Das Doppelgrab in der Provence
Zeitung oder an die Polizei geschickt; in Ihrem Fall sind es mehr Zuschriften als gewöhnlich, wahrscheinlich, weil Sie das Hotel angegeben haben, und das ist viel reizvoller als der übliche Leserbrief an die übliche Zeitung.«
Matzbach nickte. »Genau. Ich werde, denke ich, diesen ganzen Haufen an die Presse weitergeben, dann freuen die sich.«
Ducros blickte auf Baltasars linke Hand. »Was haben Sie da noch zurückgehalten?«
Baltasar kicherte. »Die drei, die ein bißchen anders sind. Ein Brief von einem Docteur Paul Leblanc.«
Ducros las halblaut: »›Monsieur: Ich beziehe mich auf den Artikel undsoweiterundsoweiter ... Am 16. Oktober fand im nämlichen Hotel zu Les Baux die halbjährige Sitzung des soundso Komitees der Vereinigung der Landärzte der Provence statt.‹ Komische Organisation, nie gehört. Weiter. ›In einer Angelegenheit, über die zu sprechen mir nicht zusteht, war eine längere Verhandlung nötig, die wegen der Delikatesse der Affaire einen diskreten Rahmen verlangte. Wir besprachen das Nötige im Zimmer eines Kollegen, der bei unserem Eintritt damit beschäftigt war, Unterlagen zu sortieren. Wegen des guten Wetters hatte er die Fenster seines Raumes geöffnet; als wir eintraten, entstand durch das Öffnen der Tür ein Durchzug, der einige Papiere des Kollegen erfaßte und aus dem Fenster wehte. Der Kollege war darüber erregt, sagte jedoch später am Abend, die Papiere seien ohne Bedeutung. Es stellte sich dann heraus, daß ein Teil der Dokumente sich auf der Terrasse wiederfand, die schräg unter dem Zimmer des Kollegen lag und zum Zimmer eines Herrn Bronner gehörte, Ihres vermißten Bekannten. Herr Bronner trat abends an der Bar zu uns und erkundigte sich, wem die Papiere gehörten. Er händigte sie dem Kollegen aus, der ihm herzlich dankte. Das, Monsieur, ist alles, was ich Ihnen in dieser Angelegenheit mitteilen kann. In der Hoffnung, Ihnen bei der Klärung behilflich gewesen zu sein, verbleibe ich ...‹ Aha. Hm.«
»Das denke ich auch«, sagte Baltasar. »Ich glaube, es hat nicht viel Sinn, wenn ich versuche, telefonisch oder persönlich den Namen des betreffenden Kollegen herauszukitzeln, oder? Französische Ärzte sind wahrscheinlich in Standesfragen genauso verschwiegen wie deutsche.«
Ducros nickte. »Wenn es zu einer Gerichtsverhandlung käme, könnte man diesen Doktor Leblanc vielleicht zwingen ... Ich kann allerdings versuchen, eine Liste der Teilnehmer an diesem Treffen zu beschaffen. Das könnte helfen.«
Matzbach hob dozierend den Finger. »Nimmer verzage, mein Sohn, und die Türen werden sich öffnen. – Der zweite Brief ist auf Deutsch. Ich übersetze Ihnen den ungefähren Inhalt. Absender ist Dr. Edmund Demlixh aus Lacaze ...«
Ducros unterbrach. »Ach, der Verrückte.«
Ariane hob die Brauen. »Wieso verrückt? Seine Bücher sind reichlich spekulativ, aber verrückt?«
Baltasar winkte ab. »Moment. Darüber können wir uns später streiten. Demlixh teilt mir mit, Bronner sei im Oktober mehrmals bei ihm gewesen, um ihn zu interviewen. Er wisse zwar auch nicht, wo Bronner sich nun aufhalte, aber er sei bereit, mich zu empfangen, falls ich dies im Rahmen meiner Suche für sinnvoll halten sollte.«
Er faltete den Brief zusammen und steckte ihn ein. »Immerhin ein Mensch, der Bronner gesehen hat. Wir müssen darüber, glaube ich, gleich noch ein bißchen reden. – Hier, drittens, ein Telegramm. Es wird Ihnen nicht viel sagen, aber lesen Sie es ruhig. Laut, wenn Sie wollen.«
Ducros nahm das Telegramm entgegen, entfaltete es und las laut vor, wobei er zunächst verwirrt schaute und dann lächelte. »›
Encore des conneries matzbix stop saluts miséricordieux pierrot le flonflon
.‹ Sehr aufregend. Was soll das?«
Ariane wiederholte leise: »Was soll das?«
Baltasar warf den Rest seiner Zigarre weg. »Pierrot le Flonflon ist ein Spitzname, wie man leicht sieht, desgleichen Matzbix. Pierrot ist ein bedeutender Okkultist, Mitglied des Collège des Druides und war während meiner Zeit in der Bretagne ein guter Lehrer und ein besserer Freund. Matzbix ist natürlich an Asterix und Obelix angelehnt, klar, das bin ich. Und er fragt mich eben, ob ich immer noch und schon wieder nichts als Blödsinn im Kopf habe, und dazu sendet er mir barmherzige Heilsgrüße. Das Telegramm ist in Montpellier aufgegeben – ich weiß nicht, was er da unten im tiefen Süden macht. Andererseits, wenn er in der Bretagne wäre, hätte er nicht die südfranzösische Regionalzeitung
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