Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
Sir.«
Rasch wurde ein Trupp von über fünfzig Konstablern zusammengestellt, mit Edeard an der Spitze. Sodann führte er sie in die Mislore Avenue. Als die Menge ihn kommen sah, drehten sich die Leute um und nahmen Reißaus. Ein Hagel von Geschossen wollte auf die anrückenden Konstabler einprasseln. Edeard schlug sie alle beiseite. Als er in die erste Seitengasse blickte, konnte er direkt in die Zulmal Street sehen; dort waren der Tumult und die Plündereien noch viel schlimmer. Weiter oben an der Mislore Avenue fiel die Menge über eine weitere Reihe von Geschäften her.
»Du bist daran schuld!«, schrie eine Frau ihn an. Sie war aus einem zersplitterten Türdurchgang gestürmt. Ihr langes gelbes Kleid war blutverschmiert. Sie umklammerte ein langes Messer, mit dem sie wild in der Luft herumfuchtelte. »Du, Waterwalker, du hast uns ruiniert. Zweihundert Jahre hat meine Familie hier gewohnt, zweihundert Jahre hat unser Geschäft floriert, jetzt ist alles dahin. Verrotte im Honious, du Lump!«
Edeard stoppte seinen Vormarsch auf die Mislore Avenue. Das Einzige, was er damit erreichte, war den Mob in Bezirke zurückzudrängen, die noch unversehrt waren, und ihm so nur noch weitere Ziele zu bieten. »Die Herrin stehe mir bei«, murmelte er.
Drei weitere Sergeanten meldeten beginnende Krawalle. Drei Bereiche von Sampalok waren nun in Chaos gestürzt.
»Hier gibt’s Ärger«, meldete Dinlay über Longtalk. Edeard hörte ihm an, dass er versuchte, nicht in Panik zu verfallen.
»Zurück zur Promenade!«, befahl er seinem Einsatztrupp.
Als er dort eintraf, sah er, dass die Randalierer in der Zulmal Street inzwischen mutiger geworden waren. Sie schwappten bereits auf die Promenade hinaus und hielten auf die Konstabler zu, die die Brücke nach Bellis sicherten. Hinter ihnen griffen die Plündereien immer weiter um sich. Kampflärm drang aus den belagerten Geschäften, in denen die Besitzer ihre Lebensgrundlage zu schützen versuchten. Er sah Knüppel, die brutal geschwungen wurden. Dritte Hände, die aufeinanderprallten. Dann wurden seine schlimmsten Befürchtungen wahr: Ein Pistolenschuss peitschte durch die Luft.
Jedermann auf der Promenade erstarrte, versuchte auszumachen, von wo der Schuss gekommen war. Aus dem Augenwinkel heraus sah Edeard Kanseen fallen. Sie hatte in der vordersten Linie der Konstabler gestanden (was sonst); jetzt kauerte sie auf den Knien und presste sich die Hände auf die Brust. Das Atmen fiel ihr offensichtlich schwer.
»Kanseen!«, schrie Macsen. Achtlos stieß er die schweigend dastehenden Konstabler zur Seite und kämpfte sich zu ihr nach vorn. Behutsam nahm er sie in seine Arme.
»Schon gut«, keuchte sie. »Ich bin in Ordnung. Herrin! Nie wieder werde ich mich über die Dro-Seidenwesten beschweren.« Sie rieb sich ihre Brust dort, wo sie die Kugel getroffen hatte. Macsen stieß ein erleichtertes Schluchzen aus und küsste sie.
Wutentbrannt stapfte Edeard auf den leeren Streifen zwischen den Konstablern und den Randalierern hinaus. Die am nächsten stehenden Mitglieder der Meute wichen zurück.
»Macht dem ein Ende!«, brüllte er donnernd. »Geht wieder nach Hause. Das Spektakel ist vorbei.«
Einen Moment lang hielt die Stille an. Dann rief jemand, der nicht zu sehen war: »Scheiß auf den Waterwalker!«
Zwei weitere Pistolenschüsse krachten. Edeard war darauf vorbereitet. Ein paar Meter vor ihm blieben die Kugeln in der Luft hängen. Er war schon im Begriff, sie ihnen großspurig zu präsentieren. Den Randalierern zu demonstrieren, dass er unbesiegbar war, dass ihre kleine Rebellion nun vorbei war. Doch die Schüsse waren nur das Signal zu neuerlichem Gejohle.
»Einer von meinen Leuten hat die Schüsse abgefeuert«, informierte Argian Edeard über direkten Longtalk.
Edeards Blick schnellte zum Dach des Gebäudes am Anfang der Zulmal Street hinauf. Zwischen der Fülle von blühenden Kletterpflanzen hockte Argian in geduckter Stellung. »Wer? Wo?«, fragte Edeard.
»Junlie. Er ist bereits auf dem Rückzug.«
Ein neuerlicher Hagel von Wurfgeschossen setzte ein.
»Na schön«, knurrte Edeard in Richtung der Krawallmacher. »Ich hab euch gewarnt.«
Die in vorderster Front gerieten ins Wanken, ihre höhnischen Rufe und Beschimpfungen verebbten, als sie seine Entschlossenheit sahen.
Edeards Umhang bauschte sich auf, gab seinen Armen ausreichend Spiel. In einer weit ausholenden Bewegung hob er sie und schloss die Augen. Konzentrierte sich fest. Er hatte von seinen vollen
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