Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
meine Mutter mich endlich heiraten. Denk darüber nach - so was hab ich noch keiner Frau angeboten.«
»Vielen Dank, aber fürs Familienleben bin ich noch zu jung. Und jetzt lass uns fahren - du schuldest mir noch was.«
Drei Stunden später parkte eine satte, zufriedene und leicht berauschte Marilyn ihr A-Mobil vor dem Haus von Lady Melamori. Marilyns Frauenherz hatte mir diese Idee eingegeben, und ich leistete keinen Widerstand. Ohne zu überlegen, meldete ich mich per Stummer Rede bei Lady Melamori.
»Ich bin's, Max. Schau mal kurz aus dem Fenster - ich steh vor deiner Tür.«
»Das darf ich doch nicht«, antwortete sie erschrocken. »Weißt du überhaupt, was du da tust? Wir dürfen uns nicht sehen, solange das Schicksal es verbietet.«
»Wenn ich mitten in der Nacht hier auf tauche, dann nicht, um deine Situation zu verschlechtern. Schau erst aus dem Fenster und entscheide dann, ob du mich reinlassen darfst oder nicht. Ich schwöre beim Lieblingspyjama von Sir Juffin, dass du es nicht bereuen wirst. So eine Überraschung kann dir niemand außer mir bereiten. Ich warte.«
Melamoris gesunde Neugier siegte über ihre Vorbehalte. Nach einer Minute sah ihre Nasenspitze aus dem Fenster.
»Wer sind Sie?«, fragte sie barsch. »Und wo ist Sir Max? Soll das ein Witz sein?«
»Natürlich, Unvergessliche«, sagte ich lächelnd. »Und ein sehr guter dazu, findest du nicht?«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Meine Liebe - versuch, mir auf die Spur zu treten, und deine Zweifel sind wie weggewischt. Worauf wartest du noch?«
Melamori zog ihre Hauspantoffeln an, stand Sekunden später hinter mir und seufzte nach kurzem Schweigen leise: »Max, was ist mit dir passiert?«
Ich sah mich um und stellte fest, dass ihre Lippen vor Angst blutleer waren.
»Bist du etwa verzaubert?«, setzte sie hinzu.
»Ja, aber nur, solange ich mit Lonely-Lokley verheiratet bin. Doch das muss unter uns bleiben, denn es ist ein schreckliches Geheimnis. Darf ich jetzt kurz zu dir reinkommen?«
»Ich glaube ja«, sagte Melamori und begann zu lächeln. »Aber erklär mir bitte, was hier vorgeht.«
»Natürlich. Gute Freundinnen finden doch immer Gesprächsstoff. Weißt du, mir ist längst klar, wie schwierig es für einen Mann und eine Frau ist, einfach nur befreundet zu sein. Zwei Frauen schaffen das viel eher. Übrigens heiße ich Lady Marilyn - ich denke, das macht die Sache für dich einfacher.«
»Einfacher?«
Wir gingen ins Gästezimmer. Plötzlich lachte Lady Melamori erleichtert.
»Setz dich, Marilyn. Nett, dass du gekommen bist. Ich wollte dich ohnehin unbedingt kennen lernen.«
»Weibliche Intuition ist eine große Kraft«, meinte ich und lächelte schelmisch. »Aber meine Intuition sagt mir auch, dass du ein Souvenir deines Großvaters Kima besitzt. Wir sollten es trinken. Wann, wenn nicht jetzt? Immerhin reise ich übermorgen ab.«
»Für immer?«, fragte sie ängstlich.
»Darauf brauchst du gar nicht erst zu hoffen. Nur für ein paar Dutzend Tage.«
»Und wohin?«
»Nach Kettari. Unseren Chef hat ein schwerer Anfall von Nostalgie gepackt, und ich soll ihm einen Sack Kiesel aus der Stadt seiner Kindheit bringen. Aber vergiss diese Geheimnisse, meine Liebe. Wenn ich trinke, werde ich gesprächiger und erzähle dir wirklich alles - Ehrenwort.«
»Marilyn, magst du einen Schicksalstropfen?«, fragte Melamori gelassen. Ich war so überrascht, dass ich zusammenzuckte.
»Einen Schicksalstropfen?! Den haben wir doch schon mal getrunken!«
»Mich würde interessieren, Marilyn, wo du so was hast trinken können«, antwortete Melamori kaltblütig wie immer. »Das ist ein seltenes Getränk.«
»Und wie«, bestätigte ich lächelnd und merkte erstaunt, dass mir ein Stein vom Herzen fiel. »Natürlich möchte ich so was trinken. Wer bin ich, dass ich mich einem Schicksalstropfen verweigern könnte?«
»Prima.«
Der alte Wein erwies sich als dunkel, fast schwarz. Auf dem Flaschenboden flimmerten bläuliche Funken.
»Das ist ein gutes Zeichen, Marilyn«, lächelte Melamori und klopfte mit dem Finger an den Flaschenhals. »Mein Opa Kima hat mir erzählt, diese Fünkchen erscheinen nur dann, wenn mit denen, die den Wein trinken ... wie soll ich sagen ... wenn mit ihnen alles in Ordnung ist. Verstehst du? Es ist also nicht schlecht oder gut, sondern in Ordnung.«
»Natürlich versteh ich das. Dafür hab ich allerdings ein anderes Wort: nicht »in Ordnung*, sondern 'echt*. Es hat mich immer erschüttert, wie wenige Leute
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