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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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untergebracht, das der Bürgermeister manchmal für ein Nickerchen nutzte. «Ich rede mit dem Geiger. Wenn ihm klar ist, dass seine Frau die Kinder vor dem Gefängnis retten kann, wird er wohl entsprechend auf sie einwirken.»
     
    Doch ganz so einfach, wie Robert gehofft hatte, war der Fall nicht zu lösen. Frau Beermann stellte sich stur. Sie wisse von nichts, die Kinder hätten auf eigene Faust gehandelt.
    «Was nun?», fragte Ebel.
    «Haben Sie Ihrer Frau klargemacht, was mit den Kindern passiert, wenn sie sich nicht schuldig bekennt?», fragte Robert Hans Beermann, der mit blassem Gesicht bei ihnen stand.
    Der nickte. «Sie sagte, die Kinder hätten uns erst in die Armut gestürzt, und wenn ein oder zwei von ihnen ins Gefängnis gingen, käme der Rest der Familie nicht ins Armenhaus.» Er blickte auf den Boden. «Ich verstehe nicht, wie sie so kalt sein kann.»
    «Armut kann einen Menschen hart machen, Herr Beermann», sagte Robert.
    «Gegen die eigenen Kinder?» Beermann wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Auge.
    «Bringen Sie ihn hinunter ins Gewahrsam, Ebel», befahl Robert.
    Er wartete, bis der Inspektor zurückkam. «Wenn wir ihrnicht nachweisen können, dass sie hinter allem steckt, werden die Kinder dran glauben müssen.»
    «Aber was können wir tun? Es wird Aussage gegen Aussage stehen.»
    Robert dachte nach. «Wie viel Geld hatte Frau Beermann bei der Festnahme dabei?»
    «Nur ein paar Groschen.»
    «Kommen Sie, Ebel. Wir werden die Wohnung der Beermanns durchsuchen.»
     
    Als Hermann am Montagabend zur Schicht ging, war Zita noch nicht zu Hause. Sie hatten sich nicht oft gesehen in den letzten Tagen, meist nur morgens ganz kurz, wenn sie sich auf den Weg zur Arbeit machte. Er musste sich eingestehen, dass er sich sehr an ihre Gesellschaft gewöhnt hatte. Wenn der Ball vorbei war, würde sie wieder weniger arbeiten müssen. Nun, da es draußen länger hell war, freute er sich darauf, die frühen Abende bis zum Schichtbeginn mit ihr verbringen zu können.
    Auf der Hütte ging alles seinen gewohnten Gang. Hermanns Puddler-Trupp hatte schon einen fünfstündigen Durchgang hinter sich, die Qualität der Luppen konnte sich sehen lassen, keine einzige zersprang bei der Prüfung.
    Am Hochofen in etwa hundert Metern Entfernung wurde gerade ein Abstich vorbereitet. Die Schmelzer verschwanden hinter der Raumauer, die um den eigentlichen Ofen gebaut war. Der Erste Schmelzer würde jetzt das Abflussloch öffnen, um das geschmolzene Eisen in die Lehmrinnen laufen zu lassen.
    Hermann stand oben an seinem Puddelofen und bereitete den nächsten Durchgang vor. Er hatte seine Handschuhe ausgezogen und ließ nun unauffällig die heimlich im Werk aufgesammelten Stahl- und Eisenteile in die Pfanne rutschen. Das erhöhte die Qualität des Stahls. Auch der zweite Durchgang sollte heute angerechnet werden.
    Kurz darauf erhellte ein roter Schein den Himmel. Der Abstich lief an. Aber irgendetwas musste schiefgelaufen sein, laute Schreie waren zu hören. Hermann drehte sich auf seiner kleinen Bühne um und versuchte zu erfahren, was passiert war.
    Einer der Schmelzer war direkt vor dem Hochofen ausgerutscht und mit dem Bein in das glühende Eisen geraten. Die anderen hatten ihn zwar sofort herausgezogen, aber er schrie wie am Spieß, Hermann konnte es trotz des Raugemäuers hören. Plötzlich verstummte das schreckliche Geschrei. Hermann wollte schnell hinunter von der Bühne und packte versehentlich an den heißen Puddelofen – nur ganz kurz, aber der Schmerz war heftig. Er biss die Zähne zusammen und rannte hinüber zur Unglücksstelle.
    «Er atmet nicht mehr», rief einer der Männer.
    «Zieht ihn doch endlich aus der Hitze!», rief einer, und das taten sie dann. Das Bein des Verunglückten bot einen schrecklichen Anblick. Der Fuß und der untere Teil der Wade waren nur noch Knochen, darüber ein schwarzer Klumpen Fleisch hinauf bis zum Knie. Das brennende Hosenbein hatten die anderen bereits gelöscht, doch bis zur Hüfte hinauf hatte der Mann Brandverletzungen.
    «Lasst mich durch!», rief Hermann.
    «Was willst du denn?», fragte der Vorarbeiter, der bereits jemanden zur Werksleitung losgeschickt hatte, um einen Arzt zu holen.
    «Vielleicht kann ich ihn retten.»
    «Du hast doch gehört, der atmet nicht mehr, er ist tot!»
    Hermann drängte sich an dem Mann vorbei und begann, bei dem Opfer rhythmisch auf den Brustkorb zu drücken. Die verbrannte Hand schmerzte, aber er machte unbeirrt weiter. Ab und zu hielt er

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