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Das Echolot Abgesang '45. Ein kollektives Tagebuch (4. Teil des Echolot-Projekts) - Kempowski, W: Echolot/Abgesang '45

Titel: Das Echolot Abgesang '45. Ein kollektives Tagebuch (4. Teil des Echolot-Projekts) - Kempowski, W: Echolot/Abgesang '45 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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auch auf irgendwie ganz besondere Weise gemütlich, und hell ist es, sogar nachts. Der Boden ist geschrubbt, daß er glänzt. Überall liegen reine weiße Tischdecken und Läufer und auf den Betten weiße Überdecken. Auf dem Tisch stehen Piroggen! Ein richtiger Feiertag eben!!
    Eben höre ich schon den zweiten Salut für heute. Diesmal gilt er Rokossowski, für eine ganze Reihe zerschlagener deutscher Städte. Der andere galt der 1. Ukrainischen Front, für Ostrava in Mähren. Es ist jetzterst 23 Uhr. Um 24 Uhr wird möglicherweise noch ein Salut abgefeuert. Das kommt vor.
    Ich bin zum Frühjahr hin so «schlaff» geworden, ich ermüde schnell und brauche Pausen. Dabei habe ich Arbeit und Sorgen genug, ganz allein könnte ich das gar nicht schaffen. Schon das viele Schlangestehen!! Dafür sind wir aber jetzt zum Feiertag verwöhnt worden wie noch nie. Viele leckere Sachen gab es, alle bekamen eine doppelte Portion Zucker usw. Das Volk soll mal ein wenig aufatmen können. Das hat es dreifach verdient. Wenn doch nur der Krieg bald vorbei wäre, dann wäre allen Leuten wenigstens leichter ums Herz. Wenn man schon nicht mehr darauf rechnen darf, die eigenen Lieben wiederzusehen, dann sollen doch die anderen sich freuen können, denen das Glück zugedacht ist, den geliebten, ersehnten, teuersten Menschen erneut zu sehen und in die Arme zu schließen. Was ist das doch für ein großes Glück!
    Die Ereignisse gehen nun mit Riesenschritten voran. Heute lasen wir mit großer Befriedigung davon, daß italienische Patrioten, ohne lange zu fackeln und ohne irgendwo nachzufragen, ihren Schurken von «duce» hingerichtet haben. Der ist also nicht mehr dazu gekommen, in einem Sanatorium auf seinen Prozeß zu warten. Wahrscheinlich wäre er auch aus dem Sanatorium irgendwohin abgehauen. Also haben die Jungs genau das Richtige gemacht! Sie sind ohne «Erlaubnis von oben» zurechtgekommen. Jetzt haben wir ein Untier weniger auf der Welt. Aber – erst einmal nur eines weniger! Und wie viele kriechen sonst noch herum? Wir kämpften und wir kämpfen für das Gute und das Gerechte, und so muß es auch sein, jetzt und auch in Zukunft!! Bis zum baldigen Wiedersehen, Borenka! Bleib heil und gesund!
    Deine Freundin N .A.
    Der sowjetische Admiral Arseni Golowko
Kolabucht
    Der nächste Geleitzug traf heute ein. Ihm war eine verstärkte U-Boot- Suche vorausgegangen, an der fünf britische Korvetten, unsere «Catalina» und große U-Jäger teilnahmen. Die Flugzeuge versenkten nach glaubwürdigen Angaben ein U-Boot und beschädigten ein weiteres schwer. Der Geleitzug wurde zum festgelegten Zeitpunkt in Empfang genommen.
    Adolf Hitler 1889–1945
Berlin/Führerbunker
    Politisches Testament
    Es ist unwahr, dass ich oder irgendjemand anderer in Deutschland den Krieg im Jahre 1939 gewollt haben. Er wurde gewollt und angestiftet ausschließlichvon jenen internationalen Staatsmännern, die entweder jüdischer Herkunft waren oder für jüdische Interessen arbeiteten. Ich habe zuviele Angebote zur Rüstungsbeschränkung und Rüstungsbegrenzung gemacht, die die Nachwelt nicht auf alle Ewigkeit wegzuleugnen vermag, als dass die Verantwortung für den Ausbruch dieses Krieges auf mir lasten könnte. Ich habe weiter nie gewollt, dass nach dem ersten unseligen Weltkrieg ein zweiter gegen England oder gar gegen Amerika entsteht. Es werden Jahrhunderte vergehen, aber aus den Ruinen unserer Städte und Kunstdenkmäler wird sich der Hass gegen das, letzten Endes verantwortliche Volk immer wieder erneuern, dem wir das alles zu verdanken haben: Dem internationalen Judentum und seinen Helfern!
    *
    Die Seminaristin
    Hildegard Holzwarth *1928
Hermannshütte /Sudeten
    Morgen ist der 1. Mai, der Tag der Arbeit. Es ist ein nationaler Feiertag des deutschen Volkes. Wie wird er dieses Jahr begangen? Ich weiß es nicht. Tagebuch, wie gut, daß ich Dich wenigstens habe! Es ist ja so entsetzlich traurig, vor einem so unsäglichen Kriegsende zu stehen. Sechs Jahre lang haben wir durchgehalten. Es wird trotz unserer Niederlage nicht ganz zwecklos gewesen sein. Ach, das Kriegsgeschehen könnte einen zu Boden drücken.
    Mein Vater durchsteht die größte Qual. Wie innig lieben wir das deutsche Volk. Was wird mit ihm geschehen? Dieser Gedanke ist wie eine Marter. Die ganze ungeheure Lebensarbeit meines Vaters ist vernichtet. Wir haben uns zu Hause wenig gegönnt und immer nur gespart.
    Der Kanonendonner der Front kommt immer näher. Auch jetzt, während ich schreibe, ballert es

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