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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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meiner Umkleidekabine. Die Hälfte davon hatte ich bereits anprobiert und verworfen.
    »Es muss hier doch irgendwas geben, das dir gefällt«, rief Joan durch die Tür der Kabine. Ich zwängte mich in das nächste und warf einen kurzen Blick darauf, bevor ich die Umkleide verließ. Na, das sah doch gar nicht so schlecht aus. Ich machte die Tür auf und ging zu dem großen Spiegel rüber.
    »Ja, das ist mein kleiner Engel!« Joan schlug die Hände zusammen. »Wunderschön, Liebes, es schmeichelt deinem Teint. Das finde ich toll!«
    Ich legte den Kopf zur Seite und überlegte. Das wäre keine schlechte Wahl, obwohl ich nicht gedacht hätte, dass es mir gefallen würde. Als ich es glattstrich, entdeckte ich auch noch, dass es Taschen hatte. Ich schob die Hände hinein und betrachtete mich im Spiegel. Es war in einem schimmernden, metallischen Perlenton gehalten, war tailliert und hatte einen knielangen Glockenrock. Oh, und einen Herzausschnitt, aber keine Träger. Was Joan nicht entging. Sie fragte sich anscheinend, ob sie das wohl erwähnen sollte oder lieber nicht.
    »Ich finde es schön, dass es Taschen hat«, meinte ich. »Es gefällt mir ganz gut.« Auch wenn damit jeder meine Narben direkt vor der Nase hatte.
    »Das sollte es auch, damit siehst du nämlich umwerfend aus!«, sagte sie, während es hinter ihrer Stirn immer noch ratterte, dann fügte sie sanft hinzu: »Stört dich der Ausschnitt? Ich weiß ja, wie sehr dich die …« Sie verstummte.
    »Nein, ehrlich gesagt nicht.« Ich sah mich wieder an. Plötzlich war das gar nicht mehr so wichtig. Am 27. Mai würde ich ganz andere Sorgen haben. Diese Narbe hier vorn war nicht gerade mein bevorzugtes Merkmal, und die zwei auf meinem Rücken fand ich auch nicht besonders, aber das Kleid sah toll aus, und so langsam sollte ich mir wohl nicht mehr über Dinge den Kopf zerbrechen, die ich sowieso nicht ändern konnte. Wenn es die Leute störte, dann konnten sie ja weggucken. Ich würde niemals perfekt sein. Ich würde nie ein Syndikat-Mitglied werden, aber ich sah fantastisch aus. »Ich finde es super.«
    Joan nickte. Sie sah mich an und war offensichtlich gespannt auf meine Begründung, wollte aber auch nicht zu viel Aufhebens darum machen. »Gut.« Sie stand auf und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. »Dann nehmen wir es.«
    Das taten wir auch und kauften dazu noch ein Paar Stöckelschuhe mit Riemchen. Joan war beeindruckt, dass ich darin laufen konnte. »Haven, du bist ja ein ganz neuer Mensch!«, staunte sie. »Du hast Schuhe mit Absätzen, gehst zum Abschlussball und trägst sogar die Kette, die ich dir geschenkt habe.« Ich griff danach. »Das muss wohl der Einfluss deiner glamourösen Chefin sein oder so. Richte ihr doch bitte meinen Dank aus.«
    »Mach ich«, behauptete ich wenig überzeugend.
    Den Rest des Tages verbrachten wir im Restaurant – wo mich Joan über den Klatsch und Tratsch in der Klinik auf den neuesten Stand brachte – und schlenderten dann die Michigan Avenue entlang, schauten uns die Schaufenster an und stöberten in Geschäften herum, bis ich schließlich zurück ins Lexington musste. Dort holte Joan meine Einkaufstaschen aus dem Kofferraum, nahm mich in den Arm und mahnte, ich sollte beim Abschlussball auch ja Fotos machen. Ich erwähnte nicht, dass ich nicht einmal mehr Zugang zu einer Kamera hatte. Stattdessen meinte ich, dass wir uns ja auf jeden Fall vorher noch sehen würden und ich mich bald melden würde. Dann umarmte ich sie noch einmal, ganz fest, und hätte sie am liebsten nie wieder losgelassen. Ich bekam feuchte Augen, versuchte die Tränen aber runterzuschlucken.
    »Du weißt, dass es völlig in Ordnung ist, Heimweh zu haben«, tröstete mich Joan sanft. »Das bedeutet nicht, dass mit dir irgendwas nicht stimmt. Ich weiß ja, dass du so was immer gern als Schwäche deutest, aber es ist wirklich okay.« Sie hob die Hände und trat zurück. »Gut, und das war’s auch schon. Manchmal müssen Erziehungsberechtigte eben diese Elternnummer durchziehen.«
    »Ich hab dich lieb, Joan, danke für alles«, brachte ich schließlich hervor und schluckte die Tränen herunter.
    »Ich hab dich auch lieb, Süße. Das war ein toller Shoppingausflug. So was müssen wir unbedingt noch mal machen, wenn du hier nicht mehr so viel zu tun hast. Und jetzt ist ja auch bald Sommer. Freu dich auf Strandtage am See!«
    Ich nickte, lächelte und hoffte. Ich hoffte so sehr, dass ich die noch miterleben würde.
    Dann schaute ich ihr nach, bis ihre

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