Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
… Ich wollte nur nicht, dass Mum sich aufregt.«
»Ich weiß nicht –«
»Du kannst Ashleys Dad fragen, wenn du magst? Er ist echt nett, nicht so cool wie du, aber er ist okay, und er wird dir sagen, dass wir zuerst unsere Hausaufgaben gemacht haben und alles! Wart mal kurz, ich geb ihn dir …«
Geraschel und dann eine Raucherstimme: Oldcastle- Akzent, bemüht feine Aussprache. Ein typischer Prolo-Tory, hätte Michelle gesagt. » Hallo? «
»Sind Sie Ashleys Vater?«
»Stimmt etwas nicht?«
»Ich bin Katie Hendersons Vater.«
»Ah ja, ganz liebes Mädchen. Waren ganz brav gestern Abend, die zwei: Pizza und ein Freddy-Krueger-Marathon. Echt süß.«
»Wollte mich nur vergewissern, dass sie sich gut benommen hat. Können Sie sie mir noch mal geben?«
»Bitte sehr …«
»Hörst du, Daddy? Du sagst doch Mum nichts, ja? Sie flippt sonst total aus, du kennst sie doch.«
Ich stand also vor der Wahl: entweder Katie ans Messer liefern oder nichts sagen und wie das letzte Arschloch dastehen, das es nicht mal für nötig hielt, ihrer Mutter Bescheid zu sagen, dass sie am Abend nicht nach Hause kommen würde.
Nun ja, andererseits war es kaum vorstellbar, dass Michelle mich noch mehr hasste, als sie es ohnehin schon tat.
»Okay, aber nur unter der Bedingung, dass du in Zukunft netter zu deiner Mutter bist. Ich weiß schon, sie kann manchmal ein bisschen …« Es war unmöglich, diesen Satz zu beenden, ohne ausfallend zu werden. »Sei brav, ja? Mir zuliebe.«
» Versprochen .« Wieder die Kleinmädchenstimme: » Daddy, können wir an meinem Geburtstag Ponyreiten gehen? «
Ponyreiten? Wie sollte ich das denn bitte schön organisieren?
»Mal sehen.«
»Ups, ich muss Schluss machen, Ashleys Dad fährt uns in die Schule. Lieb dich!«
»Sei nett zu deiner Mutter.«
Ich stopfte das Handy in die Tasche und drehte mich wieder zu dem winzigen Streifenwagen um. Dr. McDonald guckte hinter ihrem großen roten Koffer hervor. Ihre Brille saß schief auf der Nase, was ihren Kopf unsymmetrisch aussehen ließ.
Warum mussten alle Frauen in meinem Leben vollkommen durchgeknallt sein?
Ich stieg wieder ein.
Wir hielten am Scalloway Hotel, um unsere Koffer abzustellen und einzuchecken, und dann fuhren wir noch fünf Minuten durch die dunklen Straßen zu einem Haus am Stadtrand mit Blick über die Bucht. Im Vorgarten standen ein paar wuchernde Sträucher und verkrüppelte Bäume herum, die mit ihren kahlen Ästen nacheinander zu krallen schienen, um sich Platz zu verschaffen. Die Dachziegel waren mit Moos bewachsen, die Wände fleckig von Flechten, und die beiden vorderen Fenster waren eingeschlagen. Nur noch ein paar gezackte Scherben steckten im Rahmen.
PC Clark zog die Handbremse. »Nicht schon wieder …«
Ich stieg hinaus in den kalten Morgen.
An der Gartenmauer war ein Schild befestigt: » FREIBERG TOWERS «. Ich stieß das Tor auf und ging hinein, während Royce die Leitstelle anrief.
»Sarge? Lima Eins-Sechs hier, wir sind draußen beim Forrester-Haus … Ja, sieht aus, als ob Burges wieder zugeschlagen hätte.«
Ich drückte auf die Klingel, und irgendwo in den Tiefen des Hauses ertönte ein armseliges Ding-Dong . Ich blies mir in die hohlen Hände und trat von einem Fuß auf den anderen. Dann klingelte ich noch mal.
»… beide Fenster eingeschmissen … m-hm … m-hm … Keine Ahnung …«
Ich zwängte mich durch das stachlige Skelett eines Rosenstrauchs und warf einen Blick ins Wohnzimmer. Ein Stück Betonwerkstein lag inmitten der Trümmer eines Couch tischs, der Teppich war mit glitzernden Glassplittern übersät. »Henry?«
Drin war alles dunkel – kein Lebenszeichen.
»… hat er es denn nicht gemeldet? … Ah, okay. Na ja, ich hab die Kamera sowieso im Auto. Soll ich auch Fingerabdrücke sichern?«
Ich kämpfte mich zur Haustür zurück – sie war verschlossen – und weiter ums Haus herum. Die feuchten Finger einer alten Leylandzypressen-Hecke betatschten mich, als ich durch kniehohes Unkraut auf ein hohes Holztor zustapfte. Ich schob es mit der Schulter auf, und die Angeln protestierten quietschend.
Der Garten hinter dem Haus war ein Meer von Disteln, Unkraut und Gras. Er stieg vom Haus weg leicht an, und die hinterste Ecke bekam gerade die ersten Sonnenstrahlen ab. Ein kleiner Teich, zugewuchert mit Schilf, ein Gewächshaus, dem sämtliche Glasscheiben fehlten, und ein Schuppen, der einen Anstrich und ein neues Dach nötig hatte.
Ich ging an der Rückseite des Hauses entlang bis zum
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