Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
neu verbundenen Paares als künftige Distriktmeister von Sampalok zu akzeptieren.«
»Edeard!«, zischte Kanseen wütend.
Der Waterwalker machte eine Handbewegung, und der Boden neben dem Haufen kostspieliger Trümmer verflüssigte sich. Alles, was von Bises untergegangener Residenz noch übrig geblieben war, wurde mit einem rauen Gurgeln unter die Oberfläche hinabgesaugt. Wie ein Mann zog die Menge scharf die Luft ein.
»Geht in die Mitte«, sagte Edeard ruhig, nachdem die Stadtsubstanz sich wieder gefestigt hatte.
Macsen nahm seine Gattin bei der Hand und zog sie mit sich auf die große, freie Fläche. Beide strahlten Angst aus, als ihre durchnässten Stiefel auf den Boden platschten, unter den Augen von mehr als tausend Menschen auf dem Platz sowie unzähligen Fernblicken.
»Der neue Meister und die neue Meisterin von Sampalok«, verkündete Edeard. »Und ihr neues Haus.«
Um Macsen und Kanseen herum begann sich die Oberfläche des Bodens zu kräuseln. Erschrocken wollte die junge Braut beiseitespringen, doch Macsen schloss sie fest in seine Arme – was ihm mehr als nur ein bisschen Bewunderung der Zuschauer eintrug.
Sechs lange, dunkle Linien verfestigten sich um sie herum, als würde irgendein unsichtbarer Architekt ein riesiges Hexagon auf die Fläche zeichnen. Kleinere Linien pflanzten sich in seinem Inneren fort, die Umrisse verschiedener Räume und Kreuzgänge entstanden. Dann begannen sich sämtliche Linien zu Mauern aufzutürmen. Eine glücklich strahlende Kanseen schaute über den leeren Raum hinweg auf Edeard. »Wie lange wird das hier dauern?«
»Eine Weile. Es geht immer schneller, Dinge einzureißen, als sie hinterher wieder neu aufzubauen.«
»Was heißt das? Eine Woche?«
Mit skeptischem Blick betrachtete Edeard die winzigen Aufwölbungen. Nach fünf Minuten waren sie beinahe fünf Zentimeter hoch.
Unter ihnen reorganisierte die Stadt schwerfällig ihr weitläufiges, kompliziertes Netz von Kanälen und Schächten, um die neue Konstruktion, die er eilig entworfen hatte, zu nähren und zu versorgen. Ein Gebäude mit vernünftigen Treppen. Endlich!
»Vielleicht sollte ich euch besser ein Zelt zum Hochzeitsgeschenk machen.«
Justine: Jahr drei
Man konnte in Suspension nicht träumen. Das wusste jeder. Und doch …
So klar und deutlich erinnerte sich Justine an jene beiden wundersam faulen Tage mit Kazimir zurück. Es war die wohl phantastischste zum Scheitern verdammte Liebesaffäre gewesen, die das Universum jemals erlebt hatte.
Damals hatte sie Urlaub auf Far Away gemacht – ein verwöhntes reiches Mädchen, das seine letzte Rejuvenation auf dem seinerzeit als extravaganteste Welt des Commonwealth geltenden Planeten feiern wollte. Den großen Abschluss hatte ein Hypergliderflug über den Mount Herculaneum gebildet. Es war ein irrsinniger Kick und Nervenkitzel gewesen. Der phänomenal gewaltige Sturm hatte das winzige Flugzeug auf eine Geschwindigkeit getrieben, die hoch genug war, um es aus der Atmosphäre schnellen und in einer großen Kurve über den Gipfel des gigantischen Vulkans hinweggleiten zu lassen. Trotz aller berechtigten Zweifel hatte sie es geschafft und war auf einer kleinen Lichtung auf der anderen Seite zur Landung heruntergeschwebt.
Glück, Zufall, Schicksal oder ein besonders niederträchtiger Gott hatten, als der Hyperglider schlingernd und holpernd zum Stehen kam, Kazimir auf der Lichtung platziert. Er war siebzehn und in die Guardians of Selfhood hineingeboren, die Bradley Johansson aufgebaut hatte, um die Menschheit vor dem Starflyer zu schützen. Und so hatte seine Erziehung ihn zu jemandem gemacht, der seiner Sache ganz und gar treu ergeben und doch völlig arglos war gegenüber dem Universum in seiner Gesamtheit. Insofern hatte er zu keinem Zeitpunkt auch nur die geringste Chance gegen eine Frau gehabt, die gute zweihundert Jahre älter war als er und deren neuer jugendlicher Körper nur so sprudelte vor adoleszenten Hormonen. Nicht, dass er viel Widerstand geleistet hätte.
Die Bergungsmannschaft des Touristikunternehmens brauchte ganze zwei Tage, um den Herculaneum zu umfahren und alle Glider-Piloten wieder einzusammeln. Zwei Tage, die sie und Kazimir damit verbrachten, sich an den Gourmetspeisen aus den Vorräten des Gliders gütlich zu tun und zu schlafen und zu reden und es miteinander zu treiben. Zwei Tage nur sie und er, allein.
Dann war sie in ihre Welt zurückgekehrt und er in seine. Alles, was ihr geblieben war, war die süßeste
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