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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Rufen Sie die Polizei!«
    Es war nicht mehr nötig. Ich sah den grünen Polizeiwagen draußen halten. Also war Wendlandt auf den gleichen Gedanken gekommen wie ich.
    Ich streichelte Anna behutsam über ihr weiches lackschwarzes Haar. Sie hörte das harte Geräusch der zuschlagenden Wagentür und zuckte zusammen.
    »Anna, um Gottes willen, sie kommen! Nur noch eine Sekunde... vertrauen Sie mir... ist es Ihr Vater? Er hat keinen Selbstmord begangen? Ihr Vater lebt?«
    Ein Blick voll ungläubigen, tiefen Erstaunens traf mich.
    »Nein«, flüsterte sie. »Wie... kommen Sie darauf? Es ist...«
    Die Tür flog auf, ein Polizist kam herein, Wendlandt folgte.
    »Ah!« machte der Inspektor. »Was habe ich gesagt? Wir denken an die gleiche Person. Na schön----Fräulein van Straaten?«
    Anna stand auf, wie eine von Schnüren hochgezogene Marionettenfigur.
    »Verhaften Sie mich, Herr Inspektor. Ich habe Walther Möhnert vergiftet.«
    Wendlandt und ich schauten uns einen Augenblick lang entgeistert an, dann hatte sich der Inspektor wieder gefaßt.
    »Na schön, Fräulein«, sagte er ruhig. »Das können Sie mir auf dem Präsidium in aller Ruhe erzählen.« Er wandte sich zu mir. »Kommen Sie mit, Brenthuisen? Ist doch ein Fressen für Sie, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Es genügt, wenn sich einer den Magen dran verdirbt. Und das möchte ich nicht sein.«
    Ich wartete noch, bis Wendlandt mit ihr fortgefahren war, dann machte ich mich daran, das ganze Haus nach einer Aktentasche zu durchsuchen.

    Ich hoffte nichts so sehr, als diese Aktentasche nicht zu finden, denn ich wollte einfach glauben, daß Anna log. Trotzdem ließ ich mir Zeit und suchte gründlich, wobei ich mich darüber wunderte, daß Wendlandt dies nicht von Amts wegen angeordnet hatte. Wußte er vielleicht schon, wo sich die Aktentasche befand?
    Je länger ich in diesem uralten Holzhaus herumstöberte, desto klarer wurde mir, weshalb die Leute so oft an Geister und Gespenster glaubten. Mehr als einmal hielt ich inne und lauschte. Deutlich hatte ich den Boden knarren oder eine Tür sich bewegen hören, es war immer nur das alte Holz, das arbeitete.
    Auf dem Speicher entdeckte ich unter einem Haufen alten Gerümpels einen wundervollen, bunt bemalten Bauernschrank aus der Tölzer Gegend. Ich räumte leere Koffer, Schachteln und Kisten beiseite und öffnete den Schrank. Ein paar alte, vergilbte Zeitungen lagen drin, sonst nichts.
    Mehr aus alter Gewohnheit fing ich an, in den Zeitungen zu blättern. Ich dachte nicht daran, hier etwas Aufschlußreiches zu finden, aber dann fiel mir auf, daß es drei fortlaufende Nummern aus dem Jahre 1953 waren. Nun fing ich an, aufmerksam Seite für Seite zu studieren, und plötzlich hatte ich es gefunden.
    In der ersten Nummer stand nur eine kleine Notiz.
    »Am Montagmorgen wurde im Labor einer Farben- und Lackfabrik ein Toter gefunden. Die Polizei stellt Ermittlungen an, ob ein Unfall oder Selbstmord vorliegt.«
    In der zweiten Nummer fand ich einen größeren Artikel:
    »Bei dem Toten, der im Labor einer Farbenfabrik aufgefunden wurde, handelt es sich um den Inhaber dieser Fabrik. Wie wir vom Polizeipräsidium erfahren, steht noch nicht zuverlässig fest, ob ein Unfall oder Selbstmord vorliegt. Angeblich besteht für einen Selbstmord kein Motiv. Die Fabrik soll einen guten Auftragsbestand haben.«
    Und schließlich in der dritten Nummer:
    »Der Tote, von dem wir schon berichteten, hat sich selber vergiftet. Als Motiv wird Schwermut angenommen, denn sowohl die wirtschaftlichen, als auch die familiären Verhältnisse des Toten können diesen Verzweiflungsschritt nicht erklären.«
    In der gleichen Nummer fand ich auch noch eine große Todesanzeige:

Durch ein tragisches Geschick verlor unsere Firma ihren besten Mitarbeiter, unseren verehrten Chef, Herrn Baron William van Straaten. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.
Farben- und Lackfabrik
C O L O R A G

    Ich zündete mir eine Zigarette an und überlegte. Zweifellos hatte ich den Schlüssel zu den Verbrechen in der Hand. Und zweifellos schienen die van Siraatens eine besonders ausgeprägte Neigung zu haben, freiwillig aus dem Leben zu scheiden.
    Freiwillig?
    Vielleicht hatte sich die Polizei damals geirrt? Womöglich war dieser William van Straaten gar nicht freiwillig gestorben, sondern vergiftet worden, wie Walther Möhnert, Anna Hilbinger und — nein, Vera Möhnert wurde erschossen.
    Wer war William van Straaten? Ich fing an, nachzurechnen. Entweder hatte mich

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