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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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um den Schock zu verarbeiten.« Er klang leise gereizt.
    »Wenn ich irgendwie helfen kann …«, bot Virginia an.
    »Das ist nett, sehr nett«, sagte Nathan, »ich wüßte jedoch nicht …« Er hob in einer hilflosen Geste beide Hände.
    »Nathan, wir können hier nicht einfach wohnen bleiben«, drängte Livia. »Mrs. O'Brian wird Geld dafür haben wollen, und …«
    »Das müssen wir vielleicht nicht gerade jetzt besprechen!«, fuhr er sie an. Virginia hatte plötzlich den Eindruck, dass sie störte. Seine desolate finanzielle Situation mochte Nathan sicher nicht vor einer Fremden offen legen.
    Sie erhob sich rasch. »Ich muss sowieso noch einiges erledigen. Livia, ich bringe Ihnen rasch die Kleider, dann bin ich weg.«
    Auf dem Weg hinaus zu ihrem Auto kam ihr ein Einfall. Zwar war sie nicht sicher, was Frederic davon halten würde – genau genommen war sie ziemlich sicher, dass er nichts davon halten würde –, aber sie beschloss, Frederic für den Moment beiseite zu schieben.
    Als sie in die Küche zurückkehrte, redete Nathan gerade schnell und, wie es Virginia schien, ungeduldig, ja fast aggressiv auf seine Frau ein. Da er jedoch deutsch sprach, konnte sie nicht verstehen, worum es ging.
    »Mir ist da gerade ein Gedanke gekommen«, sagte sie und tat so, als habe sie nichts von der gereizten Stimmung gemerkt. »Wissen Sie, mein Mann und ich reisen morgen ab. Nach Hause. Unser Haus drüben in Dunvegan steht dann leer. Warum wohnen Sie nicht dort, solange Sie hier bleiben und Ihre … Ihre Angelegenheiten regeln müssen?«
    »Das können wir nicht annehmen«, erwiderte Nathan, »und wir können tatsächlich nichts zahlen.«
    »Ich weiß. Aber Sie könnten sich im Gegenzug ein wenig um Haus und Garten kümmern. Wir finden es immer beruhigend, wenn jemand dort wohnt. Wirklich, wir fragen auch oft Freunde oder Bekannte, ob sie nicht ein bisschen Zeit hier oben verbringen möchten.«
    Er lächelte. »Das ist sehr freundlich, Mrs. Quentin. Aber Freunde und Bekannte sind etwas anderes. Wir sind Ihnen im Grunde wildfremd, gestrandete Schiffbrüchige … Fremde soll man nicht einlassen, das wissen Sie bestimmt.«
    Sie ging auf seinen scherzhaften Ton nicht ein. »Überlegen Sie es sich. Zumindest Ihre Frau, Mr. Moor, ist mir nicht fremd. Aber es ist natürlich allein Ihre Entscheidung.«
    Sie stellte die Tasche mit den Kleidungsstücken neben den Tisch.
    »Wie gesagt, morgen sind wir weg«, wiederholte sie. »Sie müssten nur vorher wegen des Schlüssels vorbeikommen.«
    Sie strich Livia über den Arm und nickte Nathan kurz zu, dann verließ sie die Küche. Sie hatte gesehen, dass Mrs. O'Brian draußen fertig war und auf das Haus zukam, und aus irgendeinem Grund hatte sie gerade keine Lust auf eine Begegnung. Vielleicht, weil sie sich plötzlich große Sorgen machte. Natürlich würden die Moors auf ihr Angebot eingehen, sie hatten gar keine Wahl. Aus Höflichkeit, aus Stolz zierten sie sich, aber vermutlich noch heute im Laufe des Tages, spätestens morgen in aller Frühe würden sie nach dem Schlüssel fragen.
    Ehe du dich versiehst, haben wir sie am Hals, hatte Frederic gesagt.
    Sie musste ihm beibringen, dass es nun tatsächlich so gekommen war.
    Obwohl – konnte es ihn wirklich stören? Sie würden in Norfolk sein und ihren ganz normalen Alltag leben. Die Moors würden hier oben auf der Insel bleiben, eine Woche oder zwei Wochen vielleicht, und sehen, ob sie ihre desolate Situation klären konnten.
    Das war alles. Kein Grund für Frederic, sich aufzuregen.
    Dennoch hatte sie das sichere Gefühl, dass einiger Ärger auf sie zukam.
     
    3
     
    Frederic Quentin galt in seinem Freundes- und Bekanntenkreis als freundlich, aber schweigsam und manchmal sogar als ein wenig verschlossen, als ein Mann, der sich vorwiegend um seinen Beruf kümmerte und nicht allzu viel Zeit und Energie in sein Privatleben investierte. Wenige vermochten sich vorzustellen, dass er über sich, seine Frau und ihrer beider Beziehung zueinander überhaupt je nachdachte. Doch tatsächlich stellte er dann und wann Überlegungen an, und es war keineswegs so, dass ihn sein Familienleben nicht interessierte.
    Er wusste, dass er viel zu wenig Zeit mit seiner Frau und seiner Tochter verbrachte, und manchmal nahm er sich vor, sich mehr darum zu kümmern, dass Virginia nicht so häufig allein war, auch wenn sie selbst diesen Umstand offenbar als nicht unangenehm empfand. Es konnte nicht normal sein, wenn eine Frau vorwiegend in Gesellschaft ihrer

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