Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
Homelt sie in den Keller des Herrenhauses geführt hatte. Rasch orientierte er sich und lenkte seine Schritte sodann die Layne Street hinab.
Als sie in die Arnold Avenue, Richtung Pink Canal, einbogen, begann Mirnatha sich wieder zu rühren. Jäh schreckte sie zusammen und blickte sich angsterfüllt um.
»Ganz ruhig«, sagte Edeard zu ihr. »Wir bringen dich heim zu deiner Familie. Dein Vater und deine Schwester machen sich schon große Sorgen um dich.«
Das Mädchen starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Du bist der Waterwalker.«
»Ja. Der bin ich.«
»Sie haben mich –«, fing sie an zu weinen. »Ich bin in einem ganz dunklen Zimmer gewesen. Ich konnte mit Fernsicht überhaupt nichts sehen. Sie waren so gemein – Ich – Ich –«
»Es ist vorbei. Sieh doch nur. Wie schön die Sonne scheint. Bestimmt sind wir früh genug zu Hause, dass du dir die Blumenboote noch anschauen kannst.«
Sie klammerte sich an ihn. »Was ist mit den bösen Männern passiert?«
»Die wirst du nie wiedersehen, das verspreche ich dir.«
Zahllose Menschen säumten das Ufer des Kanals, standen in mindestens sechs Reihen und warteten auf das Ende der Zeremonie in der prachtvollen Kirche der Herrin.
Ganz vorn standen größtenteils aufgeregte Kinder, mit beiden Armen ihre Blumenbarken festhaltend und hinter sich ihre Eltern, die sie beständig ermahnten und warnten, ihre Boote nicht aufs Wasser zu setzen, bevor die Pythia fertig war.
Edeard lächelte, als er die vielen Blumenboote sah, bereit für ihre große Fahrt. Sie waren wunderschön. Von mit Gänseblümchen geschmückten, entzückenden kleinen Papierschiffchen in den ungeschickten Händen kleiner Knirpse bis hin zu ausgeklügelten Wasserfahrzeugen mit prachtvollen Blumenarrangements, die von den stolzen älteren Kindern gebaut worden waren. Ihre glücklichen Gesichter erwärmten sein Herz.
Er schritt weiter durch die Menge voran. Köpfe drehten sich zu ihm um. Überraschung wich Schrecken, als sie den Konstablertrupp sahen; die blutdurchtränkten Uniformen, ihre Träger ermattet, doch froh, und den Waterwalker selbst, der das entführte Kind auf seinen Armen trug, das in scheuer Bewunderung zu ihm auflächelte.
Stille trat ein.
Die Menge teilte sich, gab ihm den Weg frei zu dem Anlegesteg am Ende der Allee.
Irgendjemand fing an zu klatschen. Staunendes Geflüster wurde zu jubelndem Longtalk und zu Rufen des Beifalls.
Weitere Menschen fielen in den Applaus ein.
»Es ist der Waterwalker!«
»Sie haben das Kind befreit!«
»Mirnatha lebt!«
»Gütige Herrin, seht nur das Blut.«
»Es ist sein gesamter Trupp.«
»Sie haben’s geschafft, sie haben sie gerettet!«
Drei Gondeln lagen an dem Steg, eine jede mit Hunderten schneeweißer Blüten bekränzt. Edeard bestieg die erste von ihnen, während der Gondoliere seinen Hut abnahm und ihn, auf Mirnatha starrend, vor die Brust presste. »Bringt uns zu ihrem Haus«, sagte Edeard zu ihm.
»Aber das Fest …«
»Die Zeremonie der Pythia ist noch nicht zu Ende. Und ich finde, Mirnatha hat es verdient, nach Hause zu gehen, denkt Ihr nicht auch?«
»Ja, Sir. Natürlich.« Der Mann ergriff seinen Staken.
Inzwischen standen alle bis dicht an die Kanalkante gedrängt. Der Beifall und Jubel versetzte ihn an jenen Tag am Birmingham Pool zurück. »Lasst sehen, wie schnell Ihr seid«, sagte er zu dem Gondoliere, als dieser das Boot vom Steg abstieß.
Es war nicht sehr weit. Den Forest Pool hinab und dann den Grand Major Canal hinauf zu dem privaten Anlegeplatz der Culverit-Residenz am Rande des High Pool.
Mirnatha saß aufrecht am Bug und schaute voller Glückseligkeit von links nach rechts, während Wellen des Beifalls und Jubels ihre Fahrt nach Hause begleiteten.
»Glaubt ihr, sie machen sich morgen überhaupt noch die Mühe abzustimmen?«, sagte Macsen leise, während er der begeisterten Zuschauermenge an den Kanalufern zuwinkte. Blumenboote wurden in die Höhe gereckt und zur herzlichen Begrüßung des kleinen Mädchens geschwenkt. Der ganze Kanal wogte von fröhlichen Farben.
»Das dürfte nur noch ’ne Formsache sein«, erwiderte Boyd.
»Könnt ihr Jungs nicht einfach mal den Augenblick genießen«, meinte Kanseen. »Ich meine, kommt schon, ein bisschen von der Bewunderung gilt diesmal ja wohl auch uns.«
»Ich glaub, ich muss mich übergeben«, sagte Dinlay, sich das gerinnende Blut von seiner Uniform klopfend.
»Untersteh dich«, warnte sie ihn.
Mirnatha ergriff Edeards Arm. Mit der anderen Hand
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