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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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zugemacht, wie Jakub vermutete. Ob aus seelischer Überforderung oder Berechnung, um sich weiteren Befragungen zu entziehen, war nicht festzustellen. Er reagierte auf nichts.
    Waltraud Pflaum, die Haushaltshilfe der Schwans, hatte auf der Wache nur eine dürftige Aussage gemacht. Anscheinend wollte sie Schwan in Schutz nehmen. Offensichtlich hatte Sophies Mörder die Türklingel betätigt, gab sie zu Protokoll. Wenn es aber der Doktor gewesen sei, warum habe er dann geklingelt, wo er doch einen Schlüssel besaß? Als sie nämlich vor der Eingangstür der Schwans stand, kurz bevor sie die Leiche fand, habe sie eine kleine Verunreinigung entdeckt auf der Edelstahlplatte mit dem Klingelknopf. Es habe wie Schmierfett ausgesehen, noch ganz frisch. Sie habe es mit einem Tuch und Spucke sofort entfernt, ohne zu wissen, dass sie dadurch eine Spur beseitigte. Ob sie deswegen ins Gefängnis komme?
    Raupach holte weitere Berichte und Stellungnahmen ein und beauftragte Niesken mit geschichtlichen Nachforschungen, um die im Laufe des Tages gewonnenen Aussagen zu verifizieren beziehungsweise richtig einordnen zu können. Dann rief er seinen Freund an und bat um Verständnis, dass er ihn heute Abend nicht im Krankenhaus besuchen würde.
    »Dein aktueller Fall nimmt dich in Anspruch, stimmt’s?« Felix war gerade fertig mit seinem Abendessen. Sauerbraten, er hatte davon kaum etwas geschmeckt.
    »Das kennst du ja, wenn man an etwas dran ist und eine Weile darüber nachdenken muss.«
    »Sonst verlierst du den Faden.«
    »Ja.«
    »Oder dein Stein rollt wieder ein Stückchen den Berg runter.«
    Raupach lachte. Wenn Felix an ihre letzte Unterhaltung anknüpfte, ging es ihm den Umständen entsprechend ganz gut. »Manchmal ist das hilfreich. Wenn du ein oder zwei Schritte zurückgehst, ziehst du keine voreiligen Schlüsse.«
    »Bist du an einer schlimmen Sache dran?«
    »Heide wurde verletzt, du weißt schon, mein altes Techtelmechtel.«
    »Deine Lieblingstrinkerin.«
    »Gehirnerschütterung. Sie hat Schwierigkeiten, sich zu artikulieren.«
    »Scheiße.« Felix verschwieg, dass sein Tag auch nicht angenehm gewesen war. Man hatte seinen Port erneuert, eine Kanüle am Brustbein, durch die alle seine Infusionen liefen. Trotz des Morphins war das ziemlich schmerzhaft gewesen. »Bei mir gibt’s sowieso nichts Neues. Morgen entlassen sie mich, weil ich simuliere.«
    »Dein Humor war schon immer reif für die Müllhalde.«
    »Ich konnte immer drüber lachen.«
    »Kommst du klar?«, fragte Raupach.
    »Ich sterb dir schon nicht weg.«
    »Lass die blöden Witze.«
    »Keine Angst, ich merke, wenn es so weit ist.« Felix lachte heiser. »Das dauert noch ein bisschen, so wie die mir hier den Arsch hinterhertragen. Ich glaub, die Blonde mit dem Pferdeschwanz will was von mir.«
    »Wirklich?«
    »Die beugt sich immer so weit vor, wenn sie die Urinflasche aus der Halterung nimmt. Einen Ausschnitt hat die, da willst du tief Luft drin holen und nie mehr ausatmen.«
    »Sonst irgendwas Lebensbedrohliches?«
    »Wenn sie irgendwann keinen Slip mehr unterm Kittel trägt, wird’s kritisch.«
    »Im Ernst?« Raupach spielte mit. Wenn seinem Freund nach aufgesetzter Fröhlichkeit zumute war, sollte er sie kriegen.
    »Heutzutage kannst du gar nicht mehr richtig erkennen, ob die was drunter haben«, sagte Felix.
    »Wahrscheinlich gehört das mit zur Behandlung. Stimulation, damit sich noch ein bisschen was regt bei den Patienten.«
    »Kannst du vergessen«, widersprach Felix. »Das ist einfach nicht mehr drin. Ich hab nur noch meine Augen, und, na ja, mein flottes Mundwerk.«
    »Immerhin.«
    »Hör nicht auf meine Sprüche. Die Libido ist so ziemlich das Erste, was dir verlorengeht. Das wissen auch die Schwestern. Die könnten einen Striptease hinlegen, und ich würde mich nur fragen, ob einer hinter mir steht, für den das bestimmt ist.«
    »Und warum trägt die Schwester mit dem Pferdeschwanz dann so knappe Sachen?«
    »Das ist eine Frage des Respekts. Dass sie mich als Mann wahrnimmt und nicht als den Fall von Zimmer zwölf.«
    »Sehr einfühlsam. Ist das so üblich?«
    »Zumindest in der onkologischen Abteilung. In der Unfallchirurgie läuft’s wahrscheinlich so, wie du dir das vorstellst. Mitleidsroutine, Durchhalteparolen, diese schreckliche Aufgeräumtheit: Wie geht’s uns denn heute?« Er hustete. »Nee, das können die Mädchen hier nicht bringen.«
    Raupach dachte nach. »Vielleicht ist das auch im Alltag so, bei Menschen, die sich lange kennen. Da

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