Das egoistische Gen
Person irgendwo im Raum das falsche „for the sake of auld lang syne“ einfließen läßt. Ein Kind, das das Lied zum ersten Mal hört, möchte allzu gern mitsingen, weiß aber die Worte nicht genau.
Obwohl fast alle „for auld lang syne“ singen, erzwingen das Zischen des s und der schneidende Laut des k sich den Weg in das Ohr des Kindes, und wenn es wieder Zeit für den Refrain ist, singt es auch „ for the sake of auld lang syne“. Das mutante Mem hat ein weiteres Vehikel erorbert. Wenn andere Kinder in der Nähe sind oder Erwachsene, die sich des Textes nicht sicher sind, werden sie mit größerer Wahrscheinlichkeit auf die mutierte Form umsteigen, wenn der Refrain wieder an der Reihe ist. Es ist nicht so, daß sie die mutierte Form „vorziehen“. Sie wissen die Worte wirklich nicht und möchten sie tatsächlich gern lernen. Selbst wenn die, die es besser wissen, indigniert, so laut sie können, „for auld lang syne“ bellen (was ich übrigens tue!), haben die richtigen Worte zufällig keine auffallenden Konsonanten, und die mutierte Form ist bei weitem leichter zu hören, selbst wenn sie leise und schüchtern gesungen wird.
Ein ähnlicher Fall ist das patriotische Lied Rule Britannia .
Die korrekte zweite Zeile des Refrains lautet „Britannia, rule the waves“ (Britannien, herrsche über die Wellen). Sie wird häufig, wenn auch nicht überall als „Britannia rules the waves“ (Britannien herrscht über die Wellen) gesungen. Hier erhält das hartnäckig zischende s des Mems Hilfe von einem zusätzlichen Faktor. Die Bedeutung, die der Dichter James Thompson im Sinne hatte, war vermutlich die Befehlsform (Britannien, geh hin und herrsche über die Wellen) oder möglicherweise der Konjunktiv (möge Britannien über die Wellen herrschen).
Aber es ist oberflächlich gesehen leichter, den Satz als Indikativ mißzuverstehen (Britannien herrscht in der Tat über die Wellen). Dieses mutante Mem besitzt also zwei einzelne Überlebenswerte mehr als die ursprüngliche Form, an deren Stelle es getreten ist: Sein Klang ist auffallender, und es ist leichter zu verstehen.
Der entscheidende Test für eine Hypothese sollte experimenteller Art sein. Es müßte möglich sein, das zischende Mem bewußt mit einer sehr niedrigen Häufigkeit in den Mempool einzugeben und dann zu beobachten, wie es sich auf Grund seines Überlebenswertes ausbreitet. Was geschähe, wenn ein paar von uns anfangen würden zu singen „ God saves our gracious Queen“ statt „God save our gracious Queen“ ?
5 Ich wäre sehr ärgerlich, wenn jemand dies in dem Sinne auffassen wollte, daß „Eingängigkeit“ das einzige Kriterium für das Akzeptieren einer wissenschaftlichen Idee ist. Schließlich sind einige wissenschaftliche Ideen de facto richtig und andere falsch! Ob sie richtig oder falsch sind, läßt sich überprüfen, und ihre Logik läßt sich zerlegen. Sie sind nicht wie Popsongs, religiöse Sekten oder Punkfrisuren. Dennoch gibt es sowohl eine Soziologie als auch eine Logik der Wissenschaft. Einige schlechte wissenschaftliche Ideen können sich ungeheuer verbreiten, zumindest für eine Weile. Und einige gute Ideen bleiben jahrelang unbeachtet, bevor sie schließlich die Vorstellungskraft der Wissenschaftler erobern und kolonisieren.
Als hervorragendes Beispiel dieses Unbeachtetbleibens, dem eine um sich greifende Verbreitung folgt, können wir eine der Hauptideen dieses Buches anführen, nämlich Hamiltons Theorie der Familien- oder Verwandtschaftsselektion. Da ich sie für ein geeignetes Objekt hielt, habe ich an ihr die Idee ausprobiert, die Verbreitung eines Mems dadurch zu messen, daß man zählt, wie viele Male es in Zeitschriften erwähnt wird.
In der ersten Auflage bemerkte ich: „Seine beiden Aufsätze aus dem Jahre 1964 gehören zu den bedeutendsten Beiträgen zur Sozialethologie, die jemals geschrieben worden sind, und ich habe nie verstehen können, warum sie von den Ethologen so wenig beachtet worden sind. (Sein Name erscheint nicht einmal im Index zweier großer Ethologielehrbücher, die beide 1970 veröffentlicht wurden.) Glücklicherweise gibt es in jüngster Zeit Anzeichen für ein Wiederaufleben des Interesses an seinen Ideen.“ Ich schrieb dies im Jahre 1976. Verfolgen wir nun den Verlauf des Wiederauflebens dieses Mems im darauffolgenden Jahrzehnt.
Der Science Citation Index ist eine recht sonderbare Publikation, in der man erstens jede veröffentlichte Arbeit nachschlagen kann und in der zweitens
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