Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
Denkroutinen, perfekt angepasst an sein Leben und seinen Zweck. Wieso sollte es meine Beweggründe und meine Probleme verstehen?
»Ich spüre deinen Kummer«, sagte der Skylord. »Wenn du bereit bist, geleitet zu werden, werde ich dich geleiten. Wisse dies und hoffe.«
An den Mustern, die in den kristallinen, verschlungenen Schleiern des Skylords schimmerten, veränderte sich etwas. Er entfernte sich, zog sich mit unglaublicher Geschwindigkeit davon. Binnen Sekunden war er von den Sensoren der Silverbird verschwunden.
»Mein lieber Schwan«, murmelte Justine. Die Blicke des Zweiten Träumers auf Skylords hatten sie stets bedächtig dahinschwebend gezeigt. Diese Beschleunigung dagegen, derer sie soeben Zeuge geworden war, dürfte dicht an fünfhundert G gelegen haben. Falls es Beschleunigung war. Das hier ist ein ziemlich eigenartiger Ort.
Die nächsten paar Stunden verbrachte sie damit, wieder und wieder ihr Gespräch durchzugehen. Am Ende sah sie ein, dass gar nichts anderes dabei hatte herauskommen können. Der Skylord besaß einfach nicht die Psychologie, um ihr zu helfen, das Herz zu erreichen. Er war zu fremdartig.
Trotz seiner Größe und seiner Befähigung war sie nicht zu hundert Prozent sicher, ob er sich als vernunftbegabtes Wesen einordnen ließ. Die meisten Intelligenzen besaßen die Fähigkeit zu lernen und logisch zu denken – diese Wesen hingegen schienen völlig außerstande, irgendetwas außerhalb ihrer ursprünglichen Parameter zu interpretieren.
Nicht, dass diese Analyse ihr weiterhalf.
Als sie das Raumschiffslog durchsah, war sie angenehm überrascht, wie funktionstüchtig die Silverbird geblieben war. Aus irgendeinem Grund hatte es nur minimale kleine Störungen gegeben, während sie in Suspension gewesen war. Jetzt musste sie nur noch entscheiden, was sie als Nächstes tun wollte.
In einem Lichtjahr Entfernung konnten die visuellen Sensoren gerade noch eine Art Akkretionsscheibe ausmachen, die um den Stern, auf den sie zuflog, rotierte. Mit wachsender Betroffenheit betrachtete sie die dürftige Bildwiedergabe. Kein Stern, dessen Planeten erst dabei waren, sich zu formen, würde eine bewohnbare Welt für sie bereithalten, auf der sie sich würde einrichten können. Zumindest nicht draußen im realen Universum.
Während sie sich eine weitere Gourmetmahlzeit einverleibte, bestehend aus in Toblariswein gegarten Lammschenkeln an Kräuterröstis, und sich anschließend mit Pralinen vollstopfte, grübelte sie über das Problem nach. Sie war jetzt schon so weit gekommen, und es würde nur eineinhalb weitere Jahre in Suspension bedeuten. Sie besaß nach wie vor nicht genug Informationen, um eine Entscheidung zu treffen, irgendeine Entscheidung. Den Stern flog sie einfach nur als beruhigende Maßnahme an. Das brauchte sie jetzt mehr denn je. Nicht eine einzige planetare Spezies in diesem ganzen Universum!
Die Silverbird begann wieder auf Punkt sieben Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, als die Abdeckung der Medikammer sich über ihr schloss.
5
Es war ein ganz gewöhnliches Haus in einer ganz gewöhnlichen Straße. Jedenfalls soweit es Ganthia betraf. Ein Planet, der bald nach seiner Besiedlung Higher geworden war; seine diversen politischen Komitees hatten rasch auf eine zukunftsfähige, organische Bauweise gesetzt. Die heimische Flora kam diesem Konzept in hohem Maße entgegen. Die Bäume in den gemäßigten Klimazonen bestanden aus Harthölzern mit einer inneren Wabenstruktur. Ein paar genetische Optimierungen machten sie recht brauchbar für kreative Umformung. Wie das Aircoral, das während der ersten Commonwealth-Ära entwickelt worden war, konnten Ganthias modifizierte Bäume über Stützwerke geleitet werden, um hohle, bauchige Kammern auszubilden. Und besser noch, sie waren leicht zu veredeln. Während also ein einzelner Baum einen Raum schuf, entstand ein ganzes Haus durch die Verschmelzung vieler.
Navy-Captain a.D. Donald Chatfield lebte im Zentrum dessen, was aus der Luft gesehen einem ziemlich großen Wald ähnelte. Tatsächlich handelte es sich um Persain City, das sich über die Flanke mehrerer Berge gleich hinter der Küste erstreckte.
Zwölf Bäume boten Chatfield fünf Erdgeschosszimmer, aus deren gewölbten Wänden verkrüppelte Äste mit perlmuttfarbenen Blättern sprossen. Fünf lange Stämme wuchsen durch die Lücken zwischen den unteren Räumen empor, bevor sie sich zu einer zweiten Etage mit kleineren Zimmern ausbauchten; ein jedes bedeckt mit kupferfarbenen
Weitere Kostenlose Bücher