Matzbach erwiderte, er hoffe, daß Jemand das wisse – mehr als diese dunkle Rede tat er nicht.) Besagter Matzbach versuche, das Verschwinden eines Freundes aufzuklären, der auf der Suche nach interessanten antiken Bodenschätzen verschollen sei. Matzbach besitze alle nötigen Unterlagen – es gehe um ein karthagisches Testament – und sei sicher, es enträtseln zu können. Er werde in den nächsten Tagen in ein bestimmtes Hotel zu Cassis ziehen und sei für jeden Hinweis auf das Verbleiben seines Freundes Bronner dankbar.
    Ariane konstatierte, Baltasar müsse endgültig als verrückt angesehen werden. Beim Frühstück war die Atmosphäre gespannt.
    Die Stimmung besserte sich jedoch bald auf einer Tagesfahrt

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