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Das Dunkle

Das Dunkle

Titel: Das Dunkle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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konnte es einen verstümmeln oder taub machen oder erblinden lassen oder einfach verrückt machen.
    Melissa fand nicht, dass einen irgendeine dieser Möglichkeiten stärker machte. Vielleicht hatte der Typ in dem Klo trotzdem nicht ganz unrecht. Wenn man nicht starb, also von all den Jahren Gedankenlärm an der Bixby Highschool nicht ausgelöscht wurde, zahlte sich das womöglich aus. Das Chaos in der Cafeteria auszuhalten, statt dagegen anzukämpfen, hatte ihren Kopf klarer werden lassen, und Melissa musste zugeben, dass sie sich ein bisschen stärker fühlte.
    Während sie liefen, schmeckte sie ein leichtes nervöses Flackern in Rex’ Seele.
    „Entspann dich, Loverboy. Seit wann hast du ein Problem mit einem Geschichtstest?“
    „Der Test ist mir egal“, sagte er. „Viel mehr Sorgen bereitet mir, ob wir rechtzeitig herausfinden, was abgeht.“
    „Rechtzeitig wofür?“
    „Wir haben bei Constanza ein Chaos hinterlassen. Ich habe den ganzen Tag Gerüchte darüber gehört. Die Grayfoots müssen wissen, dass wir jetzt an ihnen dran sind. Sie werden bald gegen einen von uns etwas unternehmen.“
    „Kann sein“, sagte sie. „Deshalb durchsuchen wir Constanzas Haus, wie du gesagt hast.“
    Er blieb stehen und sah sie an. „Du hast zugehört?“

    Sie lächelte. „Ich höre immer zu. Oder versuche es wenigstens.
    Wie schwierig kann es sein, herauszufinden, was sie vorhaben?“
    Rex seufzte. „Sehr. Wir wissen nicht, wonach wir suchen, und die Grayfoots haben vielleicht schon sämtliche Beweise in Bixby beseitigt. Wenn wir am Freitag nichts finden, dann bleibt uns nur noch der Weg nach Broken Arrow, wo wir nicht von der geheimen Stunde geschützt werden. Und solange sich Jessicas Eltern so benehmen, können wir sie in der echten Zeit nirgendwohin mitnehmen.“
    „Wir könnten sie ändern, Rex.“
    Er schüttelte den Kopf. „Mit solchen Sachen haben wir genug angestellt.“
    Melissa schmeckte den sauren Geschmack von Rex’ gärender Schuld – einem perfekten Beispiel, wie etwas, das einen nicht umbringt, einen sehr, sehr nachhaltig entmutigen kann.
    „Okay, wie auch immer. Vielleicht kann Dess helfen. Ihr letztes Projekt ist anscheinend ausgelaufen. In ihrem Hirn hat sich heute nicht viel abgespielt außer Selbstgefälligkeit. Sicher sucht sie nach etwas Neuem, in das sie sich verbeißen kann. Wir können ihr zeigen, was wir in Angies Hirn gefunden haben.“
    „Stimmt … Aber was ist, wenn du …?“
    Sie spürte es wieder in ihm, das gleiche eklige Gefühl, das letzte Nacht vor dem Zusammenstoß in ihm aufgeflackert war, besitzergreifend und verärgert.
    Sie wurde langsamer, als das Gefühl sie überwältigte, und hielt sich mit einer Hand den Kopf. „Rex, reg dich ab.“ Leute drängelten an ihnen vorbei, quälten sie mit ihren rempelnden Schultern, als sie empfindlich zusammenzuckte.
    „Entschuldigung.“ Er zog sie aus dem Gedränge und lehnte sie an die Wand.
    Sie schlug ihre Augen auf und atmete schwer. „Als ob ich auch nur daran gedacht hätte, so was zu tun.“ Bei dem Gedanken, Dess’ schwirrende kleine Berechnungen könnten in ihre Gedanken eindringen, wurde Melissa schlecht.
    Rex stand aber einfach nur da und biss sich so fest auf die Lippe, dass sie es spürte. „Und wenn das der einzige Weg ist, um ihr zu zeigen, was du aus Angies Gehirn bekommen hast?“, fragte er.
    Melissa sank vor den Schränken zusammen und sehnte sich danach, dass er mit seiner Besessenheit endlich aufhören würde.
    In seinem Hirn kreiste der Gedanke in gut eingefahrenen Gleisen, wie bei jemandem, der die Nacht damit zugebracht hatte, sich eine einzige Formel zu merken. Sie konzentrierte sich auf den harten Druck des Zahlenschlosses in ihrem Rücken.
    „Nicht nur die Bilder“, fuhr Rex fort, „sondern das Zeug, mit dem Dess etwas anfangen kann. Ich kann mir all diese Zahlen nicht merken. Das meiste sind mathematische Symbole, von denen ich noch nicht einmal weiß, wie sie heißen. Es könnte sein, dass du sie berühren musst, um …“
    „Hör auf!“, schrie sie. Seine Gefühle hatten sich um ihre Einweide gewickelt, als ob eine Boa constrictor in sie hineingekrochen wäre und angefangen hätte zuzudrücken. Melissa bekam kaum mehr Luft, der Gedankenlärm seiner Eifersucht wütete wie die Cafeteria, genauso eindringlich, nur viel, viel persönlicher.
    Sie würgte bei dem Geschmack, und die Welt verschwand für einen Augenblick.
    Und sie sah, was in Rex’ Seele vergraben lag, so tief, dass er es selbst kaum

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