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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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zweifeln. Fast schämte ich mich, meinen Kleinwagen dort abzustellen und, den Koffer hinter mir herschleppend, das Schloss zu betreten. Niemand war an der Rezeption, eine Ahnengalerie starrte auf mich nieder, daneben ausgestopfte Hirschköpfe mit mächtigen Geweihen. Ich wagte nicht zu rufen, und eine Klingel gab es nicht.
    Ein Herr im Nadelstreif durchquerte die Halle, er hielt einen International Herald Tribune unterm Arm.
    »Kümmert man sich nicht um Sie?«, fragte er freundlich und wandte sich zum Korridor. »Etienne!«
    Wie aus dem Boden gestampft stand ein Typ in Livree vor mir, er trug das Schlosswappen am Aufschlag. Ein Zimmer war verfügbar, es kostete mehr, als ich befürchtet hatte. Ich ließ mir den Schock nicht anmerken und checkte ein. Etienne kam nicht auf die Idee, mein Gepäck zu tragen, auch sonst zeigte sich kein Angestellter. Ich bekam einen kiloschweren Schlüssel mit Anhänger ausgehändigt und machte mich auf den Weg nach oben. Kein Fahrstuhl beeinträchtigte die historische Architektur, dafür wurde das Treppenhaus ab dem zweiten Stock so schmal, dass ich mit dem Koffer gegen die Wand schrammte. Schweißgebadet erreichte ich die Tür mit der Nummer 13. Ich hatte angenommen, aufgrund international anerkannten Aberglaubens gebe es in keinem Hotel eine Nummer 13. In diesem Schloss war man offenbar nicht abergläubisch.
    Das Zimmer war beinahe rund und so winzig, dass jeder, der am Bett vorbeiwollte, dicht an der Wand lang musste. Ich war in einem der Türmchen einquartiert worden, es gefiel mir auf Anhieb. Genau wie das Bad, bei dem zwischen Kloschüssel und Duschkabine nur ein paar Zentimeter Platz waren. Im Bewusstsein, dass ein Abendessen hier ähnlich teuer sein würde wie die Übernachtung, duschte ich, zog mein bestes Kleid an und summte vor mich hin.
    Es klopfte. Ich kannte die Gepflogenheiten in einem Schlosshotel nicht. Wurde man hier persönlich benachrichtigt, dass das Diner angerichtet sei? Ich öffnete in amüsierter Erwartung.
    »Ich muss dich warnen, ich muss dich unbedingt warnen! Wenn du mir diesmal nicht zuhörst, könnte es schlimm für dich enden.«
    Vor der Tür stand David. Er sah aus, als hätte er sich auf allen vieren durch den Wald bewegt. Das nasse Haar hing ihm ins Ge sicht, die Schuhe waren dreckverschmiert, der Regenmantel hatte einen Riss. Für den Augenblick vergaß ich, dass er und ich geschiedene Leute waren, und ließ ihn sprachlos ein. Im nächsten Moment begriff ich, dass meine geschickt eingefädelte Reise umsonst gewesen war. Mühelos hatte David, hatte die Familie mich aufgespürt.
    »Wer hat dich geschickt?«
    »Hör auf.« Er schüttelte seinen Mantel aus. »Was immer ich sage, du glaubst mir ja doch nicht. Also spar dir dein Misstrauen und hör nur zu.«
    »Wie siehst du aus?« Seine Hose war bis zu den Knien voll Morast.
    »Ich habe meinen Wagen im Nachbarort abgestellt und wollte zu Fuß kommen.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe mich verlaufen.«
    »Wieso parkst du nicht vor dem Schloss?«
    »Weil sie nicht wissen dürfen, dass ich hier bin!« Mit irrsinnigem Gesichtsausdruck beugte er sich zu mir.
    »Wer sind si e ?«
    »Du weißt es.«
    »Die Familie?«
    Er nickte. »Ich glaube, du hast immer noch nicht begriffen, wen du dir zu Feinden gemacht hast.«
    Die Antwort traf mich so sehr, dass ich aufs Bett sank.
    »Diese Leute sind mittlerweile zu allem fähig!«
    »Warum? Warum nur?«
    »Weil du so stur bist!« David beugte sich über mich. »Weil du deine verdammte Suche nicht aufgibst. Diese Leute wollen nicht, dass du ihn findest. Niemand soll ihn finden. Gib auf, Tony, ich flehe dich an!«
    »Das bedeutet …« Langsam hob ich den Blick. »Dass ich richtig liege. Ich bin auf dem richtigen Weg, stimmt’s?«
    »Und wenn schon! Was bedeutet das? Sie wollen nicht, dass du dort ankommst.«
    Ich schwieg mehrere Sekunden, dann fragte ich: »Weiß Pascal Bescheid? Steckt er mit ihnen unter einer Decke?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Lügner.«
    »Was glaubst du denn, in welcher Position ich bin? Sie bezahlen mich. Ich kriege Geld dafür, dass ich ihnen verrate, wohin du dich aufmachst.«
    »Seit wann folgst du mir?«
    »Seit du nach Paris geflogen bist.«
    »Hast du nicht versprochen, du hörst auf damit, du lässt dich von der Familie nicht mehr herumkommandieren?«
    »Das wollte ich auch.« Er lächelte traurig. »Muss ich dir etwas vom Fluch der üblen Tat erzählen, die sich immer weiter fortschreibt? Sie haben mich in der Hand.«
    Ich hätte mir

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