Das einsame Haus
Theorie.«
»Absolut nicht, mein Lieber. Wir haben auch schon den letzten Beweis. Was wollte denn der Buchinger bei Ihnen?«
»B-bei mir? Der Buchinger?«
So unerhört provozierend konnte Wendlandt nur grinsen, wenn er sämtliche Trümpfe in der Hand hielt, wirklich sämtliche.
»Er... er«, es fiel mir keine Ausrede ein, und es hatte wohl auch keinen Zweck mehr, Wendlandt anzulügen. »Er wollte, daß ich die Frau suche, mit der Möhnert ein Verhältnis hatte.«
»Genauso etwas habe ich mir gedacht. Sie hat Buchinger angerufen, hat ihm vermutlich mit einem Skandal gedroht und mit den Bilanzen, von deren Vorhandensein sie bestimmt gewußt hat. Wahrscheinlich wollte sich Buchinger aus der Sache heraushalten, und deshalb hat er Sie eingeschaltet.«
»Schwach«, sagte ich, »das klingt schwach. Wenn er mitgemacht hat, und das hat er doch offenbar — wer sollte mich sonst telefonisch von der Verabredungszeit am Monopteros verständigen —, also muß er auch gewußt haben, wer die Frau ist. Folglich brauchte er das ganze Theater doch nicht zu spielen. Er hat mir tausend Mark Vorschuß auf die Spesen gegeben.«
»Das sind Details. Die werden sich leichter aufklären, als wir im Augenblick meinen. Aber schließlich haben wir einen Zeugen, der Antonia Paola identifiziert hat: den Schlossermeister mit dem alten Hut, den er in Ihrer Wohnung vergessen hat. Haben Sie vergessen, daß er die Dame für Ihre Frau Gemahlin hielt?«
»Nein, aber...«
»Wir haben ihm ein Bild von Antonia Paola gezeigt. Er hat sie sofort wiedererkannt.«
»Tatsächlich? Darf ich dieses Bild mal sehen?«
Er zog seine Schreibtischschublade auf.
Er reichte mir ein Foto.
Ich starrte dieses Bild lange an.
»Der Schlosser«, wiederholte Wendlandt, »hat sie einwandfrei erkannt.«
»Das ist Antonia Paola van Straaten?« fragte ich.
»Gewiß. Und jetzt dürfen Sie dieses Foto sogar veröffentlichen. Vielleicht hilft es uns, sie zu finden.«
»Gern«, sagte ich erleichtert. »Sehr gern sogar, Herr Inspektor. Sie haben mich voll und ganz überzeugt.«
»Wovon?« fragte er verdutzt.
»Daß diese Frau — «, ich tippte auf das Foto, »eine Mörderin ist.«
Ich steckte das Foto ein. Es zeigte eine junge Frau, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte...
9
Inspektor Wendlandt schaute mich voller Mißtrauen an. »Brenthuisen, Sie müßten nach meiner Ansicht jetzt zerknirscht sein. Es gefällt mir nicht, daß Sie so unverschämt grinsen.«
»Manchmal überkommt mich ein völlig unmotiviertes Grinsen, Inspektor.« Ich stand auf. »Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich jetzt verschwinden. Das Bild muß sofort in die Redaktion, sonst können wir es morgen nicht mehr veröffentlichen.«
»Na gut«, sagte er säuerlich. »Aber irgendwas haben Sie doch noch im Hinterhalt?«
»Natürlich. Sie ja auch...«
Ich spürte, als ich hinausging, seinen Blick beinahe körperlich in meinem Nacken.
Tatsächlich fuhr ich zur Redaktion, ließ dort sofort eine Fotokopie der Aufnahme für mich machen und gab das Original weiter. Bei dieser Gelegenheit entdeckte ich auf der Rückseite eine gute, sehr klare Frauenhandschrift.
Meiner kleinen Anna zu ihrem 16. Geburtstag mit vielen guten Wünschen aus Paris!
Deine Mutter.
Ich griff zum Telefon und rief Wendlandt an. Als er sich meldete, sagte ich:
»Noch eine Frage, Inspektor: Woher haben Sie das Foto der Antonia Paola van Straaten?«
»Wir fanden es in der Wohnung ihrer Tochter, als wir nach den Bilanzen suchten.«
»Vielen Dank, das erklärt mir alles.«
»Was erklärt Ihnen das nun schon wieder?«
»Daß ich nicht allein entsetzliche Dummheiten mache.«
Ich hängte ein, sauste zum Parkplatz hinunter und fuhr zu dem Mann, der etwa fünfzig Jahre alt war, aussah, als bereite ihm Kopfrechnen große Schwierigkeiten, der für meine Frau Gemahlin meine Wohnungstür aufgeschlossen und dort seinen alten Hut vergessen hatte.
Ich traf ihn in seiner kleinen Werkstatt, in der es muffig nach Rost und Karbid roch. Er bog über einem uralten Schweißbrenner dünnes Vierkanteisen zu einem Namenszug zusammen und tat, als hätte er mich noch nie gesehen. Ich half seinem Gedächtnis ein wenig nach.
»Sie haben meiner Frau Gemahlin die Wohnung aufgesperrt und dabei Ihren Hut vergessen. Erinnern Sie sich jetzt?«
Er drehte den Schweißbrenner ab, daß es laut knallte.
»Ja, freili«, sagte er. »Jetzat fällt‘s mir wieder ein.«
»Erfreulich.«
Er wischte sich seine schmutzigen Hände an einer noch
Weitere Kostenlose Bücher