Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
absieht. Überall ist
zu lesen von Frauen die praktisch ab dem ersten Tag innere Zwiesprache halten
mit ihrem Nachwuchs. Ehrlich gesagt, fehlt mir das momentan völlig.“ Wütend
wischte sie die Tränen weg, die ihr schon wieder übers Gesicht liefen.
Kaja
lehnte sich zu ihr rüber und nahm sie fest in den Arm. „Das wird schon, du
wirst sehen. Wir helfen dir alle. Und jetzt iss noch ein Stück Schokolade.“ Sie
schob ihr den Rest der Tafel hin.
Miri
erwiderte den Druck der Freundin und putzte sich die Nase. Endlich brachte sie
ein schwaches Lächeln zustande. „Danke. Für alles. Ach Mist. Ich könnte schon
wieder heulen. Ob gute oder schlechte Nachrichten spielt gerade eine sehr
untergeordnete Rolle.“ Sie atmete tief durch. „Gut. Was ist der Plan für
morgen?“, fragte sie, entschlossen, nicht mehr zu weinen.
„Du
schläfst erst mal aus. Je nach dem, wann Mathias eintrifft, gehe ich mit ihm
die Pläne für das Haus durch. Vielleicht finde ich am Vormittag bereits einen
fahrbaren Untersatz, den wir für deinen Umzug nutzen können. Falls nicht, hast
du vielleicht Lust, mir im Atelier zu helfen? Ich bin in den letzten Zügen für
den Weihnachtsversand.“
„Klar.
Brummt das Weihnachtsgeschäft?“
Kaja
grinste. „Könnte man so sagen. Ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung.
Falls es so weitergeht, muss ich jemanden anstellen, der sich um die Bestellungen
kümmert.“
„Warte
mal mit den Bewerbungsgesprächen. Vielleicht könnte ich das ja übernehmen?
Vorerst zumindest?“
„Meinst
du, du hast Zeit, neben deinen eigenen Projekten?“
„Das
wird sich zeigen. Anfangs sicher. Selbst wenn meine Kunst“, sie zeichnete
Gänsefüßchen in die Luft, als sie das Wort Kunst verwendete, immer noch
unsicher wegen der Bezeichnung, „ein voller Erfolg werden sollte, muss sich das
ja erst herumsprechen. Zudem habe ich Erfahrung mit der Abwicklung von
Bestellungen und allem, was dazu gehört. Das war meine Aufgabe in der
Buchhandlung, nachdem mir Kundenkontakt mehr oder weniger verboten war.“
„Wer
hätte gedacht, dass ich deinem Onkel mal für etwas dankbar sein werde“,
flachste Kaja.
„Tja,
wer hätte das gedacht.“ Sogar Miri konnte sich zu einem Grinsen durchringen.
„Ich glaube, ich gehe ins Bett. Der Tag hat mich doch mehr geschlaucht, als ich
gedacht habe.“ Ihre Schläfe hatte wieder angefangen zu pochen. Auch ihr
Handgelenk meldete sich unter dem festen Verband, den Kaja ihr angelegt hatte.
Wahrscheinlich ließen die Schmerzmittel langsam nach. Plötzlich hatte sie das
Gefühl, an Ort und Stelle einschlafen zu können.
„Das
verstehe ich. Komm mit, ich zeige dir dein neues Reich.“
Stimmt.
Das hatte sie ja aufgeschoben zugunsten der Besichtigung des Häuschens. Sie
folgte Kaja die Treppe hoch.
Vor
der ersten Tür blieb Kaja stehen und stieß sie auf. „Hier ist das Badezimmer.
Ich habe dir Handtücher hingelegt. Zahnbürste hast du mitgebracht?“
Als
Miri nickte, ging sie weiter durch den breiten Flur. Der Boden war aus alten,
frisch geschliffenen Holzdielen. Die Wände glatt verputzt und weiß gestrichen.
Der Geruch von Harz aus den alten Balken vermischte sich mit dem Geruch von
frischer Farbe. Kaja öffnete die hinterste Tür und ließ sie eintreten. Maxi und
Chili folgten ihr auf dem Fuß, um ja nichts zu verpassen und sich möglichst
gleich die besten Plätze zu reservieren. Das Zimmer war nicht besonders groß.
Ein Gästebett, frisch bezogen. Eine Flasche Wasser auf dem Nachttisch neben dem
Bett. Ein Sitzsack und ein Bücherregal mit einer weiteren Ansammlung alter
Ausgaben des National Geographics vervollständigten die Einrichtung. Hier drin
roch es nach Lavendel, was vermutlich der Kerze auf dem Fensterbrett zu
verdanken war. Sie stellte ihre kleine Reisetasche neben dem Bett ab.
„Wenn
du etwas brauchst, ruf mich einfach. Ich bin noch ein Weilchen wach.“
„Ist
gut. Schlaf gut.“
„Du
auch und erhole dich gut.“ Mit diesen Worten ließ Kaja sie allein. Chili hatte
das Bett für sich beansprucht. Maxi hatte sich auf dem Sitzsack
zusammengerollt. Gut. Wenigstens für einmal schienen sich die Streithähne einig
zu sein. Sie hätte auch nicht die Energie gehabt, den Streit zu schlichten.
Vermutlich hätte sie beide vor die Tür verbannt. Sie kramte ihr Necessaire sowie
ihre Pyjamas aus der Tasche und begab sich ins Bad. Dort starrte sie erst
einmal geschlagene zwei Minuten ihr lädiertes Gesicht an. Dank Kajas
Säuberungsaktion war wenigstens das verkrustete
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