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Das Doppelgrab in der Provence

Das Doppelgrab in der Provence

Titel: Das Doppelgrab in der Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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diese Dreieckszerteilung dreimal vornehmen. Und zwar noch einmal nach rechts, nach Osten, nicht nach Norden, denn die Landschaft an der Donau will er ja nicht mehr sehen. Also teilen wir das Dreieck wie die anderen, Lot nach Brignoles, und wo sind wir? Bei Aups. So. Jetzt – so weit bin ich sicher, aber das Weitere ist Hypothese. Ein Quadrat. Sie wissen, was im Testament steht: Dreimal die Drei, dann die Vier, die die Fläche verläßt.«
    Sein Gemälde sah etwa so aus:

    »Eine häßliche Figur«, sagte Ducros. »Aber nicht ohne Logik. Die Vier, die die Fläche verläßt – das könnte schon ein Quadrat sein. Und an der Stelle, klar; im Prinzip ist das eine Fortsetzung der Richtung.« Er wirkte plötzlich interessiert und höchstens noch halb so müde.
    »Sehen Sie«, sagte Baltasar zufrieden, »sogar französische Polizisten können manchmal denken. Weiter. Maharbal redet von Bergen und Flüssen und rechnet damit, daß sie noch nach langer Zeit als Spuren erkennbar sind.«
    »Er hat nicht mit Bulldozern gerechnet«, gab Ducros zu bedenken.
    »Deswegen wollte ich so gern ältere Karten haben. Was jetzt folgt, ist sehr lustig. Bei der Überlegung, welche Landmarke er wählen könnte, hat Maharbal sich offenbar von seiner verlorenen Heimat inspirieren lassen. Wenn Sie sich demnächst mal eine Karte von Tunesien anschauen, werden Sie feststellen, daß die Bucht von Tunis am unteren Ende einen kleinen wurmförmigen Appendix hat. In der Nähe dieses Appendix lag einmal Karthago, und das Zentrum der Stadt befand sich auf einem ebenfalls annähernd wurmförmigen Hügel. Nun habe ich, da Karthago und Cassis in dieser Skizze verbunden sind, bei Cassis nach einer Entsprechung für dieses amphibische Gewürm gesucht.«
    Er deutete auf die Detailkarte an der Wand. »Hier«, sagte er, »sehen Sie? Die dritte und letzte Calanque – ein Wasserwurm neben einem Hügelwurm. Wo sind die alten Karten?«
    Ducros schob ihm den Kartenstapel zu. Baltasar nickte anerkennend. »Gutes Archiv haben Sie.« Er entfaltete eine antiquierte Reliefkarte, die die Gegend um Brignoles lange vor dem Bau der Autobahn zeigte.
    »Korfu und die senkrechte Vision«, murmelte er. Er suchte die Karte ab. Plötzlich lachte er. »Sehen Sie, da ist es. Eingefallen, aber noch erkennbar.«
    Ducros stand auf und beugte sich über die alte Karte. Matzbachs Finger wies auf eine Stelle nordöstlich von Brignoles. Dort waren die feinen Umrisse eines entfernt wurmförmigen Hügels zu erkennen, neben dem sich ein kleiner, weiter nördlich in den Fluß namens Argens mündender Bach schlängelte.
    »Und wissen Sie was?« sagte Matzbach triumphierend. »An dieser Stelle ist die lateinische Version des Testaments gefunden worden.«
    Ducros pfiff leise durch die Zähne. »Wenn das stimmt, dann haben Sie wirklich was geleistet. Das hieße dann, daß an den drei Punkten, an denen Sie das Lot auf der jeweiligen Hypotenuse errichtet haben, die Testamente vergraben wären?«
    »Genau. Sehen Sie, hier.« Er schlug die nächste alte Karte auf. »Gréoux-les-Bains. Hier macht der Unterlauf des Verdon einen wurmförmigen Schlenker, und da ist ein Hügel, der dazu paßt.«
    Ducros machte klickende Geräusche mit der Zunge. »Das wird nichts werden.« Er ging zur neuen Karte, blieb vor der Wand stehen und deutete auf die fragliche Stelle. »Sehen Sie: Hier ist der Verdon gestaut, und dabei ist der halbe Wurmhügel entfernt worden.«
    Baltasar nickte. »Damit muß man rechnen«, sagte er munter »aber das macht nichts. An der Stelle war bestimmt die karthagische Version des Testaments vergraben, und wer kann das schon lesen? Immerhin – ein zusammenhängender karthagischer Text wäre ein ziemlich sensationeller Fund. Egal. Weiter. Der dritte Punkt ist hier, bei Aups.« Sie beugten sich wieder über die alte Karte – auch diesmal fanden sie einen gewundenen Bach und einen gewundenen Hügel. Die neue Karte zeigte an der Stelle die ausgebaute, erweiterte Nationalstraße; der Bach fehlte völlig, und der Hügel war abgetragen.
    »Sehr schön«, sagte Ducros. »Das überzeugt mich. Eine Frage – Sie haben einen Rundflug gemacht, und Sie haben moderne Karten. Wie, glauben Sie, hat dieser alte Karthager das alles entdeckt?«
    »Och, er schreibt, er sei ein rüstiger Greis und gut zu Fuß gewesen. Ich schätze, er hat sich das Grundschema mit den Dreiecken überlegt und dann an den entsprechenden Stellen nachgesehen, ob er einen geeigneten Platz zum Verbuddeln findet. Und wissen Sie, die

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