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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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gepackt hatte, dass es wehtat, da hatte Janie gedacht, dass ihre Lage kaum schlimmer werden konnte. Dass Doris vor Wut fast platzte, hatte man ihr von weitem ansehen können. Janie hatte sich gewünscht, der Boden würde sich unter ihr auftun und ihr die Möglichkeit geben, irgendwohin zu verschwinden, wo sie nicht gefunden werden konnte.
    Aber Heim – das klang noch mal ganz anders. Dorthin wollte sie auf gar keinen Fall. In dem Haus, in dem sie wohnten, waren die drei Kinder der Familie unter ihnen ins Heim gekommen, weil ihr Vater immer betrunken war und ihre Mutter zweimal vom Balkon gesprungen war, um sich umzubringen, sich stattdessen aber nur so ziemlich jeden Knochen im Körper gebrochen hatte. Janie hatte die drei weggehen sehen, zusammen mit einer fremden Frau, die überhaupt nicht nett wirkte. Ihr waren Schauer über den Rücken gelaufen, und sie war nachts schreiend aus dem Schlaf aufgeschreckt, weil sie die Szene noch einmal geträumt hatte.
    Nein. Ein Heim war das Schlimmste.
    Sie fing wieder an zu weinen.
    Doris merkte endlich, dass ihre Zigarette nicht brannte, und zündete sie erneut an. Das tiefe Inhalieren schien sie ein wenig zu beruhigen. Sie musterte ihre Tochter, die wie ein Häufchen Elend im Sessel kauerte.
    »Also – wirst du mir nun sagen, was du dort zu suchen hattest? Eines dieser Traumhäuser, die sie dort im Schaufenster hatten, wolltest du ja wohl nicht ernsthaft kaufen, oder?«
    Janie schwieg. Die ganze Zeit über hatte sie gedacht: Wenn ich Mummie alles erzähle und erkläre, dann wird sie mich verstehen. Dann wird sie nicht böse sein, sondern mir vielleicht sogar helfen, den netten Mann zu suchen. Sie wird froh sein, dass er mir etwas so Schönes schenken will!
    Aber auf einmal war sie sich da gar nicht mehr so sicher. Mummie war so schrecklich böse.
    Doris kniff die Augen zusammen. »Weißt du, wenn du mir nicht sagst, was los ist, dann muss ich doch langsam befürchten, dass ich mit deiner Erziehung völlig überfordert bin. Und dann muss ich …«
    »Nein!« Janie blickte hoch. »Ich will nicht in ein Heim! Bitte, Mummie! Nicht!«
    »Dann sag mir, was los ist.« Doris warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Und zwar schnell. Ich muss ins Geschäft zurück.«
    »Es war wegen dem Mann«, flüsterte Janie.
    »Wegen welchem Mann?«, fragte Doris.
    »Wegen der Geburtstagsfeier …«
     
    Doris seufzte. »Ich verstehe nur Bahnhof. Welche Geburtstagsfeier? Deine?«
    »Ja. Ich wollte doch so gern eine Party mit meinen Freunden feiern.«
    »Ich weiß. Wir haben das ja hinlänglich diskutiert.«
    »Der Mann hat gesagt, er kann mir helfen.«
    »Wer ist denn dieser Mann?«
    »Ich weiß es eben nicht. Ich weiß nicht seinen Namen. Das ist ja das Schlimme. Und er kommt nicht mehr in den Schreibwarenladen, obwohl er erst gesagt hat, dass er jeden Montag dort ist. Wegen mir wollte er sogar am Samstag kommen und mir sein Haus zeigen, aber da hattest du diesen verdorbenen Magen und warst total krank, und ich konnte nicht weg. Ich glaube, er ist sauer auf mich, dabei konnte ich doch gar nichts dafür. Er ist an keinem Montag mehr gekommen, und nun habe ich gedacht, vielleicht kommt er an einem anderen Tag. Deshalb bin ich heute dorthin gegangen. Ich weiß, ich hätte nicht schwänzen dürfen, aber ich wollte doch so gern …«
    Doris starrte ihre Tochter aus weit aufgerissenen Augen an. Ihre Zigarette glühte vor sich hin, ohne dass sie noch einmal einen Zug genommen hätte.
    »Verstehe ich das richtig? Ein wildfremder Mann wollte dir helfen, eine Geburtstagsparty zu organisieren?«
    »Ja. Er sagt, er hat ein großes Haus und einen großen Garten, und er weiß, wie man tolle Kindergeburtstage feiert. Er wollte mir alles zeigen, und wir wollten zusammen überlegen, wie wir den Garten oder den Keller schmücken. Er sagte, ich kann so viele Kinder einladen, wie ich will. Deshalb habe ich ja dann auch die Karten gekauft.«
    Doris sank langsam auf das Sofa, das hinter ihr stand. Janie stellte erstaunt fest, dass ihre Mutter noch bleicher im Gesicht geworden war als zuvor.
    »Mein Gott«, flüsterte Doris.
    »Er ist wirklich nett, Mum«, sagte Janie.
    Eine lange Minute herrschte völliges Schweigen im Zimmer. Dann war die Zigarette bis auf Doris' Fingerkuppen heruntergebrannt. Doris schrie leise auf und warf die Kippe in den Aschenbecher auf dem Tisch.
    »Wo hat er dich angesprochen?«, fragte sie.
    »In dem Laden. Ich stand dort und schaute immer wieder die Einladungskarten an. Er fragte mich, ob

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