Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
publikumswirksam eine Ausschlussermächtigung unterschrieb, die Edeard daran hindern sollte, Sampalok zu betreten. Weniger amüsant hingegen war die würdevolle Verkündigung der Pythia, dass sie es niemals irgendjemandem verwehren würde, Eyrie zu betreten, um die Kirche der Herrin zu besuchen. Und ebenso erklärte Owain, dass in Anemone und Majate keine Ermächtigungen Anwendung finden würden, sodass es allen Bürgern weiterhin möglich war, zum Regierungssitz zu gelangen; ein Recht, das von Rah selbst festgesetzt worden war. Und was die Proteste der Gondolierigilde hinsichtlich der Beschränkung ihres Geschäfts betraf … Noch nie zuvor hatte es in Makkathran einen Gondelstreik gegeben. Auch wenn er nur ein paar Tage gedauert hatte, schockierte er doch alle. Drohungen wurden laut, dass es zu weiteren kommen würde, insbesondere in dem Fall, dass die morgige Abstimmung im Großen Rat nicht so verlief, wie die Gondolieri es wollten. Auch die Hafenarbeitergilde hatte sich stark gemacht und versprochen, die Gondolieri zu unterstützen.
Glücklicherweise erhielt Edeard eine Menge Rückendeckung und Zuspruch von zahlreichen Kaufleuten und Händlern. Und auch die einfachen Leute waren dankbar, sofern ihre Reaktion auf die Konstablertrupps, die auf den Brücken ihren Dienst verrichteten, irgendetwas besagte.
Edeard wünschte, die morgige Debatte im Rat wäre schon vorbei, so oder so. Das ganze Warten und Bangen lastete inzwischen zentnerschwer auf ihm.
Dinlay wartete draußen vor dem Haupteingang des herrschaftlichen Culverit-Domizils. Die ersten Strahlen der Sonne hatten bereits die oberste Etage der zehnstöckigen Zikkurat erreicht und funkelten auf den riesigen hufeisenförmigen Rundbogenfenstern. Fünf pistolenbewehrte Wachen mit den Insignien der Familie auf ihren Umhängen öffneten die große, eiseneingefasste Pforte. Der Trupp trat durch den gigantischen Torbogen ein und fand sich in einem weiträumigen Innenhof wieder. Wie Topase leuchtende Kletterrosen bedeckten jede Seite der Säulen, während große Granitstatuen vergangener Culverit-Meister und -Meisterinnen streng auf sie herabblickten. Ein Stallmeister begrüßte sie und führte sie hinein. Edeard seufzte, als er die Wendeltreppe sah.
»Ich vermute, die Familie wohnt im Obergeschoss?«, flüsterte er Boyd zu.
»Die Familie des Meisters schon, natürlich.«
Die Kuppe des Wohnsitzes war ein Haus, größer als die Jeavons-Konstablerwache, und zu jeder Seite von einem Hausgarten eingefasst. Es war die traditionelle Residenz des Distriktmeisters, wobei die unteren Etagen von Dutzenden von Verwandten, Hausangestellten und Schreibern, die des Meisters Ländereien verwalteten, bewohnt wurden.
Während sie hinaufstiegen, wurde sich Edeard unangenehm der merkwürdigen Atmosphäre bewusst, die hier herrschte. Da war Wut, hauptsächlich unter den Männern, und jede Menge Sorge und Angst.
»Hier ist irgendwas Schlimmes passiert«, sagte er leise. Macsen nickte knapp. Auch ihm schien nicht wohl bei der Sache zu sein.
Walsfol und Julan erwarteten sie auf der oberen Gartenterrasse, die auf den Grand Major Canal hinausblickte. Selbst zu solch früher Stunde trug der Hauptkonstabler einen tadellosen Uniformrock, seine Goldknöpfe blitzten hell in der aufgehenden Sonne.
Julan dagegen war einer der wenigen Aristokraten, die sich nicht scheuten, ihr Alter zu zeigen. Hundertdreiundfünfzig Jahre hatten seine Haltung erschlaffen und das graue Haar sich lichten lassen. Er trug einen zerknitterten Hausmantel über seinem Nachthemd. Seine Augen waren gerötet und spiegelten bittere Verzweiflung.
Auf dem Weg hierher hatte der Trupp Edeard auf den neuesten Stand über die Culverit-Familie gebracht. Wie nie zuvor war sie derzeit beim restlichen Adel Makkathrans Gegenstand wildester Spekulationen und heftiger Diskussionen. Meister Julan hatte erst in äußerst vorgerücktem Alter geheiratet. An sich war das nicht allzu ungewöhnlich in seinen Kreisen. Es war eine wirklich romantische Hochzeit gewesen. Allem Anschein nach hatte er sich im selben Moment, als sie einander vorgestellt worden waren, Hals über Kopf in seine Frau (hundertacht Jahre jünger als er) verliebt und war ihr bis zu ihrem tragischen frühzeitigen Tod vor sechs Jahren absolut treu ergeben gewesen.
Was indessen jedermann zu schaffen machte, war, dass das erste Kind, das die Ehe hervorgebracht hatte, eine Tochter gewesen war, Kristabel. Ebenso wie ihr zweites, bei dessen Geburt Meister Julans Frau dann
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