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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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er durchs Fenster gesprungen und fortgelaufen?«
    »Möglich, vielen Dank.«
    Als ich vor dem Polizeipräsidium endlich einen Parkplatz gefunden hatte und ausstieg, entdeckte ich den Zettel, der halb unter den Bodenteppich gerutscht war. In Druckbuchstaben, mit Kugelschreiber geschrieben, stand darauf:

Machen Sie nicht noch mehr Menschen unglücklich
Lassen Sie Fräulein van Straaten in Ruhe
Der Hund ist in guten Händen

    Ich änderte meine Absicht, Inspektor Wendlandt zu besuchen, und fuhr nach Bogenhausen hinaus. Vor einem der neuen Hochhäuser parkte ich. Neben einer Klingel im vierten Stock fand ich den Namen van Straaten.
    Ich fuhr mit dem Lift hinauf und klingelte. Eine weißhaarige Dame öffnete mir. Sie sah gut aus, trug ein hellgraues Jerseykostüm, und ihre Augen waren um vieles jünger als ihr Gesicht. Ich stellte mich vor und sagte:
    »Verzeihung, wenn ich störe. Ich bin Reporter und arbeite an einer Geschichte des Luftgaukommandos. Sind Sie Frau van Straaten, und war nicht Ihr Mann...«
    »Kommen Sie herein«, sagte die alte Dame und öffnete mir die Tür. Sie führte mich in ein modern eingerichtetes Wohnzimmer, bot mir einen Sessel an und stellte zwei geschliffene Kristallgläser auf den Tisch. Dann holte sie aus dem Teakholzschrank eine Karaffe.
    »Einen Schluck Portwein? Oder trinken junge Leute so etwas nicht?«
    »Doch, gern.«
    Sie trug einen wertvollen, in Brillanten gefaßten Smaragd am Ringfinger der linken Hand, an ihrer rechten zwei Trauringe.
    »Ich bin schlecht unterrichtet«, sagte ich. »Soviel ich bis jetzt erfahren konnte, ist Ihr Mann 1945 bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen.«
    Ihre merkwürdig hellen Augen musterten mich.
    »Wie alt sind Sie, junger Mann?«
    »Siebenundzwanzig.«
    Sie schien einen Augenblick nachzurechnen, dann sagte sie:
    »Mein Mann, Baron van Straaten, ist schon 1944 umgekommen. Da waren Sie erst sieben Jahre alt. Sie waren sicherlich ein sehr hübscher Junge.«
    »Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Ihr Gatte war Oberst, wenn ich mich nicht irre.«
    »Ja, Oberst. Und er ist nicht bei einem Bombenangriff umgekommen, sondern er hat sich erschossen. Das wurde damals aber geheim gehalten. Er wollte den Zusammenbruch nicht erleben.«
    Sie sprach so ruhig, als erzähle sie mir von einem fremden Schicksal. »Ich glaube heute, daß es für ihn besser war. Er hätte sich nicht in die neue Zeit gefunden.«
    »Möglich, Baronin. Ich wollte eigentlich etwas über das Luftgaukommando hören, aber erlauben Sie mir erst eine sehr persönliche, vielleicht sogar sehr indiskrete Frage?«
    »Bitte, fragen Sie. Oscar Wilde sagt doch, daß Fragen niemals indiskret seien, nur die Antworten könnten es bisweilen sein. Was wollen Sie wissen?«
    »Wäre es für einen Offizier, ich meine, war es richtig, daß er seine Familie in dieser harten Zeit allein gelassen hat?«
    »Er hat mir seine Pension zurückgelassen. Mehr konnte er nicht für mich tun.«
    »Und das Haus? Das Haus am Waldrand? Das Haus am Hofoldinger Forst?«
    »Sie wissen eine ganze Menge über uns, Herr Brenthuisen. Ich weiß nicht, weshalb Sie das interessiert. Mein Mann hat das Haus verschenkt.«
    »Verschenkt? Einer gewissen Frau Anna Hilbinger?«
    »Ich kenne keine Anna Hilbinger. Ich höre diesen Namen zum erstenmal. Wer ist das?«
    »Die Frau aus dem Dorf, die sich während des Krieges um das Haus gekümmert hat.«
    »Ich kenne sie nicht. Ich war nie mehr draußen.«
    »Sonderbar«, sagte ich.
    »Was ist daran sonderbar?«
    »Soviel ich weiß, war damals jeder Münchner froh, wenn er die Möglichkeit hatte, auf dem Lande zu wohnen. Sie blieben in der Stadt, trotz der Luftangriffe?«
    »Ja, ich hatte keine Angst. Und mein Mann brauchte mich, man konnte damals nicht jeden Tag mit dem Auto aufs Land fahren.«
    »Darf ich wissen, wem Ihr Mann das Haus geschenkt hat?«
    Sie stand auf. Freundlich aber bestimmt erklärte sie:
    »Nein, das dürfen Sie nicht. Ich kann mir auch nicht denken, was Sie das angeht. Wollten Sie sonst noch Fragen stellen?«
    Ihre überlegene Ruhe nötigte mir etwas wie Hochachtung ab, zugleich aber begann ich in ihrer Nähe zu frösteln. Ich suchte in ihrem Gesicht eine Ähnlichkeit, aber das Alter, vielleicht auch ein hartes Schicksal, hatte dieses Gesicht so gezeichnet, daß ich keine Spur von Ähnlichkeit mit dem Mädchen Anna van Straaten erkennen konnte.
    »Ja«, sagte ich und stand ebenfalls auf. »Eine einzige Frage habe ich noch: Leben in München noch Verwandte von Ihnen oder

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