Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
übereinstimmen, die man von Querencia aus sieht. Und lokalisiere außerdem die am nächsten gelegenen Sterne.«
Nachdem der Smartcore sich an die Arbeit gemacht hatte, zog sie sich aus und nahm eine ausgiebige Dusche. Eine richtige, mit Wasser und Gel – nicht diesen neumodischen Sporenquatsch. Ihr Flug durch die Kluft schien eine halbe Ewigkeit gedauert zu haben. Sie fühlte sich erschöpft und ausgelaugt und alles tat ihr weh. Der winzige TD-Link zurück zu ihrem Vater hatte ihr die Unterstützung und Zustimmung so vieler ihrer Mitmenschen gezeigt und sie zu diesem Zeitpunkt über Wasser gehalten. Jetzt jedoch drückte das Echo dieser Emotionen sie nieder und sie spürte eine lastende Verantwortung. Sie war die Botschafterin eines gesamten Universums – in einem gänzlich anderen Universum. Und allmählich wurde das alles für ihr armes, altes biologisches Gehirn ein bisschen zu viel.
Nach dem Duschen gönnte sie sich einen feinen Kräuterlachs im Teigmantel mit minzgebutterten Jersey-Kartoffeln. Ein Mahl, das sie mit ein wenig Champagner herunterspülte. Als sie ihre Himbeer-Pavlova verspeist hatte, hatte der Smartcore immer noch keinen Sternennebel wiedererkannt. Sie legte sich auf das Bett, das die Kabine für sie extrudierte, und war nach weniger als einer Minute fest eingeschlafen.
Zehn Stunden später erwachte sie wieder. Ausgeruht und beinahe augenblicklich von Ungeduld getrieben.
Der Smartcore konnte noch immer keine Nebelflecken ausmachen, die sich in irgendeiner Weise zuordnen ließen; nicht einmal anhand der äußerst exakten dreidimensionalen Projektion derer, die er zu kartographieren vermochte. Aus welchem Winkel auch immer er sie betrachtete, sie wollten einfach nicht passen.
Das gab Justine zu denken. Entweder war sie in sehr großer Distanz von Querencia aufgetaucht, oder aber es war im Innern der Leere so viel Zeit vergangen, dass sich die Konstellationen in einem Maße verändert hatten, dass sie schlechterdings nicht wiederzuerkennen waren. Keine der beiden Möglichkeiten war sonderlich ermutigend.
Der nächste Stern war drei Lichtjahre entfernt. Zwischen ihm und der Silverbird gab es keine feststellbare Masse.
Justine nahm ein leichtes Mittagessen zu sich und fand sich damit ab, dass es nicht leicht werden würde. Vielleicht segelten ja die Skylords in ihrer erhabenen Lässigkeit schon auf sie zu. Schließlich waren diese Geschöpfe immer noch langsamer als Licht.
Am Nachmittag versorgte sie ihre Blessuren mit Salbe und befahl der Fitnesseinheit, für ein einstündiges Workout zu extrudieren. Danach legte sie sich bei leiser Hintergrundmusik schlafen und empfand kein bisschen Verärgerung über den Skylord. Und nur einen winzigen Anflug von Klaustrophobie. Vielleicht war es aber auch Agoraphobie. Würde der Umstand, völlig allein in einem ganzen Universum zu sein, ein Gefühl von Beengtheit auslösen oder eines von Verlorenheit und Einsamkeit angesichts der bis in die Endlosigkeit ziehenden Horizonte?
Am nächsten Morgen vertilgte sie ein einfaches Frühstück aus Eiern und Toast. Der (federleichte) Plastikbecher, der ihren frisch gepressten Orangensaft enthielt, schwebte von der Kücheneinheit durch die Kabine und schmiegte sich in ihre geöffnete (körperliche) Hand.
»Ja!«
Banditen und Ranalee, nehmt euch in acht! Ein neues, toughes Mädchen ist in der Stadt.
Zwei Tage später war jeder Nebelflecken gründlich analysiert. Justine musste der Tatsache ins Auge sehen: Sie hatte sich vollkommen verirrt.
Sie nahm eine komplette Prüfung der Schiffsmöglichkeiten vor. Der direkte Massekonverter konnte sie nahezu unbegrenzt mit Energie versorgen. Ihre kleinen Level-sieben-Replikatoren waren in der Lage, die meisten der Schiffskomponenten zu reproduzieren, die wenigen Bots an Bord dazu imstande, selbst schwierigere Wartungsarbeiten durchzuführen. Und das Beste, oder Schlimmste, von allem: Das medizinische Kabinett vermochte sie für mehr als ein Jahrhundert in Stase zu halten, ohne dass ihr gegenwärtiger Körper ernsthaften Schaden dabei nahm. Darüber hinaus konnte es einen Klon heranwachsen lassen und ihre gespeicherten Erinnerungen downloaden, falls alle Stricke rissen.
Alles in allem eine ziemlich beschissene Art, sich die Zeit in der Unsterblichkeit zu vertreiben.
Allerdings hatte der Smartcore ein paar beunruhigende Unregelmäßigkeiten zu vermelden; nicht alles an Bord funktionierte zu jeder Zeit völlig perfekt. Sie konnte nicht erklärbare Störungen in den
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