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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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schrie um Hilfe. Ihre Mutter war dabei, das ganze vertraute Leben der Familie aus den Gleisen zu kippen. Ein Schock für ein Kind.
    Virginia hatte sich abgewandt und war in den kleinen Park gegangen, der sich gleich neben dem Schulgelände befand. Ein paar Spaziergänger waren unterwegs, aber niemand achtete auf sie. Als die Tränen zu rinnen begannen, setzte sie ihre Sonnenbrille auf. Sie entdeckte eine Bank, die sich in einer Nische aus hohen Kirschlorbeerwänden befand; dort ließ sie sich nieder und weinte und weinte, aus Angst und aus Schuld, und als sie fertig war, wusste sie, dass sie trotz allem wieder genauso handeln würde, denn nach einem neuen Leben – dem Leben mit Nathan? – hatte sie so lange schon gesucht.
    Aber vorsichtiger, dachte sie, vorsichtiger und behutsamer hätte ich das alles angehen sollen.
    Sie lief noch einmal zur Schule zurück, die jetzt sehr still in der Sonne lag. Der Nachmittagsunterricht hatte begonnen. Aus einigen der geöffneten Fenster konnte man Stimmen hören, von irgendwoher wehten Klaviertöne herüber.
    Aber keine Antwort. Auch an diesem Ort fand Virginia keine Antwort über den Verbleib ihres Kindes. Keine Ahnung, kein plötzliches Gefühl, kein erwachender Instinkt, der ihr einen Hinweis gegeben hätte.
    Und doch meinte sie zu spüren, dass Kim nach ihr rief. Dass sie lebte und nach ihrer Mutter verlangte.
    Als sie ihren Wagen daheim in Ferndale vor dem Haus zum Stehen brachte, wurde die Haustür aufgerissen, und Frederic kam heraus. Er schien auf sie gewartet zu haben. Wahrscheinlich hatte er sich Sorgen gemacht. Sie war fast zweieinhalb Stunden fort gewesen.
    Sie wappnete sich innerlich gegen seine Vorwürfe und stieg aus dem Auto.
    »Frederic«, sagte sie.
    Zu ihrer Überraschung kam keine Attacke wegen ihres Verschwindens. Frederic war leichenblass im Gesicht, seine Augen plötzlich ganz dunkel, fast schwarz.
    »Kim«, sagte er.
    Das Zittern, das Virginias Knie erfasste, kam so jäh und unerwartet, dass sie zu stürzen drohte und Hilfe suchend nach Frederics Arm griff. Er hielt sie fest. Ihre Gesichter waren einander ganz nahe.
    »Was ist? Was ist mit ihr?« Virginia brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, dass die schrille Stimme, die diese Fragen schrie, ihre eigene war,
    »Da hat jemand angerufen«, sagte Frederic, »und gesagt, dass er Lösegeld für sie haben will.«
    »Lösegeld?«
    »Sie ist entführt worden«, sagte Frederic.
     
    6
     
    »Mit großer Wahrscheinlichkeit«, sagte Superintendent Baker, »handelt es sich um einen Trittbrettfahrer. Oder ganz schlicht um einen Scherzbold – wobei ich dieses Verhalten nicht herunterspielen möchte. Selbst wenn sich jemand nur einen dummen Spaß erlauben wollte, hat er sich natürlich strafbar gemacht. «
    »Ein Trittbrettfahrer hingegen …«, sagte Frederic.
    »Ein Trittbrettfahrer spielt das Spiel vielleicht noch eine ganze Weile weiter«, erklärte Baker, »möglicherweise bis hin zu einer Lösegeldübergabe. Was nicht heißt, dass er das Kind tatsächlich in seiner Gewalt hat. Er macht sich nur die Situation zunutze, um an Geld zu kommen. Er hört im Radio, dass ein kleines Mädchen vermisst wird, und …«
    »Der Name Quentin ist nicht gerade selten«, sagte Frederic, »weshalb würde er dann gerade bei uns anrufen?«
    Baker zuckte mit den Schultern. »Sie genießen eine gewisse Prominenz, Mr. Quentin. Als Bankier und noch mehr, seit Sie in der Politik tätig sind. Der Typ versucht es einfach, schon deshalb, weil man bei Ihnen davon ausgehen kann, dass Sie in der Lage wären, eine hohe Summe aufzubringen. Und Bingo !Er hat Glück. Es ist tatsächlich die Tochter des Bankiers und Politikers Frederic Quentin, die verschwunden ist. Das dürfte ihm anhand Ihrer Reaktion sofort klar geworden sein. Andernfalls hätte er einfach aufgelegt. Was hatte er zu verlieren?«
    »Aber Sie können nicht ausschließen, dass Kim tatsächlich entführt wurde«, sagte Virginia. Seit ihrer Rückkehr aus der Stadt saß sie in einem Lehnstuhl im Wohnzimmer und konnte nicht mehr aufstehen. Frederic hatte sie zu diesem Sessel geführt, ihr geholfen, sich zu setzen. Sie hatte sich unbeholfen, vorsichtig bewegt wie eine alte Frau. Noch nie zuvor im Leben war sie sich so hinfällig und schwach vorgekommen, so als sei plötzlich alle Kraft, alle Vitalität und Jugend, von ihr gewichen.
    Noch vor ihrer Rückkehr hatte Frederic Superintendent Baker angerufen, der schließlich mit zwei Beamten erschien. Sie installierten eine Fangschaltung

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