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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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mir noch mal Harlene, bitte?«
    Harlene meldete sich. »Ja?«
    »Sagen Sie Lyle, er soll so schnell wie möglich zum Krankenhaus fahren. Er soll Becky Castles Reaktion beobachten, wenn sie erfährt, dass man Sachen von ihr in Reids Büro gefunden hat. Eric soll mich so schnell wie möglich aus Haudenosaunee anrufen. Ich will wissen, ob er etwas gefunden hat.«
    »Mach ich, Chief. Wie ist denn die vornehme Feier? Lohnt es sich, dafür an seinem Geburtstag zu arbeiten?«
    Er dachte an ihren Tisch. Linda und Clare und Hugh und Russ. Wie ein schlechter italienischer Kunstfilm. »Ehrlich gesagt, Harlene, würde ich lieber irgendwo was Fettiges essen und auf einen Autopsiebericht warten.«

20:20 Uhr
    Lisa versuchte das Zittern zu unterdrücken. Sie stand im Durchgang vor der Küche des Algonquin Waters und lauschte dem Klappern der Töpfe auf den Herden und dem Klirren von Porzellan auf Stahlflächen. Die Tür sprang auf, und sie fuhr hoch, aber es war nur ein Küchenhelfer im schmierigen weißen Hemd, der im Durchgang hastig eine Zigarette rauchte. Durch die sich schließende Tür drang ein Gewirr barscher Stimmen, deren Sprache Lisa nicht einmal erkennen konnte.
    Sie hatte den Weg zur Küche mühelos gefunden. In ihrem Pulli unter der Motorradjacke ähnelte sie nicht im Entferntesten den Gästen, die sie auf der kurzen Strecke durch die Lobby gesehen hatte, und ein mitfühlendes Stubenmädchen, das glaubte, sie wäre neu und käme zu spät zum Dienst, hatte ihr den Weg gezeigt.
    Sie trat in die Küche, in der Annahme, sie könnte dort einen der Kellner überreden, die Nachricht zu überbringen, die sie geschrieben hatte, aber in dem Chaos rundherum war sie aufgeschmissen. Sie hatte früher selbst gekellnert, im Red Lobster in Glens Falls, aber jene Küche hätte bequem in eine Ecke der riesigen Fläche weißer Fliesen und Chromregale gepasst, die sie jetzt umgaben. Sie war vielleicht zehn Schritte weit gekommen, als ein Mann vor einem Hochofen von Herd sie anbrüllte, erst in einer fremden Sprache, dann auf Englisch: »Raus hier, raus hier, raus!«
    Lisa stolperte atemlos nach hinten und stand im Begriff, abzuhauen, als eine Hand auf ihre Schulter sank und eine freundliche Stimme fragte: »Was machst du hier, Kleine?«
    Sie blickte auf ein makelloses weißes Hemd und eine reichverzierte Weste. Der Mann, der sie festhielt, sah aus wie ein Spieler auf einem Flussdampfer in einem dieser Western. »Sind Sie einer der Kellner?«
    »Klar. Bist du neu?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein.« Ihre Kehle drohte sich zuzuschnüren, aber sie sprudelte die vorbereitete Geschichte hervor. »Ich arbeite für Mr. Shaun Reid. Ich muss ihm eine Nachricht überbringen. Es ist wichtig. Es geht um die Fabrik. Seine Fabrik.«
    »Wo ist er denn? Auf dem Bankett? Die Tür ist gleich da drüben. Ich kann dir den Weg zeigen.«
    »O nein. Das kann ich nicht. Er will nicht, dass die anderen Geschäftsleute was davon erfahren. Es … es gibt ein Problem.« Sie griff in ihre Tasche und zog die säuberlich gefaltete Nachricht heraus. »Könnten Sie das machen?«
    Der Kellner lächelte sie nachsichtig an. »Sicher, Kleine. Weißt du, wo er sitzt?«
    Sie hatte auf der Hinfahrt darüber nachgedacht. »Ich glaube, er sitzt bei den Leuten von dem großen Papierkonzern.«
    »GWP? Okay. Ich sorge dafür, dass er ihn bekommt.« Er streckte die Hand nach dem Zettel aus, aber sie faltete ihn rasch auseinander und zog einen Kugelschreiber aus der Tasche. Wir treffen uns im Flur vor der Küche, kritzelte sie unten an den Rand. Sie faltete den Zettel wieder zusammen und gab ihn dem netten Kellner.
    »Du solltest jetzt lieber gehen, ehe Egoberto versucht, dich in kleine Stücke zu zerlegen.«
    Sie warf einen kurzen Blick auf den aufgebrachten Koch, der gerade hilflose Brote in das flammende Inferno rammte. »Stimmt«, sagte sie.
    Deshalb stand sie jetzt hier und rieb sich die Arme, in dem fruchtlosen Versuch, die Kälte zu vertreiben, die in ihrem Innern herrschte. Sie hatte das Gefühl, als hätte sie bereits eine Stunde gewartet. Was, wenn der Kellner Reid nicht finden konnte? Was, wenn dieser lachte und den Zettel zerriss? Was, wenn er die Polizei gerufen hatte und sie schon unterwegs waren, um sie wegen Erpressung zu verhaften? Was –
    Die Küchentür schwang erneut auf. Shaun Reid hastete in den Flur und klopfte dabei seine Smokingjacke ab, als wäre sie beim Gang durch die Küche beschmutzt worden. Er sah sie. Sein Kopf fuhr hoch. Die Veilchen und

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