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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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sie sichtlich müde war. Während der ganzen Zeit, in der sie mit Hester und Rose sprach, ruhten ihre Finger kein einziges Mal. Sie brauchte kaum je auf ihre Arbeit hinunterzuschauen.
    »Natürlich bin ich mir sicher! Das vergess ich bestimmt nich’, wenn’ne junge Dame – und sie war’ne Dame – zu mir kommt und mich nach Abflüssen, Kloaken und Wasser, das unter der Erde fließt, fragt. Sie wusste ganz schön Bescheid – sogar über Maschinen. Konnte eine von der anderen unterscheiden.«
    Rose erstarrte. Sie warf Hester einen Blick zu, dann sah sie wieder die Frau an.
    »Sie wusste über unterirdische Strömungen Bescheid?«, fragte Hester, darum bemüht, jede Dringlichkeit aus ihrem Ton zu tilgen.
    »Allerdings«, antwortete die Frau. »Schon komisch.« Sie schüttelte den Kopf. »Und sie wollte mehr wissen. Ich hab ihr gesagt, dass mein Vater’n Tosher war, bis es ihn erwischt hat. Und dann wollte sie wissen, ob ich heute noch irgendwelche Tosher kenne. Oder Navvys. Ich hab ihr gesagt, dass mein Bruder’n Tosher is’, aber den hab ich schon seit Jahren nich’ mehr gesehen. Da wollte sie seinen Namen wissen. Jetzt sagen Sie mal, wieso will’ne hübsche junge Dame wie sie’nen Tosher finden?«
    »Um mehr über unterirdische Bäche zu erfahren?«, schlug Rose vor.
    Die Frau riss die Augen weit auf. »Wieso? Sie glauben doch nicht etwa, dass einer davon durchbrechen wird?«
    »Hat sie das gesagt?«
    »Nein! Natürlich nich’! Meinen Sie, ich würde dann noch ruhig mit’ner Nadel in der Hand hier rumsitzen? Der Mann meiner Schwester gräbt dort unten!« Über ihren eigenen Mann verlor sie kein Wort. Dieser hatte einen Arm eingebüßt und war unterwegs, um seinen Lebensunterhalt mit Botengängen zu bestreiten. »Sind Sie deswegen bei mir? Und was is’ überhaupt aus ihr geworden? Wieso kommen Sie zu mir?«
    Hester zögerte nur kurz. »Sie ist von der Waterloo Bridge in den Fluss gestürzt und ertrunken. Wir halten es für möglich, dass das kein Unfall war. Wir müssen herausfinden, was sie alles in Erfahrung gebracht hatte.«
    »Nichts, weswegen einer sie kaltmachen würde, das schwör ich Ihnen beim Grab meiner Mutter.«
    Sie blieben noch etwa zehn Minuten, doch mehr konnte ihnen die Frau nicht sagen.
    Inzwischen war die Dunkelheit hereingebrochen, und der Schnee blieb nun allmählich liegen, obwohl es erst kurz nach sechs Uhr war.
    »Glauben Sie, dass Mary nach Toshern suchte?«, fragte Rose unglücklich. »Weswegen nur? Damit sie ihr sagten, wo genau die unterirdischen Strömungen verlaufen? Argyll wird das doch sicher vermessen haben! Er kann es ja nicht auf ein Unglück ankommen lassen. Das wäre sein Ruin!«
    »Ich weiß es nicht«, gab Hester zu und beschleunigte ihre Schritte in Richtung Omnibushaltestelle. Sich zu bewegen war besser, als stehen zu bleiben. »Das ergibt wirklich keinen Sinn, und sie muss sich dessen bewusst gewesen sein. Aber irgendetwas hat sie herausgefunden. Was könnte das gewesen sein, außer dass die Maschinen leichtfertig eingesetzt wurden, um die Schnellsten zu sein und die besten Aufträge zu ergattern? Sind Argylls Maschinen anders als die der übrigen Firmen? Wir müssen das in Erfahrung bringen. Könnten diese Maschinen gefährlicher sein?«
    Rose blieb stehen, obwohl sie vor Kälte zitterte. »Anscheinend arbeiten sie schneller. Vielleicht sind sie tatsächlich gefährlicher. Aber was können wir ausrichten? Diese Männer werden uns nichts verraten – sie wagen es einfach nicht!« In ihrer Stimme schwang Verzweiflung mit.
    »Ich weiß es auch nicht«, stöhnte Hester. »Wir können nur versuchen, in Erfahrung zu bringen, was Mary zugestoßen ist. Wenn sie einen Beweis für etwas gefunden hatte – ich meine, einen, der zum Abbruch der Arbeiten geführt hätte, bis man die Maschinen sicherer gemacht hätte, womöglich auf Kosten der Schnelligkeit -, wem hätte sie das gesagt?«
    »Morgan«, sagte Rose, ohne zu zögern. »Aber das hat sie nicht getan. Sie kam nicht mehr zu uns.«
    Sie setzten sich wieder in Bewegung. Bei dieser Kälte konnte man einfach nicht stehen bleiben.
    »Vielleicht war sie sich nicht sicher«, mutmaßte Hester. »Vielleicht fehlte ihr noch ein Detail.«
    Sie erreichten die Omnibushaltestelle. Während sie warteten, traten sie von einem Fuß auf den anderen.
    »Und Toby?«, fragte Hester eindringlich. »Hat sie es vielleicht ihm gesagt?«
    Rose schüttelte den Kopf. »Sie vertraute ihm nicht. Er und Alan waren einander sehr nahe.«
    »Toby

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