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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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wird?“, fragte Tal ungläubig.
    „Es ist kurz vor zwei.“ Rafiq hörte, wie seine eigene Stimme hochdrehte, wie er beinahe schrie. „Wir können nicht länger warten!“
    „Er hat recht“, sagte Katzenbaum, „wir müssen uns jetzt entscheiden.“
    „Es passt alles“, brachte Rafiq hervor. „Wenn du weißt, wonach du suchen musst.“ Sein Finger glitt fiebrig über die vergrößerten Bilder an der Wand. „Hier, das könnten die Kolonnaden sein. Die verdammte Statue – “
    „ – hat jede Menge Ähnlichkeit mit einer Vogelscheuche“, knurrte Tal. „Also ich kann da keine Verwandtschaft erkennen.“
    „Vielleicht hast du wirklich recht“, sagte Katzenbaum, an Rafiq gewandt. Er warf einen Blick auf seine Uhr. „Also gut“, sagte er, während er gleichzeitig begann, eine Nummer ins Handy zu tippen. „Wir fahren da hin.“
    Tal nahm die Fernbedienung vom Tisch und schaltete den Fernseher aus.
    „Ich rufe Grolanik an“, fügte Katzenbaum hinzu. Er drückte auf die Ruftaste und presste das Telefon ans Ohr. „Der soll seine Überwachungsleute mobilisieren.“
    Um vierzehn Uhr fünf empfing Nirim Peretz den Mitschnitt eines Telefonats von Kusowjenkos Mobiltelefon. Peretz und sein Team hockten in einem Lieferwagen, der eine Straße vom Hotel entfernt stand, in das Kusowjenko sich zusammen mit einem halben Dutzend Leibwächtern einquartiert hatte. Das zweite Team, das bereits seit Prag an ihm dranhing, meldete zwei Minuten später via Telefon, dass der Russe mit seinen Leuten das Hotel verlassen hatte. Peretz hatte noch Cohens Anweisungen im Ohr.
    „Ohne Rücksicht auf Verluste“, hatte der Alte gesagt. „Wenn ihr eine Schießerei auf offener Straße anzetteln müsst, dann tut es eben und seht zu, dass ihr anschließend eure Ärsche dort wegbekommt. Wir regeln das dann schon.“
    Nirim Peretz kannte den Direktor noch aus seiner Zeit beim Militärgeheimdienst, und er wusste, dass Shimon Cohen nicht zimperlich war. Aber eine so plumpe Vorgehensweise war selbst für ihn ungewöhnlich. Diese Operation barg eine Menge Risiken, es konnten Unbeteiligte verletzt, vielleicht sogar getötet werden, noch dazu in einem befreundeten Land. Wenn herauskam, dass der Mossad dahinter steckte, versprach das riesigen Ärger.
    Aber Cohen war der Boss, und Peretz nicht in der Position, seine Anweisungen zu hinterfragen. Cohen hatte deutlich gemacht, dass Kusowjenko unter allen Umständen liquidiert werden musste und der andere, Fedorow, ebenfalls. Außerdem gab es noch eine Frau, eine Deutsche, die zeitweise als Freiberuflerin für den Dienst gearbeitet hatte, offenbar aber auf die andere Seite gewechselt war. Peretz warf einen langen Blick auf das Foto, das zusammen mit den anderen vor ihm auf dem Boden lag. Sie sah richtig nett aus. Schade eigentlich.
    Er stand auf und machte zwei schnelle Schritte nach vorn, um sich auf den Beifahrersitz fallen zu lassen.
    „Los“, befahl er. Dann drehte er sich um zu den anderen. Das waren fähige Männer. Trainierte Kämpfer mit Nerven wie Stahlseilen, die wussten, was von ihnen erwartet wurde.
    „Fünfzig Minuten“, verkündete er. „Wir werden improvisieren.“ Er grinste breit. „Haltet euch einfach alle Optionen offen. Und bloß keine falsche Zurückhaltung.“
    Mitten auf der Brücke blieb Nikolaj stehen. „Wir machen es anders“, sagte er zu Carmen.
    „Was?“
    „Das mit dem Auto.“ Er sah sie an. „Das Risiko ist zu hoch. Außerdem könnte ich ein zweites Paar Augen brauchen.“
    „Was immer du willst.“
    Er trat dicht an das steinerne Brückengeländer und zog sie mit sich. Der Strom der Passanten bildete eine Blase und wich ihnen aus wie einem natürlichen Hindernis.
    „Ich muss auf die Straße achten“, sagte Nikolaj, „und mich um Viktor kümmern. Ich hätte gern“, er langte nach seinen Zigaretten, „dass du jetzt gleich in die Nationalgalerie gehst. Du kaufst eine Eintrittskarte und steigst hoch in den ersten Stock. Von den Fenstern kannst du das ganze Gelände überblicken.“ In einer beiläufigen Geste drückte er sich die Muschel des Sprechfunkgerätes ins Ohr. „Dieses Ding hat eine ziemliche Reichweite. Sag mir, wenn du jemanden siehst, der da nicht hingehört, ja?“
    Carmen biss sich leicht auf die Unterlippe. „Wie sieht dein Rückzugsplan aus?“
    „Ganz simpel.“ Er lächelte. „Die einfachsten Ideen sind immer die besten.“
    Sie rieb sich über die Nase, eine kleine nervöse Geste. Eine Windböe trieb ihr ein paar Haarsträhnen ins

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