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Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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und zerrte mich in einen Kreis aus Salz und Kräutern, den sie im Wohnzimmer vorbereitet hatte. In der Mitte ließ sie mich fallen, trat aus dem Kreis und flüsterte ein paar Worte.
    Ich zwang mich auf Hände und Knie und kroch auf den Rand des Kreises zu, schaffte es jedoch nicht, die Barriere zu überwinden. Also versuchte ich, das Salz zu verwischen, aber meine Hand griff in ein unsichtbares Kraftfeld, das mich daran hinderte.
    »Du kannst ebenso gut aufhören, es zu versuchen«, sagte Anadey, die auf mich herabblickte. »Die Wirkung des Tranks, den ich dir gegeben habe, hält über die Dauer des Rituals an. Es tut mir leid, Cicely, aber ich kann nicht zulassen, dass mein elender Ex herkommt und sich meine Tochter holt. Er hat es schon einmal versucht, musst du wissen. Er hat versucht, sie zu entführen, als sie noch klein war, aber das konnte ich verhindern. Noch heute sieht man die Narbe, die ich ihm mit einem Blitzschlag zugefügt habe. Jetzt jedoch hat er mächtige Verbündete, und man hat mich vor die Wahl gestellt.«
    Es kostete mich Kraft, in ihr Gesicht zu sehen, doch als es mir gelang, erkannte ich nackte Angst darin. »Anadey, was hast du vor? Willst du mich umbringen? Mich Myst ausliefern?«
    Sie hielt inne und riss die Augen auf. »Aber nein, Liebes, das darfst du nicht denken. Bitte – ich will dir doch nichts antun! Nein, ich werde das Ritual, über das wir gesprochen haben, durchführen – nur mit einem Zusatzeffekt. Ich nehme dir deine Liebe zu Grieve. Für immer.«
    Als sie wieder in den Kreis trat, versuchte ich, den Saum ihrer Robe zu fassen zu kriegen, um sie zu Fall zu bringen, aber ich scheiterte und schrie frustriert auf.
    »Das darfst du nicht tun. Du wirst uns beide umbringen!«
    »Unsinn«, erwiderte sie und kniete sich neben mich. Sie streckte meine Arme und Beine und fesselte mich an vier Pflöcke, die sie in den Boden gehämmert hatte. Anschließend begann sie mit einem Pinsel, den sie in rote Tinte getaucht hatte, meinen Körper zu bemalen. Drachenbluttinte. Ich schauderte, als die Borsten mich kitzelten.
    »Es ist wahr, Anadey. Bitte glaub mir. Rede mit Chatter …«
    »Er hat sich das nur ausgedacht. Er vermisst seinen Freund. Nein, wir werden das hier durchführen, und dann seid du und deine Cousine in Sicherheit, genau wie Peyton. Was ich tue, ist für uns alle das Beste.«
    »Was wirst du mit mir anstellen?«, wisperte ich. Meine Stimme wurde immer schwächer. »Weiß Peyton, was du vorhast?«
    »Nein, das weiß sie nicht, und ich tue, was man mir gesagt hat. Nur auf diese Art kann ich dafür sorgen, dass meine Tochter Rex nicht in die Hände fällt. Du musst mir vertrauen, Cicely, bitte vertrau mir. Ich werde dir nichts tun, das verspreche ich dir. Ich würde dir niemals etwas antun.«
    Doch noch während sie fortfuhr, meine Haut mit Symbolen zu überziehen, ahnte ich, dass das, was sie tat, mir mehr weh tun würde als jede Tracht Prügel, die man mir verabreichen konnte.
    Ulean, Ulean, bitte hilf mir. Kannst du mir bitte helfen?
    Aber es kam keine Antwort. Ulean konnte mich nicht hören – oder ich sie nicht.
    »Nur noch ein wenig, und dann fange ich an.« Schließlich erhob Anadey sich, betrachtete ihr Werk und nickte. »Fertig.«
    Als sie aus dem Zirkel trat, spürte ich einen Energieschub um mich herum, und zum ersten Mal seit langer, langer Zeit fühlte ich mich isoliert. Hier war niemand, der mir helfen würde. Ich konzentrierte mich auf meinen Wolf, rief nach Grieve, aber ich konnte ihn nirgendwo spüren. Allein. Ich bin wirklich allein.
    Anadey machte eine Wellenbewegung mit den Händen, während sie langsam den Zirkel zu umkreisen begann. Ein bläulicher Dunst entwich ihren Fingern, driftete träge zu mir in den Kreis und füllte meine Lungen mit dem Duft von Meereswellen und salzigem Wasser.

Wasser zu Wasser, Flut zu Flut,
sei dies der Jahrtausendliebe Tod.

    Erneut durchströmte mich ein heftiger Energieschub, und ich atmete Wasser, würgte und spuckte, als es durch meinen Körper schoss, mich reinigte und auswusch und in jeden Winkel, durch jede Nerven- und Blutbahn drang. Ich begann zu weinen, als das Salzwasser Gefühle und Gedanken löste, die auf dem alles mit sich reißendem Strom tanzten.
    »Anadey, hör auf. Du stiehlst mir meine Erinnerungen!« Ich wollte schreien, aber meine Worte waren nur Luftblasen in der Flut, die alles auszufüllen schien.
    Anadey kehrte an den Ausgangspunkt zurück, um die zweite Runde zu beginnen.

Erde zu Erde, Stein zu

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