Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
wir beide unter ihrem Schirm standen. Der Regen trommelte auf den schwarzen Stoff. Aus der Nähe duftete sie nach Moschus mit einer scharfen Zitrusnote – wahrscheinlich irgendetwas Teures, Französisches. »Es ist wirklich zu lange her.« Sie rümpfte ihre Stupsnase. Krähenfüße strahlten von ihren Augenwinkeln aus. Die waren neu. »Ich habe viel an dich gedacht.«
»Vergiss es.«
»Ach, nun sei doch nicht so! Ich lad dich zum Lunch ein. Na ja, streng genommen geht es auf Onkel Ruperts Rechnung, aber wozu hat man schließlich ein Spesenkonto, wenn man nicht dann und wann eine alte Flamme einladen kann?« Sie deutete mit dem Kopf auf Dr. McDonald, die uns durch die Windschutzscheibe meines Wagens anstarrte. »Du kannst Katie mitnehmen, wenn du magst. Sie ist richtig groß geworden, nicht wahr?« Jennifer hakte sich bei mir ein. »Oder … vielleicht steckst du ihr ja lieber ein paar Pfund fürs Kino zu, dann sind wir zwei unter uns. Wie in alten Zeiten.«
Ich blieb stehen und zog meinen Arm weg. »Wie hast du ihn gefunden?«
Jennifers Augen zuckten zu einem dunkelroten Alfa Romeo, der gegenüber von Douglas Kellys Haus parkte. Das Fahrerfenster war heruntergedreht, und ein Teleobjektiv ragte in den kalten Morgen hinaus. Es starrte mich direkt an.
Sie wischte ein imaginäres Stäubchen von meiner Schulter. »Du warst doch immer so begeistert von diesem kleinen Bistro am Castle Hill, nicht wahr?«
»Wie – hast – du – ihn – gefunden?«
Sie zuckte mit den Achseln und schürzte die perfekt geformten Lippen. »Diese ganze Buddelei im Cameron Park … Ihr habt Hannahs Leiche gefunden, stimmt’s? Deswegen bist du hier.«
»Er steht nicht im Telefonbuch; das Haus ist nicht einmal auf seinen Namen eingetragen … Was hast du gemacht – bist du mir gefolgt?«
Sie zog eine Schnute. »Ash, ich bin gekränkt. Aber es ist schon in Ordnung: Wenn du nicht mit mir reden willst, kann ich auch klingeln und ihn selbst fragen. ›Was ist es für ein Gefühl, Ihre Tochter endlich wiederzubekommen?‹ Die Leute lieben solche Geschichten.«
Ich beugte mich zu ihr hinunter. »Jetzt sperr mal deine hübschen Öhrchen auf, Jennifer: Wenn du auch nur ein Wort an Douglas Kelly richtest –«
»Was? Legst du mich dann übers Knie und versohlst mir den Hintern?« Sie strich mit der Hand über meine Brust. »Hast du noch diese Handschellen?«
Ich wich zurück und starrte sie finster an. »Lass ihn in Frieden.«
»Ich mach auch diese Sache , die du so magst …« Sie schloss die Lücke, presste ihre Brüste an mich und sah zu mir auf. »Und danach – wenn ich ein ganz braves Mädchen gewesen bin – kannst du mir einen kleinen Exklusivbericht zum Gratulator liefern, off the record natürlich. Du willst es doch auch …«
»Ich will es …?« Ich stieß sie weg. »So viel Desinfektionsmittel gibt es gar nicht auf der Welt.«
Das Objektiv der Kamera blitzte im Schein der Straßenlaterne auf. Klick, klick, klick. Fotos für die Spätausgabe.
»Ach, nun komm schon, Ash. Du hast doch gewusst, worauf du dich einlässt. Wir sind beide erwachsen.«
Klick, klick, klick .
Sie leckte sich die Lippen. »Sie ist es, nicht wahr? Hannah Kelly. Und ihr habt auch noch weitere Leichen gefunden.«
Klick, klick, klick .
»Verschwinde, Jennifer.«
»Ihr habt Gratulators Abladeplatz gefunden. Wer ist er? Ihr habt DNS oder so was in der Art, nicht wahr? Wenn du weißt, wer es ist, musst du es mir sagen.«
Klick, klick, klick .
»Wir gehen verschiedenen Hinweisen nach.« Ich trat vom Gehsteig auf die Straße und marschierte auf den Alfa Romeo zu. Der Regen klatschte mir die Haare an den Kopf.
Hinter mir hörte ich das Klappern hochhackiger Stiefel. »Wen habt ihr noch gefunden? Ich will einen Exklusivbericht, Ash. Du schuldest mir etwas!«
»Schulden?« Ich ging weiter. »Wofür, Jennifer? Was bin ich dir verdammt noch mal schuldig, sag?«
Klick, klick … Der Fotograf blickte vom Sucher auf. Zu langsam. Ich schlug mit der flachen Hand auf das Ende des Teleobjektivs und rammte dem kleinen Scheißkerl seine Kamera voll in die Fresse. Kracks – sein Kopf schnellte zurück, und in einem Nasenloch glitzerte es rot. Fliehendes Kinn, spitze Nase, haarige Hände, haariger Kopf. Als hätte man eine Ratte mit einem Schimpansen gekreuzt und dem Resultat eine hochwertige Canon-Digitalkamera in die Hand gedrückt.
»Frank!«
»Gaaah …« Frank blinzelte und verschmierte sich mit seinen haarigen Pranken das Blut im Gesicht.
Ich packte das
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