Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Gesicht, was allerhöchste
Alarmstufe bedeutete.
„Was
meinst du eigentlich, wer du bist!“, spie er.
Tapfer
beschloss sie, ihm Paroli zu bieten. Sie war praktisch nie krank und fehlte
kaum bei der Arbeit. So schlimm konnte so ein fehlender Freitagnachmittag also
nicht sein.
„Tut
mir leid, dass ich am Freitag einfach so verschwunden bin, ohne Bescheid zu
sagen. Ich hatte etwas Dringendes zu erledigen.“
„So,
das Fräulein hatte etwas Dringendes zu erledigen“, höhnte er lautstark. Kleine
Speichelfetzen flogen in Miris Richtung. Unwillkürlich wich sie einen Schritt
zurück. „Fühlst dich anscheinend nicht wohl in deiner Haut, nachdem dein
unmoralisches Verhalten endlich ans Tageslicht gekommen ist.“
Verwirrt
schielte Miri zu Maxi. Diese Reaktion war jetzt doch ein wenig extrem für eine
Absenz von drei Stunden.
„Ja,
schau dich nur um. Hier ist niemand, der dir helfen könnte. Sünderinnen wie dir
ist nicht mehr zu helfen!“, schrie er sie an und wedelte mit einem Zettel vor
ihrem Gesicht herum. „Hier ist er, der Beweis!“
„Der
Beweis wofür?“, wollte Miri wissen, die verzweifelt versuchte, sich einen Reim
auf die ganze Sache zu machen.
Daraufhin
stieß ihr Onkel ihr den Zettel ins Gesicht, so dass sie mit dem Hinterkopf
gegen die Wand prallte. Jetzt bekam sie es mit der Angst zu tun. Mit der einen
Hand rieb sie sich die schmerzende Stelle, mit der anderen schaffte sie es, den
Zettel vom Boden aufzuheben, ohne ihren Onkel aus den Augen zu lassen. Sie warf
einen Blick auf den Zettel. Eine Quittung. Von Freitag. Aus der Apotheke.
Scheiße. Die musste ihr aus der Tasche gefallen sein. Sie hob den Blick und
starrte entsetzt ihren Onkel an.
„Das
dachte ich mir. Wolltest es wohl gar nicht erzählen. Aber Gott weist den
Gerechten den Weg. Und richtet über Huren wie dich! Deinen Job hier kannst du
vergessen!“ Bei den letzten Worten wurde er immer lauter und schubste Miri
wiederholt an die Wand.
Maxi
beschloss, diesem Treiben ein Ende zu setzen. „Mach dich bereit, und versetz
ihm einen Stoß“, teilte sie Miri gedanklich mit.
Benommen
versuchte diese einen klaren Gedanken zu fassen. Sie wusste nicht, was in ihren
Onkel gefahren war. Seinen Fanatismus kannte sie. Aber auf diesen körperlichen
Angriff war sie nicht vorbereitet gewesen. Sie war sich auch nicht sicher, was
es bringen sollte, ihn zu stoßen. Tatsache war, er überragte sie um zwanzig
Zentimeter und wog mindestens das Doppelte.
„Tu
es einfach“, unterbrach Maxi ihre wirren Gedankengänge.
Also
fasste sie sich ein Herz und versetzte ihm einen Stoß. Die Drachin unterstützt
das Ganze mit ihrer eigenen Energie, so dass er quer durch den Raum segelte und
auf dem Boden landete.
„Lauf“,
hörte Miri die Stimme ihrer Drachenfreundin im Kopf.
Sie
schnappte sich ihre Tasche, die sie hatte fallen lassen und schob sich an ihrem
Onkel vorbei, der sich bereits wieder aufrichtete. Die dünnen Haare fielen ihm
strähnig in die verschwitzte Stirn und wenn überhaupt möglich war sein Gesicht
noch röter geworden.
„Hexe!
Du bist mit dem Teufel im Bunde, ich habe es ja schon immer gewusst!“, schrie
er ihr hinterher.
Miri
begann zu rennen. Nur weg hier. Zwei Straßen weiter rannte sie immer noch. Dann
musste sie anhalten. Sie bekam keine Luft mehr. Hektisch suchte sie in ihren
Taschen nach dem Inhalator. Wo war er denn nur? Maxi wühlte in Miris
Umhängetasche und förderte ihn endlich zutage.
„Hier.“
Dankbar
nahm sie ihn entgegen und inhalierte tief. Endlich wieder Luft. „Danke!“
„Setz
dich erst mal.“ Fürsorglich führte die Drachin sie zur nächsten Bank. Miri
setzte sich. Sie begann zu zittern.
„Das
ist nur der Schock“, beruhigte Maxi sie.
„Ich
weiß“, presst sie hervor, krampfhaft bemüht, das Zittern zu unterdrücken. „Es
soll aufhören!“
„Hier,
iss etwas.“ Maxi reichte ihr eines der Brötchen.
„Du
hast es inmitten dieses ganzen Chaos geschafft, an die Brötchen zu denken?“,
fragte Miri ungläubig.
„Deinem
Onkel mochte ich die Brötchen nicht gönnen.“
Unschlüssig
drehte Miri das Brötchen in ihrer Hand hin und her, um es dann zurückzugeben.
„Ich kann jetzt nichts essen.“
„Einen
Biss nur“, bat Maxi und schob das Brötchen freundlich, aber bestimmt, in ihre
Richtung zurück.
Miri
war schlecht. Sie war sich nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Zweifelnd
betrachtete sie es.
„Dein
Blutzuckerspiegel ist bestimmt im Keller“, insistierte ihre
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