Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
inspizieren und zu entscheiden, wer Zutritt erhält.
Doch nachdem ich eine Zeit lang zugesehen habe, begreife ich, dass es nur eine Finte ist, die die Spannung steigern soll. Viele Leute lechzen nach Zugang und atmen erleichtert auf, sobald sie drinnen sind. Soweit ich es beurteilen kann, wird niemand abgewiesen. Ganz egal, wie man sein Formular ausgefüllt hat, die Richters finden einen Weg, die Leute auszuquetschen, bevor sie sie auf den Müll werfen.
Als ich an der Reihe bin, gebe ich mein Bewerbungsformular ab und starre stur geradeaus, bemüht, unter seinem strengen Blick nicht zusammenzuzucken. Dabei bin ich mir der Alarmglocken in meinem Kopf nur allzu bewusst, die mich drängen davonzulaufen, dieses Lokal zu verlassen und nie wieder einen Blick zurückzuwerfen. Ich male mir all die schrecklichen Möglichkeiten aus, wie das hier komplett nach hinten losgehen könnte.
Mein Herz beginnt zu rasen. Instinktiv verlagere ich das Gewicht nach vorn. Getrieben von meinem archaischsten Instinkt, um jeden Preis meine eigene Haut zu retten. Gerade will ich die Flucht antreten, als dieser gruselige untote Richter mich am Kinn packt und mein Gesicht zu sich dreht. Sein Blick bohrt sich in meinen, während seine papiertrockenen, untoten Finger mein Kinn so fest umklammern, dass es wehtut.
Ich kann nicht atmen. Nicht sprechen. Nicht rennen. Kann überhaupt nicht viel tun, außer seinen starren Blick mit einem ebensolchen zu quittieren. Voller Reue darüber, dass ich mich selbst in diese Lage gebracht habe.
Ich hätte nicht hierherkommen sollen.
Ich habe sie total unterschätzt.
Und deswegen bin ich jetzt nur noch Sekunden davon entfernt, überwältigt und vernichtet zu werden.
Seine schauerlichen Lippen zucken an den Seiten, aber ansonsten bleibt seine Miene so undurchschaubar, dass man unmöglich erraten kann, was er denkt. Das Einzige, was ich sicher weiß, ist, dass ich verdammt schnell hier raus muss, solange ich auch nur den Hauch einer Überlebenschance habe.
Ich werfe den Kopf zur Seite, begierig darauf, mich seinem Griff zu entwinden, als er mir die andere Hand brutal ins Kreuz schlägt und mich in null Komma nichts durch das Portal schubst.
Dreiunddreißig
Dace
I c h kriec he durch die Höhle, erleichtert, dass sie frei von untoten Richters und Dämonen ist – wahrscheinlich wurden sie gebraucht, um die Jobmesse aufzubauen –, muss jedoch enttäuscht erkennen, dass ich nach wie vor in der Mittelwelt bin.
Einer anderen Dimension der Mittelwelt, jedoch immer noch weit entfernt von der Unterwelt, auf die ich gehofft hatte.
Aber bestimmt führt sie irgendwann dorthin.
Alles hier ist luxuriös. Vornehm. Die ausgesuchten antiken Möbel und die teuren Kunstwerke an den Wänden lassen darauf schließen, dass sie viel Zeit hier verbracht haben. Lauernd. Planend. Darauf wartend, dass sich der Zugang erneut weit auftut.
Die ganze Geschichte hindurch, immer wenn sie es geschafft haben, in die Unterwelt einzufallen, diente dieser Ort als ihr Hauptzugang. Einmal drinnen angelangt, machten sie sich unverzüglich daran, die Geisttiere zu korrumpieren, indem sie ihr Land verseuchten, ihnen ihre Kraft und ihr Licht nahmen und damit die Fähigkeit, ihre menschlichen Anhängsel zu leiten. Dieser Verlust führte zu entsetzlichen Episoden von Wahnsinn, Chaos und Krieg in der gesamten Mittelwelt – und zu ungeahnten Reichtümern für die Richters.
Zumindest ist es laut Leftfoot so gewesen.
Doch das ist nur ein weiterer Grund, warum ich Cade töten muss.
Und sobald das erledigt ist, kommt als Nächster Leandro dran.
Da er seinen Ehrgeiz in erster Linie darauf ausgerichtet hat, Enchantment zu beherrschen, und sich nicht besonders für Cades größeres Ziel der Weltherrschaft interessiert, ist er vielleicht nicht ganz so gefährlich, doch er muss trotzdem verschwinden. Wenn auch aus keinem anderen Grund, als dass ich seinen Anblick nicht mehr ertrage, seit ich weiß, was er meiner Mutter angetan hat. Trotz allem, was die Stammesältesten sagen, genügt es nicht, ihn im Gleichgewicht und im Zaum zu halten.
Nicht für mich.
Niemals.
Es ist an der Zeit, ein paar Dinge neu zu definieren.
Zeit, die Prophezeiung auf den Kopf zu stellen.
Zeit, dafür zu sorgen, dass sie alle sterben.
Es bedeutet so viel mehr als mein Zusammensein mit Daire.
Und obwohl ich weiß, dass es stimmt, kann ich die ganze Zeit nur an Daire denken, während ich mir den Weg durch diesen langen Hohlraum bahne, wo ich schließlich durch die
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