Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
Vom Netzwerk:
Autobahn. Der Kommissar sagte immer noch nichts. Er schaute aus dem Fenster und schien die anderen Autos zu beobachten. Das knappe Verhör hatte Fragen über Fragen aufgeworfen. Warum hakte er nicht nach?
    »Das mit Marsh geschah in the heat of passion « , sagte Sharon Springman und suchte nach der deutschen Formulierung. »Im Affekt. Dafür komme ich nicht ins Gefängnis.«
    »Sie sollten sich mit einem Rechtsbeistand beraten«, gab Raupach zurück.
    »Sicher. Wie haben Sie mich überhaupt gefunden?«
    »Sie hinterlassen eine deutliche Spur.«
    »Wirklich?«
    Raupach hob den Arm mit der Handschelle. »Unsere Wege überschneiden sich.«
    »Warum werde ich überhaupt gesucht?«
    »Ich denke, das wissen Sie, Miss Springman. Wozu benutzt man Dietriche?«
    » Picklocks « , ergänzte Photini auf Englisch.
    »Sie sind nur Werkzeug, wie man es überall kaufen kann.«
    »Sie wurden gesehen, als Sie in die Villa einbrachen«, fügte Raupach hinzu.
    »Das war nur trespassing. «
    »Unbefugtes Betreten?«
    »Ich musste etwas herausfinden. Leider ist es mir nicht gelungen.«
    »Was gelang Ihnen nicht?«, fragte Raupach.
    »Ich habe nichts mitgenommen«, verteidigte sie sich.
    »Aber Sie haben eine Polizistin niedergeschlagen und lebensgefährlich verletzt. Soweit uns bekannt ist, geschah das nicht im Affekt, sondern mit Vorsatz.« Raupach zeigte keine Gefühlsregung. » Dafür kommt man ins Gefängnis, vor allem, wenn sich die Gesetzesverstöße häufen.«
    Sharon schnappte nach Luft. »Was erzählen Sie da?«
    »Brauchen wir einen Dolmetscher?«
    »Ich habe niemanden verletzt. Ich ging in den Keller und suchte … nach Spuren.«
    »Eine Kollegin von mir ist Ihnen gefolgt. Sie beobachtete, wie Sie sich mit Ihren Dietrichen Zugang zu der Villa verschaffte und ging Ihnen nach. Im ersten Stock wurde sie niedergeschlagen, und zwar um einiges brutaler als Kenneth Marsh.«
    »Ich war gar nicht im ersten Stock!«
    »Alle Indizien deuten darauf hin. Ihre Version wird schwer zu beweisen sein.«
    » Sie müssen mir etwas beweisen«, erwiderte sie. »Oder gilt dieser Grundsatz in Deutschland nicht?«
    »Wenn alles gegen Sie spricht, liegt die Beweislast bei Ihnen.«
    »Sie wollen mir etwas anhängen. Das hätte ich mir denken können.« Sharon lachte laut auf. »Eine Jüdin wühlt im Land der Täter in der unbequemen Vergangenheit. So eine muss man kaltstellen.«
    »Bringen uns Vorurteile weiter?«
    »Ich bin Journalistin, Herr Raupach. Ich kann mir keine Vorurteile leisten. Aber ich sehe sie hier auf Schritt und Tritt bestätigt. Die Deutschen gießen ihr schlechtes Gewissen in öffentliche Mahnmale. Aber wenn es um die persönliche Schuld geht, um das blankpolierte Andenken an die eigenen Vorfahren, all die kleinen miesen Vergangenheiten, dann heißt es plötzlich: Schutz der Persönlichkeitsrechte.«
    »Das stimmt nicht.«
    »Ich habe ziemlich lange gebraucht, um herauszufinden, wer sich den Besitz meines Urgroßvaters unter den Nagel gerissen hat. Ernst Wenzel. Solche Leute werden hier vom Gesetz gedeckt. Und von den Nachfahren wie seiner Enkelin, Sylvia Feichtner.«
    »Sie waren kürzlich bei ihr«, stellte Raupach mit Nachdruck fest. »Was wollten Sie von ihr wissen?«
    »Das müssen Sie schon selber herausfinden.«
    »Meine Kollegin hatte Glück, dass sie keine bleibenden Schäden davongetragen hat, und das ist noch nicht mal sicher. In dieser Sache schätzen wir Ausflüchte ganz und gar nicht.«
    »Sie sind also emotional involviert. Genau wie ich.«
    »Ihr Einbruch steht mit drei Mordfällen in Verbindung. Sie wissen nicht, in welcher Lage Sie sich befinden.«
    »Drei?«, sagte Sharon überrascht. »Diese Polizistin hat im Hotel nur von zwei Morden gesprochen.«
    »Ist das weniger schlimm?«
    »Heißt das, Eva von Barth war die Dritte?«
    »Wir haben ihre Leiche im Wald gefunden«, sagte Raupach. »Es war ein schmerzvoller Tod.«
    Zum ersten Mal zeigte Springman so etwas wie Betroffenheit. Sie lehnte sich im Sitz zurück und starrte an die Decke. Murmelte unverständliche Worte, wie bei einem Stoßgebet.
    »Sie standen mit ihr in Kontakt«, fuhr der Kommissar fort.
    »Ja, brieflich.«
    »Was wollten Sie von ihr wissen?«
    »Eva hat ihre Augen als Einzige nicht verschlossen. Es dauerte einige Zeit, sie von New York aus zu überzeugen. Aber am Ende stand sie kurz davor, mir dabei zu helfen, die Wahrheit ans Licht zu bringen.« Sharon wandte sich wieder an Raupach. »Deshalb kam ich nach Deutschland. Um sie persönlich zu

Weitere Kostenlose Bücher