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Das dritte Ohr

Das dritte Ohr

Titel: Das dritte Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curt Siodmak
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See, den eine Ausbuchtung des Kemi-Flusses bildet und hat einen Flugplatz, der nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegeben wurde, sowie eine Eisenbahn, die 1940 bis nach Murmansk gelegen wurde.“
    „Dorthin wollte Happala das Flugzeug bringen“, sagte ich und beobachtete Löffler, der mit sich rang, ob er mir glauben sollte.
    „Warum denn?“
    „Ich hatte keine Zeit, daß herauszubekommen. Sie sind hereingestürzt, ehe er mir das sagen konnte.“
    Löffler sah mich trocken an; sein Vertrauen zu mir war erschüttert. Aber er spürte Grund unter den Füßen; von hier an konnte er ohne mich weitermachen.
    „Nachdem er einmal angefangen hat zu reden, wird er nicht mehr damit aufhören“, sagte er. „Ich könnte Sie in unserer Abteilung gut gebrauchen!“
    „Ich glaube nicht, daß Sie mich nötig haben“, sagte ich. „Aber ich habe Sie nötig. Mir scheint, daß ich einen ständigen Leibwächter nötig habe, bis ich dieses gastfreundliche Land verlasse.“ Ich machte einen weiteren Fehler, indem ich meine Zunge nicht im Zaum hielt. Mir entglitt wiederum die Kontrolle über 232. „Warum haben Sie meine Adresse dem amerikanischen Generalkonsulat gegeben? Sie haben mir doch versichert, daß Sie das nicht tun würden!“ sagte ich vorwurfsvoll.
    Er starrte mich aus Angst vor meiner geheimnisvollen Macht an.
    „Das … das mußte ich doch tun. Sie wußten, daß ich sie kannte, und es wäre mir peinlich gewesen, sie anzulügen. Aber wer hat Ihnen das gesagt?“
    „Ein Schuß ins Blaue!“ sagte ich verächtlich. „Ihre eigenen Methoden, Löffler! Aber warum haben Sie mich angelogen? Ich bin überzeugt davon, daß Sie sie ihnen sogar verraten haben, ehe Sie mir Ihre Versicherung gaben, daß keiner sie kennen würde!“
    Ich sah, wie er erbleichte. Man konnte keinem Menschen trauen.
     

25
     
    Die Telefonistin im Hotel Continental übergab mir zwei Nachrichten.
    „Diese Leute haben Sie angerufen“, sagte sie und riß ihre dunklen Augen auf, um mir eine Erwiderung zu entlocken.
    „Wer hat angerufen? Sie haben nur die Nummern notiert.“ Der Mann in der Ecke der Empfangshalle war einer von Löfflers Männern. Er tat so, als läse er Zeitung, aber er beobachtete mich durch ein Loch.
    „Bolt, um zehn Uhr dreiundvierzig zurück“, registrierte er in seinem Verstand.
    „Man hat keine Namen genannt“, sagte das Mädchen und zuckte mit den Lidern. Ich wußte, daß sie log. Der eine Anruf kam vom amerikanischen Generalkonsulat, der andere von der Ottendorf er Klinik. Das Generalkonsulat hatte sie gebeten, nur die Nummer zu notieren. Ich wußte nicht, warum sie die Anonymität vorzogen. Woher hatte die Klinik meine neue Adresse? Auch von Löffler?
    „Ich rufe von meinem Zimmer aus an“, sagte ich und stieg in den Fahrstuhl. Der Fahrstuhlführer, ein alter Mann, eilte hinter mir her. Löfflers Detektiv hatte ihn beauftragt, Meldung zu erstatten, sobald ich in meinem Zimmer war.
    „Schönes Wetter!“ sagte er ungeachtet des Nebels, der sich über die Stadt gelegt hatte. Er fragte sich, warum ich wohl unter polizeilicher Aufsicht stand. Die Stadt wimmelte nur so von Ausländern, verdächtigen Typen, und er hatte von Spionen aller Nationalitäten gehört, obwohl er noch keinem begegnet war. Während der Käfig hinauffuhr, dachte er an einen Verbrecher, der einst in diesem Hotel verhaftet worden war, und er verglich ihn mit mir.
    Es war mir lästig, die banalen Gedanken anderer Leute zu lesen. Unter dem Einfluß von 232 wurde der Verstand ständig attackiert. Von Zeit zu Zeit, wenn meine Konzentration nachließ, stürzten Tausende von Geräuschen auf mich ein und trieben mich bis zur Grenze meiner nervlichen Stärke. Ich betrachtete allmählich die Unfähigkeit, Gedanken zu lesen, als eine gesegnete Stille.
    Ich stieg im dritten Stock aus, und der alte Mann blickte mir nach, bis ich mein Zimmer erreicht hatte. Die Tür war offen, ein Zimmermädchen putzte; eine junge Frau mit dem drallen, festen Körper eines Bauernmädchens. Sie grinste mich mit schlechten Zähnen an – eine Jugoslawin, die in Hamburg arbeitete, wo sie in einer Woche mehr verdiente, als in einem Monat in ihrem eigenen Land. Kubatschew hatte mit ihr telefoniert und sie gebeten, ihm sofort meine Rückkehr zu melden.
    Sie verließ hastig das Zimmer und schloß die Tür hinter sich, um Kubatschew anzurufen und ihm mitzuteilen, daß ich wieder da sei. Sie dachte an das Geld, das sie bekommen würde, wenn sie mir nachspionierte. Kubatschew hielt seinen

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