Das dunkle Labyrinth: Roman
arbeitete für Alans Gesellschaft?«
»Ja. Sie sagte mir, dass er sehr ehrgeizig sei und mindestens so intelligent wie Alan – jedenfalls was das Ingenieurswesen betrifft. Im Umgang mit Menschen und im Geschäftlichen war er vielleicht weniger begabt.«
Ein Gedanke schoss Hester in den Sinn, nur um sich aufzulösen, bevor sie ihn fassen konnte. »Auf Maschinen verstand er sich also?«
»O ja. Das haben auch andere bestätigt.« Roses Augen weiteten sich. »Sie meinen, sie könnte ihn … benutzt haben, um an Informationen zu gelangen, die ihr den endgültigen Beweis lieferten?«
»Warum nicht?«, fragte Hester zurück. »Hatte sie den Mut, so weit zu gehen?«
Rose zögerte keine Sekunde. »Ja … bei Gott, den hatte sie. Und er benutzte sie, um herauszufinden, wie viel sie wusste! Und es war zu viel! Da musste er sie umbringen, weil für ihn sein Bruder letztlich Vorrang hatte.«
»Und sein eigener Ehrgeiz«, ergänzte Hester. Sie sah Lichter auf der Straße näher kommen und hoffte inständig, das wäre der Omnibus. Inzwischen klapperte sie mit den Zähnen.
»Wie werden wir das je in Erfahrung bringen?«, stöhnte Rose. »Ich weigere mich kategorisch, sie damit davonkommen zu lassen, koste es, was es wolle!«
Es war der Omnibus. Sie stiegen auf das obere Deck, fanden diesmal aber keinen Sitzplatz, sondern standen die ganze Zeit eingekeilt zwischen erschöpften Arbeitern, Frauen, die mit Einkaufstaschen oder Nähzeug beladen waren, und vor Müdigkeit laut quengelnden Kindern mit verschmierten Händen.
Als sie in den anderen Omnibus umstiegen und auch hier die obere Plattform erklommen, drehte sich Rose mit einem nachdenklichen Lächeln zu Hester um. »Ich werde nie wieder einen Kutscher anblaffen«, flüsterte sie. »Ich werde nie die Köchin beleidigen, die Dienstmädchen drangsalieren oder den Butler abkanzeln, was immer sie auch angestellt haben mögen. Und vor allem werde ich nie das Feuer ausgehen lassen, und wenn ich die Kohle selbst ins Haus tragen muss!«
Hester verbiss sich ein Lachen. Es wäre einem hysterischen Wiehern bedenklich nahegekommen.
»Was unternehmen wir jetzt?«, wollte Rose wissen.
Hester überlegte fieberhaft. Wie weit konnten sie gehen? Ab wann wurde es zu gefährlich? Zumindest was Rose betraf, gab das Sicherheitsdenken den Ausschlag. »Sie könnten schon mal ausloten, welche Möglichkeiten es gibt, ein Gesetz zur Unterstützung der Verletzten zu verabschieden. Mary könnte daran gedacht haben. Wahrscheinlich war das sogar der Grund, warum sie darauf kam, sich an Mr. Applegate zu wenden. Und ich werde zusehen, dass ich die Tosher finde, mit denen Mary gesprochen hat, und in Erfahrung bringe, was sie ihr erzählt haben. Wenn jemand weiß, wo die unterirdischen alten Flüsse sind oder ob irgendwelche Bäche den Lauf gewechselt haben, dann sie. Wenn ich herausbringe, was Mary wusste, wird das ein großer Schritt nach vorn sein.«
»Seien Sie aber vorsichtig!«, mahnte Rose besorgt.
»Das werde ich ganz bestimmt sein«, versprach Hester.
Von ihren Erlebnissen dieses Tages erzählte Hester Monk nur, dass sie verletzten Opfern von Wassereinbrüchen oder Unfällen mit Dampfmaschinen Besuche abgestattet hatte. Den Rest, insbesondere ihr Vorhaben, behielt sie für sich.
Am nächsten Morgen schrieb sie Sutton in einem knappen Brief, dass sie dringend Tosher suchte, die das alte Kanalsystem gut kannten. Erst nachdem sie den Brief abgeschickt hatte, fiel ihr ein, dass sie keine Ahnung hatte, ob Sutton überhaupt lesen konnte. Seine Geschäfte wickelte er immer in bar ab. Nun, vielleicht legten die feinen Adressen nicht unbedingt Wert darauf, eine Rechnung von einem Rattenfänger zu bekommen.
Während sie auf eine Antwort wartete, verbrachte sie den Nachmittag damit, hinter dem Maurer her zu putzen.
Sutton traf kurz nach Einbruch der Dunkelheit, gegen halb fünf Uhr, ein. Sie führte ihn in die Küche.
»Sind Sie sicher?«, fragte er vorsichtig und studierte ihr Gesicht im Schein des Gaslichts. Er nippte an einer Tasse dampfenden Tees. Vor ihm lag ein Stück Obstkuchen, das er dankbar angenommen hatte. Da er auf Gerechtigkeit Wert legte, gab er auch Snoot ein winziges Stück ab, damit dieser sich nicht ausgeschlossen fühlte. Es waren eigentlich nur Krümel und zwei Rosinen, doch Snoot fraß alles säuberlich auf und leckte sich die Lefzen in der Hoffnung, mehr zu ergattern.
»Das war dein Anteil«, erklärte ihm Sutton kopfschüttelnd und wandte sich wieder Hester zu. »Na ja,
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