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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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mir nicht nur für einen verteufelt streng vorgegebenen Zeitraum absolute Verschwiegenheit zu den betreffenden Sachverhalten auferlegt, sondern auch noch die schriftliche Wiedergabe jener Ereignisse bis zur selben Frist aufgebürdet.
     
    Ach, ihr lieben Leute, könnt ihr wenigstens in groben Umrissen erahnen, was das für mich bedeutet, welch unsägliche Gewissens- und Seelenqualen ich seither durchmache? Immerhin handelt es sich bei der Person, die mir die schrecklichen Tragödien brühheiß und ausführlich anvertraute, nicht um irgendjemanden, sondern um meinen langjährigen Freund und Weggefährten, dazu auch noch mein eigener „Bruder“. Dies gilt zwar nicht direkt im leiblichen Sinne, aber wir sind immerhin seit unserem zwölften Lebensjahr unter der Obhut gemeinsamer Eltern aufgewachsen, nachdem ihm kurz hintereinander Vater und Mutter auf unglaublich grausame Weise genommen wurden.
     
    Augenblicklich weiß doch nun jeder Bescheid und denkt wohl auch sofort an die biblische Legende von Kain, dem erstgeborenen Sohn Adams und Evas, der seinen Bruder Abel erschlug und dessen Freveltat niemals gesühnt wurde, weil einfach keiner da war, der es hätte tun können, zumal Gott sogar ein Schutzzeichen dagegen setzte, das „Kainsmal“ auf der Stirn des Mörders.
     
    Ferner ist uns auch jene düstere Prophezeiung schon vertraut, dass ausgerechnet diese bewegende Geschichte vom Alten Testament irgendwann meinem Freund und mir widerfahren soll, sofern nicht noch außergewöhnliche Glücksumstände das verhindern.
    Indessen frage ich mich höchst besorgt: Sind wir beide tatsächlich einer solch barbarischen Heimsuchung ausgeliefert, gegebenenfalls Täter und Opfer in einem zu sein, letztlich Sklaven unserer eigenen Befangenheit? Ist uns das Leben gar nur auf Probe geschenkt worden?
    Obwohl mir jene merkwürdige Weissagung niemals ganz aus dem Sinn ging, mich quasi über Jahrzehnte hinweg ständig begleitete und manchmal auch psychisch arg belastete, war sie doch zu keiner Zeit so brennend aktuell wie gegenwärtig. Trotzdem bleibt zunächst noch völlig offen, ob sich der rätselhafte Mörder, falls es den überhaupt gibt, wirklich hinter Abel verbirgt. Gewiss, er hat mir zuweilen und namentlich während der letzten Monate teils absonderliche Mühsale auferlegt. Doch ist er auch für die bislang unerklärlichen Bluttaten verantwortlich? Und überhaupt: Wer ist Anonymus?
     
    Das sind durchweg bewegende Fragen, die sich einstweilen nicht beantworten lassen. Darum schalten wir gedanklich vorerst besser wieder zurück und wenden unsere Aufmerksamkeit erneut den eigentlichen Ermittlungsarbeiten zu, damit uns im Bemühen um das Verständnis der Zusammenhänge nichts Wesentliches entgeht!
     
    Die Ergebnisse der vielschichtig und äußerst gewissenhaft durchgeführten Recherchen aller beauftragten Fachleute belegen seit Längerem übereinstimmend, dass keiner der dreizehn Männer auch nur im Entferntesten daran gedacht, geschweige denn es selbst fertiggebracht hätte, sein eigenes Leben unvermittelt auszulöschen. Eingehende Befragungen sowohl der jeweiligen Angehörigen (deren Schicksalsschlag ohnehin kaum oder nur durch entsprechend ausgeprägte Talente halbwegs einfühlsam und nachvollziehbar zu beschreiben ist, sofern man Derartiges nicht selbst durchgemacht hat) wie auch einschlägige Nachforschungen im aufgespürten Freundes- und Bekanntenkreis, einschließlich der zuständigen Ärzte sowie ähnlicher Bezugspersonen, haben ausnahmslos ergeben, dass unbedingt nach anderen Ursachen geforscht werden muss.
    Aber nach welchen, wenn sich fortwährend herausstellt, dass sämtliche Bemühungen bisher fast vergebens waren? Wonach soll man sich denn noch umsehen im nahezu ausweglosen Wirrwarr einer äußerst verzwickten Situation? Es ist regelrecht zum Verzweifeln, denn die Experten befinden sich inzwischen schon mehr als zehn Jahre unentwegt auf der intensiven Suche nach dem geheimnisvollen Auslöser der furchtbaren Geschehnisse, den sie trotz immenser Anstrengungen einfach nicht entdecken können. Der verdiente oder zumindest herbeigesehnte Triumph der Tüchtigen bleibt ihnen bislang strikt verwahrt, und Kommissar Zufall eilt ihnen ebenfalls nicht zur Hilfe. Wie es scheint, jagen sie tatsächlich einem unaufspürbaren Phantom nach.
    Diese Ratlosigkeit zehrt natürlich erbarmungslos an ihren Kräften. Doch selbst eine derart ungewohnte berufliche Misere darf sie keineswegs dazu verleiten, die ganze Aktion womöglich ohne ein

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