Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Ofenkartoffeln dazu. In weiser Voraussicht hatte sie davon ein ganzes
Blech gemacht. Nachdem eine Weile zufriedene Stille geherrscht hatte, weil alle
mit essen beschäftigt waren, nahm Miri den Faden wieder auf. „Wieso weiß man
denn nicht sicher, ob Leoparden Kulturfolger sind oder nicht?“
„Na ja,
im Prinzip wissen wir es jetzt. Zudem gibt es unbestätigte Sichtungen von
Spuren, sogar in der Stadt selber. Gerade in nicht fertig gestellten Bauten an
der äusseren Peripherie Pekings. Aber Leoparden sind extrem schlau und vor
allem extrem vorsichtig. Es ist praktisch unmöglich, einen zu beobachten.
Geschweige denn, live zu fotografieren.“
Sierra
runzelte die Stirn. „Ich hätte nie gedacht, dass es so dicht bei Peking
überhaupt so viele Wildtiere gibt. Hauptsächlich hört man von massiven
Umweltproblemen in China und speziell in der Hauptstadt.“
„Was
weißt du schon von China.“ Markus meldete sich wieder einmal zu Wort. So
freundlich wie schon den ganzen restlichen Abend.
„Nicht
viel, das ist mir schon klar. Aber Tiere interessieren mich. Die Nachrichten
verfolge ich auch. Da könnte man ja erwarten, davon schon mal gehört oder
gelesen zu haben“, verteidigte sie sich.
„Die
Berichterstattung über China in Europa ist manchmal etwas einseitig, das
stimmt“, versuchte Tim die Wogen zu glätten. „Ein Glücksfall waren die großen
Sandstürme im Jahr 2000. Sandstürme gibt es grundsätzlich jedes Jahr und in
verschiedenen Landstrichen. In diesem Jahr war Peking außerordentlich stark
betroffen. Dies eröffnete verschiedenen Forschern die Möglichkeit, auf die
Notwendigkeit von Renaturierungsmaßnahmen im Allgemeinen sowie ein
Aufforstungsprojekt zu starten. Es wurde beschlossen, dass die Umgebung von Peking
als Versuchsregion dienen soll. Anhand der gesammelten und ausgewerteten Daten
soll das Projekt nach und nach auch in anderen Regionen angewandt werden.“
„Das
klingt wirklich vielversprechend.“
„Ja, ich
denke auch, dass es etwas bringt. Man darf nur nicht vergessen, dass es zu
einem Umweltbewusstsein, wie wir es kennen, noch ein weiter Weg ist.“
„Das ist
ja alles ganz nett. Danke für das Essen, aber wir müssen jetzt los.“ Markus
unterbrach die interessierte Runde unhöflich.
Sierra
schrak auf. Sie war noch nicht einmal ganz fertig mit dem Essen. „So bald
schon?“
„Ja. Du
weißt doch, dass ich morgen früh raus muss.“
Sierra
wusste nichts dergleichen. Sie selber musste früh aufstehen. Er hatte morgen
frei. Jetzt reichte es ihr. Streitvermeidung in Ehren, aber was zu viel war,
war zu viel. Sie wurde wütend. „Sei kein Idiot. Seit wann machst du den Stall?
Soweit ich weiß, bin ich die einzige, die morgen aufstehen muss.“
Er
blickte sie mit kaltem Blick an. „Du weißt längst nicht alles. Ich habe morgen
eine wichtige geschäftliche Besprechung. Networking.“ Er machte eine
abschätzige Geste, wie um den anderen zu verstehen zu geben, dass Sierra davon
halt nichts verstand.
Sie
knirschte mit den Zähnen um nicht laut zu schreien. Weil sie trotz allem vor
ihren Freunden keinen Riesenstreit vom Zaun brechen wollte, kratzte sie
resigniert die letzten Reste ihres Abendessens zusammen und aß fertig.
„Aber
was ist mit den Geschenken? Und Nachtisch gibt’s auch noch!“ Miri fühlte sich
hin und her gerissen. Am liebsten hätte sie Markus einmal deutlich die Meinung
gesagt.
„Mein
Angebot mit dem Rösten steht noch“, meldete sich Maxis Stimme.
Miri
verkniff sich ein Grinsen. „Ich glaube, Sierra möchte nicht, dass ich mich
einmische. Dann gilt das vermutlich auch für dich.“
Ein
enttäuschter Drachenseufzer folgte.
„Ja, da
stimme ich dir aus ganzem Herzen zu“, murmelte sie vor sich hin.
„Wo
steckst du überhaupt? Schon fertig geflogen?“
„Wir
genießen deine kleine Weihnachtsaufmerksamkeit, vielen Dank. Ich habe nur deine
innere Aufruhr mitbekommen und deshalb kurz nachgeschaut, was sich bei euch so
abspielt.“
„Aha.
Also dann, zum Wohl ihr beiden“, verabschiedete sie sich mental. Sie stupste
Kaja an, die neben ihr saß. „Lass uns doch ihre Geschenke holen und in eine
Tüte packen. Dann kann sie sie mitnehmen.“
Kaja
nickte. Miri stand auf, um die Geschenke aus dem Wohnzimmer zu holen. Einen
Baum hatten sie nicht aufgestellt. Trotzdem war die Stimmung im Zimmer sehr
weihnachtlich. Miri hatte sich bei den Dekorationen selbst übertroffen. Kajas
handgemachte Kerzen verströmten einen leichten Zimt- und Orangenduft. Von
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