Das dunkle Fenster (German Edition)
darüber diskutieren.“
„Wie du meinst“, sagte er hart. Sie wollte nicht an alten Wunden rühren. Nun, das konnte er verstehen. Das wollte er auch nicht. „Dann reden wir über etwas anderes. Reden wir über das, was in deiner Wohnung passiert ist.“
„Mein Gott“, stöhnte sie, „ich habe es dir gesagt. Ich war so überrascht wie du selbst. Die Typen hatten sich nicht angemeldet, falls du das denkst.“ Sie machte eine Pause, legte den Kopf schräg. „Sagtest du nicht, jemand verfolgt dich? Vielleicht waren die es und dachten sich, jetzt wäre ein guter Moment, um zuzuschlagen? Also noch mal – was habe ich damit zu tun?“
Ihre Logik war nicht von der Hand zu weisen, einen Moment lang. Sie brachte Nikolaj aus dem Gleichgewicht, zwang ihn, seine eigenen Schlussfolgerungen abermals in Frage zu stellen. Aber etwas passte nicht. Das war ein Bauchgefühl, kein logischer Gedanke. Er wusste einfach, dass sie log. Oder nein, er wusste es nicht, er unterstellte es nur. Sie hatte gelogen, als er sie nach Rafiq gefragt hatte.
Warum? Warum hätte sie das tun sollen, wenn es nichts zu verbergen gab? Sie hatte offensichtlich Kontakt zu ihm. Und zwar so eng, dass er plötzlich bewaffnet in ihrer Wohnung auftauchte. Das war ganz sicher kein Zufall gewesen.
„Wie passt Rafiq in das Bild?“, fragte er. Seine Finger umklammerten noch immer ihre Oberarme. Er verstärkte seinen Griff. Er schob die Vorbehalte beiseite, die Zweifel. An seinem Umgang mit Carmen, an seinen Handlungen, an sich selbst.
„Er war in der Nähe“, murmelte sie. „Wahrscheinlich hörte er den Lärm und dann ...“
Nikolaj spürte, wie neuer Unmut in ihm hochstieg. Er hatte es satt. Keine Zeit für Spielchen. Plötzlich wollte er es nur noch hinter sich bringen. Sein Blick ließ sie verstummen.
„Jetzt noch mal“, sagte er ruhig.
„Was machst du mit mir, wenn du alles weißt, was du wissen wolltest?“
„Zunächst werde ich dich nicht töten.“
„Ah.“ Sie hob eine Augenbraue.
„Das meine ich ernst.“
„Ich könnte dir sonst was erzählen. Vielleicht habe ich die ganze Zeit die Wahrheit gesagt, nur du glaubst mir nicht. Was dann?“
„Überlass es mir, das zu beurteilen.“
Sein Unmut verstärkte sich, verwandelte sich in echten Ärger. Sie drehte das Gesicht weg, ein Indiz scheinbarer Hilflosigkeit. Seltsamerweise war es diese kleine Geste, die etwas in ihm zum Überlaufen brachte. Er stieß sie rückwärts zu Boden, ihr Hinterkopf krachte dumpf auf den Stein. Hart presste er einen Unterarm gegen ihre Kehle. Mit seinem Körpergewicht erstickte er jeglichen Widerstand. Sein Gesicht war sehr nah an ihrem.
„Du hast es selbst gesagt“, murmelte er, „ich bin ein sadistisches Arschloch. Ich finde, das ist eine gute Voraussetzung für unser Frage-Antwort-Spiel. Womit sollen wir anfangen?“ Er streckte seine freie Hand nach dem Taschenmesser aus. „Ich könnte dir die Finger brechen.“ Forschend musterte er ihr Gesicht. „Oder“, er fuhr mit der Klinge ihre Kinnlinie nach, „es gibt auch andere Möglichkeiten.“ Die Spitze aus glänzend poliertem Stahl stoppte unterhalb ihres Kieferknochens. Er übte etwas Druck aus, so dass Blut zu fließen begann. Carmen zuckte zusammen, dann lag sie ganz starr. „Wir können uns hier stundenlang miteinander beschäftigen.“
Nikolaj analysierte sich selbst wie ein unbeteiligter Beobachter.
Seine Handlungen. Den Eindruck, den er vermittelte. Alles hing von der Glaubwürdigkeit ab. Das war das Wichtigste bei einem Verhör. Es ging um Angst und Vertrauen. Schmerz diente nur als Katalysator, ein Mittel unter anderen. Er zog die Klinge quer über ihren Kieferknochen und fügte ihr einen kurzen Schnitt zu. Blut quoll aus der kleinen Wunde und rann ihren Hals herunter. Es benetzte Nikolajs Arm.
„Nicht“, bat sie. „Hör auf, bitte.“
Er hob das Messer ein wenig an, so dass die Spitze knapp unter ihrem Auge stoppte. Ihre Wimpern zitterten.
„Hör auf“, flüsterte sie. „Hör auf, wir können reden.“
„Dann fang an“, murmelte er dicht an ihrem Ohr.
„Nimm das Messer weg.“
„Gib mir einen guten Grund.“
„In Ordnung.“ Ihr Atem ging in kurzen Stößen. „In Ordnung. Ich soll dich identifizieren. Sie sagen, dass du ein Kerl namens Fabio bist.“
Nikolaj verharrte einen Moment regungslos. Dann sprach er die Frage aus, die sofort alles andere in seinem Kopf überlagerte: „Was zur Hölle hast du damit zu tun?“
Carmen verzog ein wenig den Mund. „Nimm das
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