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Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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immer deutlicher bewusst, dass ich mich ernsthaft in ihn verliebte.
    Als ich fünfzehn geworden war, begann er, mir die Hand zu küssen. Mit mir in der Klamm spazieren zu gehen. Mit mir zu reden wie mit einer Erwachsenen. Mit sechzehn schenkte ich ihm mein Herz und machte den ersten Schritt, indem ich ihn auf die Lippen küsste, als wir lachend und tanzend in der Sonne herumliefen.
    Grieve drängte mich nie. Doch mit diesem ersten Kuss, mit seinen Lippen auf meinen, stieg in mir eine so gewaltige Sehnsucht auf, dass sie mich zu zerreißen drohte, und ich brach weinend zusammen, weil ich nur noch bei ihm bleiben wollte, um ihn zu lieben und niemals mehr zu verlassen.
    Und nun war ich siebzehn und wieder zu Hause. Ich flüsterte ihm Worte zu, neckte ihn, gab mich ihm hin.
    »Du darfst mich nicht mehr verlassen«, sagte er, spielte mit meinen Fingern und küsste jede Spitze einzeln. »Ich liebe dich. Ich habe darauf gewartet, dass du dich erinnerst.«
    Ich starrte ihn an. Ich hatte Angst, die drei Worte auszusprechen, Angst davor, wie weitreichend sie mich binden würden. Dennoch fragte ich mich unwillkürlich, wie es wohl wäre, Prinzessin in seiner Welt und für immer mit ihm zusammen zu sein.
    »Erinnern? An was soll ich mich erinnern?«
    Sein Blick unter den halbgeschlossenen Lidern suchte mein Gesicht. »Oh, meine Süße. Wenn du nachfragen musst, dann … ach, vergiss es einfach. Es spielt keine Rolle. Aber wirst du nun bei mir bleiben? Ich muss dich beschützen. Dich von der Straße zurückholen. Du gehörst hierher, ich fühle es. Der Goldene Wald ist dein Zuhause. Deine Cousine und deine Tante sind hier. Und du gehörst an meine Seite.« Er legte sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinterm Kopf, als die Sonne durch die Wolken drang und sein Gesicht erhellte.
    Er war atemberaubend, mein Prinz. Seine Augen waren so blau, dass sie den Morgenhimmel spiegelten, sein Haar war seidig wie gesponnenes Platin und seine Haut olivfarben. Er sah gerade eben noch menschlich aus, doch seine Aura war die von Sommeräpfeln und warmem Heu, von langen Nächten unter den Sternen und durchzogen vom schweren Duft blühender Rosen. Wieder staunte ich über die Verbindung, die zwischen mir und diesem Feenprinz bestand. Sie war wie ein breiter, träger Fluss, der leise grollend unter der Erdoberfläche dahinströmte.
    Ich beugte mich herab und strich träge mit den Lippen über seine. »Du bist der unglaublichste Mann, der mir je begegnet ist.«
    Er nahm die Hände vom Kopf und strich mir leicht über die Schultern. »Cicely …« Seine Stimme klang heiser. »Cicely, du bist wie wilder Honigwein. Ich kann nicht genug von dir bekommen. Du warst so süß, als du noch Kind warst, aber jetzt … jetzt bist du eine Frau und meine Leidenschaft und mein Traum. Ich wünschte, du könntest dich erinnern …«
    »An was denn, Geliebter?« Ich schmiegte mich an ihn, und er rollte mich herum, bis er über mir war.
    »Ich kann es dir nicht sagen – ich darf nicht. Aber eines Tages weißt du, was hinter unserer Verbindung steckt, und dann wirst du für immer mein sein.« Ein Schatten huschte über seine Miene, und er fügte flüsternd hinzu: »Vielleicht wirst du mich aber auch verlassen.«
    »Niemals! Ich werde dich niemals gehen lassen. Ich liebe dich, Grieve.« Ich sprang auf, als die Worte aus mir herausplatzten, die ich schon seit drei Jahren sagen wollte, doch bisher war ich zu jung gewesen und zu ängstlich. Sogar jetzt wusste ich, dass es zu früh war: Ich konnte meinem Herzen nicht folgen. Meine Mutter hatte noch zu viel Einfluss auf mein Leben, noch musste ich nach ihrer Pfeife tanzen.
    Aber für Grieve waren die Worte der magische Moment. Er zog mich fest in die Arme und musterte mein Gesicht. »Du liebst mich … wie sehr liebst du mich? Genug, um zu bleiben? Um mich jetzt zu heiraten?«
    Mir stockte der Atem. Heiraten? Die Aussicht schien strahlend und wunderschön. Und doch tauchte das Bild meiner Mutter vor meinem inneren Auge auf.
    Krystal, zugedröhnt mit Heroin oder Crack. Mit allem, was sie in die Finger bekam. Krystal, deren dunkle Augen vor Furcht geweitet waren, die vergessen wollte, wer sie war. Ich sorgte dafür, dass wir am Leben blieben – das hatte ich schon als kleines Kind getan. Ich hatte gelernt, wie man überlebte, hatte mich von Drogen und Bars ferngehalten. Ich klaute Brieftaschen, stahl aus Läden und bettelte, wenn nötig. Zusammen mit meinem Windelementar Ulean gelang es mir immer, den Cops,

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