Das dunkle Netz der Lügen
Robert gerade die Aussage Weigels durchging.
Kurz darauf stand Robert vor ihnen. Er rümpfte die Nase. «Was habt ihr denn gemacht?», fragte er.
«Ihre Frau hat uns aufgetragen, die Unratfässer aus dem Hof des Barons wegzubringen, weil sich die Nachbarn schon beschwert haben. Und dabei haben wir – hat Dietrich – das hier gefunden.» Otto wickelte das Messer aus und legte es auf die Theke.
«Da ist Blut», sagte Dietrich.
«Ich sehe es. Ich danke euch vielmals, das war sehr aufmerksam. Ich nehme mal an, der Abfall des Barons steht noch auf seinem Hof?»
Die beiden nickten.
«Dann soll er da auch bleiben. Ich denke, ich muss ihn mir genauer ansehen. Wartet hier, ich rede kurz mit dem Bürgermeister.»
Er nahm das Messer und brachte es nach oben. «Schlechte Nachrichten, William», sagte er und legte das Messer auf Weinhagens Schreibtisch.
«Was ist das für ein Messer?»
«Ich vermute, damit wurde Elise von Sannberg getötet – da ist Blut, siehst du?»
Der Bürgermeister nickte.
«Meine Hausdiener haben es eben in Cornelius’ Abfall gefunden.»
«Und die schlechte Nachricht?»
«Es gehört Cornelius. Sein Jagdmesser. Ich kenne es gut, und du hast es auch schon gesehen.» Er deutete auf das Ende des Griffs, in das das Wappen derer von Sannberg eingelassen war.
«Ich erinnere mich», sagte der Bürgermeister. «Er hat esuns damals gezeigt, nachdem er es hatte anfertigen lassen. Ein schönes Stück.»
«Ich werde mit meinen Hausdienern die Unratfässer durchsuchen. Die beiden stinken ohnehin schon, da kann ich den Polizeidienern das ersparen. Sie sollten aber etwas dafür bekommen.»
«Fünf Silbergroschen?», fragte der Bürgermeister.
«Für jeden!», sagte Borghoff.
«Und dann wirst du Cornelius verhaften?» Der Bürgermeister sah unglücklich aus.
«Ja, das werde ich wohl müssen», sagte Robert, nicht weniger unglücklich.
Die Aussicht auf die fünf Silbergroschen entschädigte Otto und Dietrich etwas für die widerwärtige Arbeit im Hof des Barons. Unter Roberts wachsamen Blicken entleerten sie ein Fass nach dem anderen, breiteten den Unrat auf dem Pflaster des Hofes aus und nahmen alles genau in Augenschein. Doch so sorgfältig sie auch suchten, sie fanden nichts, was Cornelius von Sannberg weiter belastete. Robert war ein wenig erleichtert, als die beiden Hausdiener den Abfall wieder in die Fässer schippten.
Robert drückte jedem die Münzen in die Hand. «Fahrt das Zeug jetzt zur Halde, und dann könnt ihr euch endlich waschen und den Gestank loswerden. Hast du anderes Arbeitszeug, Dietrich?»
Dietrich schüttelte den Kopf. «Nur warme Sachen für den Winter.»
«Bitte meine Frau, dir etwas aus dem Laden zu geben. Du wirst es ja ohnehin brauchen.»
Dietrich nickte und half dann Otto, das letzte Fass auf den Karren zu laden. Dann nahm er die Zügel der Stute, und der Karren setzte sich langsam in Bewegung.
Robert sah ihnen nach. Ihm war gar nicht wohl dabei,seinen Freund Cornelius jetzt abholen zu müssen. Aber alles sprach gegen ihn.
Er ging hinüber zur Dammstraße. Cornelius war nicht nach Hochfeld gefahren an diesem Tag, da er sich um die Beerdigung seiner Frau kümmern musste. Er hatte sich in das kleine Gästezimmer zurückgezogen, das die Messmers ihm zur Verfügung gestellt hatten.
Als Robert anklopfte, saß Cornelius in einem der beiden zierlichen Sessel. Das Gästezimmer wurde von Guste auch gern als Damenzimmer genutzt. Als sie damals, nachdem ihr Vater und ihr Bruder das neue Haus an der Karlstraße bezogen hatten, mit ihrer Familie in das alte Kontor- und Wohnhaus eingezogen war, hatte sie die Möbel aus dem Schlafzimmer von Bertrams erster Frau in dieses Zimmer gestellt und auch ihr Porträt hier aufgehängt. Bertram war einverstanden, dass es nicht mehr im neuen Salon hängen sollte, und hatte stattdessen ein Bild von sich und Guste malen lassen.
Die früh verstorbene Maria Messmer wachte lebensgroß über dem Kopf von Cornelius. Sie saß aufrecht und streng auf einem ebendieser Sessel, die Guste hierher gestellt hatte. Auf dem Tischchen neben ihr stand ein Holzkästchen, das Robert sofort bekannt vorkam, aber er erinnerte sich nicht, wo im Haus er es schon einmal gesehen hatte.
«Cornelius, ich muss dich bitten, mit ins Rathaus zu kommen», sagte Robert.
«Habt ihr ihn? Habt ihr den Mörder gefasst?», fragte der Baron.
«Wir haben einen Verdächtigen», sagte Robert ruhig. «Cornelius, wir haben dein blutiges Jagdmesser in deinem Abfall
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