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Das Doppelgrab in der Provence

Das Doppelgrab in der Provence

Titel: Das Doppelgrab in der Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Statement, das dieser grinsend entgegennahm und trotz der Einwände des Beamten zu veröffentlichen versprach. Der Beamte ließ sich noch einmal Vorgeschichte und Hergang schildern, sprach mit dem Hotelier und dem Angestellten, der die Tür repariert hatte, nahm das Schnappmesser entgegen und inspizierte unter Leitung des hinkenden Matzbach den Schauplatz der Balgerei. Ariane schlug zwischendurch die Hände über dem Kopf zusammen, ging aber nicht mit zur Besichtigung des Tatorts, da sie, wie sie sagte, die Nase voll habe (gestrichen). Baltasar traf sie später auf der Terrasse des Zimmers an, wo sie am Geländer lehnte und in den Abgrund starrte.
    »Tu das nicht«, sagte er, nachdem er neben sie getreten war, »es lohnt sich zu selten.«
    Sie musterte ihn mit einem Ausdruck unverweslicher Abneigung und sagte nichts.
    Baltasar zog sich zu einer Meditation auf die zimmereigene Toilette zurück, um, wie er erläuterte, seinen Geist zu entschlacken. Als er selbigen Ort verließ, fand er Ariane auf dem Bett liegend und lesend vor. Ächzend setzte er sich neben sie.
    »Der Blutverlust muß meinen Geist geschwächt haben.«
    »Dazu gehört nicht viel.«
    »Mag sein. Aber ich habe etwas übersehen, mal wieder.« Er kramte in einer der Reisetaschen, bis er eine Landkarte gefunden hatte. Mit seinen dicken Fingern nahm er Maß an der Kilometerskala und begrapschte Landstraßen. Schließlich verkündete er: »Hah!«
    »Was hahst du?«
    »Erst vorhin, als ich meinen reinlichen Gedanken nachhing, dort drinnen« – er deutete auf die Badezimmertür –, »da kam mir eine ganz offensichtliche Frage, die mehrere weitere nach sich zog. Sie zieht noch immer.«
    Ariane seufzte und schwieg.
    »Und zwar frug ich mich, wie es wohl kömmt, daß kaum zwei Stunden, nachdem wir hier eingetroffen, böse Pistoleros mit Dolchen und finsteren Gedanken auftauchen. Nun denke ich mir dieses: Bronner verläßt unter Hinterlassung des mir ausgehändigten Zettels das Lokal. Der Hotelier weilt zu diesem Zeitpunkt nicht am Empfang. Böse Buben, die hinter Bronner her sind, werfen einen Blick ins Hotel, sehen Zettel und Geld liegen, lesen, stellen fest, selbst wenn sie kein Deutsch können, daß Bronner außer Marseille und meinem keine Namen aufgeschrieben hat. Der Zettel ist also für sie zunächst ungefährlich. Aber sie wissen, daß der fürchterliche, grimme Matzbach erscheinen wird. Möglicherweise jedenfalls. Da sie nicht aus Les Baux sind, müßten sie einen Wachtposten hier hinterlassen. Was auf reinen Verdacht hin eine kostspielige und vielleicht, falls besagter Matzbach nämlich nicht kommt, sinnlose Sache ist. Hm. Mit einem schnellen Auto kann man aber innerhalb von eineinhalb Stunden Les Baux sowohl von Draguignan als auch von Cassis aus erreichen.«
    Er stand auf und begann, am Fußende des Betts auf und ab zu gehen. Ariane verfolgte ihn mit den Augen wie einen langsamen, unendlich aufgeblähten Tennisball, der von Feldhälfte zu Feldhälfte gestreichelt wird.
    »Sie haben zunächst einmal die betreffende Eintragung im Hotelbuch unangetastet gelassen, weil sie ja erst dann gefährlich wird, wenn jemand kommt und sich für Bronners Treiben interessiert. Solange keiner Fragen stellt, kann der Wisch im Buch bleiben. Es würde eher Aufsehen erregen, risse man ihn aus demselben, wie? Ja. Also lassen sie einen Menschen im Hotel zurück, der sie alarmieren wird, sobald ein Matzbach erscheint. Er mag dann auch, in einem geeigneten Moment, das widrige Blatt vernichten. Er muß es aber nicht; vielleicht hat er auch nur Geld dafür bekommen, daß er gelegentlich mal anruft, und sonst weiß er von nichts. Jedenfalls muß hier ein Spion sein, der die Genossen Ganoven gewahrschaut hat. ¡Eso!«
    Ariane legte ihr Buch auf den Nachttisch. »Da ist was dran. Trotzdem verstehe ich dein hirnrissiges Statement nicht, das morgen in der Zeitung stehen soll.«
    Baltasar grinste. »Oh, beizeiten wird sich alles klären. Vertrau mir nur und zürne nimmer, Holdeste. Aber was machen wir mit dem Spion?«
    »Könnte es nicht der Hotelier selbst sein?«
    Baltasar wiegte den Kopf. »Das hieße, daß er zur Bande gehört, denn für ein Trinkgeld zu telefonieren hat er bestimmt nicht nötig. Aber wie kriegen wir das raus?«
    Er stand noch einen Moment stumm im Raum, dann ging er zur Tür. »Bin gleich wieder da.« Ariane schüttelte den Kopf; als er die Tür hinter sich geschlossen hatte und es nicht mehr sehen konnte, lächelte sie.
    Baltasar stieg die Treppe hinunter,

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