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Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari

Titel: Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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»Das alles weiß Kapitän Gjata, und er sagt durch dich nur das, was man ihm eingeredet hat. Gut möglich, dass nichts davon stimmt. Sei also still und versuch, dein Mitgefühl zu beherrschen. Zu viel Mitleid kann sehr gefährlich sein.«
    Juffin probierte es noch ein paar Mal, und schließlich berührten seine Fingerspitzen den Gürtel.
    Ein schwerer, dunkler Schmerz flutete durch meinen Kopf. Was ich da spürte, tat nicht nur furchtbar weh, sondern war ein Vorgeschmack des Todes. Welcher Dummkopf hat behauptet, der Tod bedeute Ruhe? Er bedeutet vielmehr widerwärtigste Hilflosigkeit und unendlichen Schmerz, als werde einem der Leib auf ewig von reißenden Zähnen in Stücke gerissen. Der Tod von Kapitän Gjata jedenfalls war von dieser Art.
    »Aber ich bin nicht Kapitän Gjata«, schien jemand neben mir zu denken, obwohl es doch meine eigenen Gedanken waren. Ich lebte schließlich noch und war kein zerfetzter Körperteil des armen Kapitäns. Diese Erkenntnis wirkte wie eine Erlösung.
    Allmählich klang das Gefühl ab, der Kapitän zu sein und seine Schmerzen zu erleiden. Ich fand in jenen feierlichen Rhythmus zu mir zurück, den Ravel im »Bolero« angeschlagen hat. Es war wunderbar, wieder zu sehen, zu atmen und den Stuhl unterm Hintern zu spüren. Meine Kleider waren durchgeschwitzt, doch selbst das empfand ich als angenehm. Ich erinnerte mich an den dummen Spruch Tote schwitzen nicht! und musste lächeln.
    Juffin erhob sich aus der Hocke und musterte mich erstaunt. Der verflixte perlmuttfarbene Gürtel fiel zu Boden.
    »Alles in Ordnung, Max?«
    »Ich komme langsam wieder zu mir. Der Kapitän - ist er tot?«
    »Nein, du hast ihn gerettet, mein Junge.«
    »Ich? Wie das?«
    »Du hast die Hälfte seines Schmerzes auf dich genommen, und das können Gesunde überleben. Doch der Gürtel hat sich verstellt wie ein heimtückischer Mensch, und als ich schon glaubte, er sei nicht mehr gefährlich ... Na ja, jetzt verstehst du alles.«
    Ich nickte erschöpft. Mir war schwindelig, und ich sah alles ringsum wie in zitternden Aspik eingelegt. Juffins Stimme drang aus weiter Ferne zu mir.
    »Trink ein wenig von deinem Lieblingsgetränk.«
    In meinem Mund ging die Sonne auf, denn Juffin flößte mir Kachar-Balsam ein. Also würde ich bald wieder in Ordnung sein. Zwar hörte die Welt prompt auf zu zittern, doch meine Munterkeit war noch nicht zurückgekehrt.
    »Ihr habt euch den Schmerz redlich geteilt, aber der Kapitän ist leider nicht so rasch wieder zu Kräften gekommen«, meinte Juffin. »Das macht aber nichts, denn wir geben ihn in die Obhut von Sir Abilat, und morgen wirst du staunen, dass er wieder ganz gesund ist. Ich glaube, wir lösen diesen Fall wesentlich leichter, wenn unser Kapitän zu singen beginnt. Vorhin, Max, hast du übrigens eine Vorstellung davon bekommen, wie es Köchen ergeht, die dumm genug sind, verbotene Magie anzuwenden, obwohl sie den Ohrring Ochola tragen. Erinnerst du dich? Du hattest mich gefragt, wovor sie Angst haben -jetzt weißt du es, denn Erfahrung ist die beste Lehrmeisterin. Übrigens bist du gerade sehr tapfer gewesen.«
    »Ich war nicht tapfer, sondern ein Opfer der Umstände«, seufzte ich. »Ich hatte einfach keine Wahl: Ich musste den armen Mann retten.«
    »Ob du die Wahl hattest oder nicht - tapfer warst du auf jeden Fall«, erklärte Juffin kategorisch, reichte mir ein zweites Mal den Kachar-Balsam, zwinkerte mir dabei mit erhobenem Zeigefinger zu und sagte: »Aber Maß halten, Max! Ich glaube, du weißt noch nicht, dass man dieses Gebräu inzwischen überall kaufen kann, weil zu seiner Herstellung höchstens Magie achten Grades erforderlich ist. Ich hatte mich bisher nicht getraut, dir das zu sagen.«
    »Dann bin ich von nun an unsterblich«, meinte ich lächelnd. »Niemand kann mich mehr um die Ecke bringen, und mein Leben hat endlich einen Sinn! Ich werde eine Flasche Balsam pro Tag trinken und erleben, was Glück bedeutet.«
    »Wunderbar, Max, jetzt bist du wieder ganz der Alte«, sagte Sir Juffin erfreut. »Vorhin warst du nur ein Schatten deiner selbst. Aber ich glaube, du brauchst trotzdem Erholung. Geh also heim und versuch zu schlafen. Diesen Fall klären wir ohnehin frühestens morgen.«
    »Ich soll nach Hause gehen und das Interessanteste verpassen? Halten Sie mich für so dumm?«
    »Diese Nacht wird nichts Aufregendes passieren, Max. Sir Kofa und ich werden versuchen, möglichst viel herauszufinden, und darauf warten, dass Kapitän Gjata wieder zu Bewusstsein kommt.

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