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Das Ende Der Ausreden

Titel: Das Ende Der Ausreden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Roser
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zwei süddeutsche Psychotherapeuten und Enneagramm-Experten, verwenden beispielsweise eine vierteilige Geschichte, in der es um eine Housewarming-Party geht, zu der man eingeladen ist. Auf der Fahrt dorthin gibt es im Bus nur noch einen einzigen freien Platz; auf dem Fest kennt man außer dem Gastgeber niemanden; und dann taucht dort erst eine gute Freundin auf und zu guter Letzt der eigene Chef, mit dem man am Morgen einen unerfreulichen Streit hatte.
    Jeder beantwortet zunächst für sich die Frage nach dem jeweiligen Tun, Fühlen und Denken, anschließend lesen alle ihre Antworten vor. Nehmen wir die letzte Szene mit dem Vorgesetzten: Für den einen ist es zum Beispiel »völlig klar!«, dass er den Chef ignorieren wird, dem anderen, dass er ihn »natürlich!« um ein klärendes Gespräch bitten wird, während der Dritte das Fest (»Logo!«) genervt verlässt und der Vierte wiederum (»Was sonst?!«) versuchen wird, durch einen humorvollen Small Talk den Konflikt indirekt aufzuheben.
    Im Raum zerplatzen Selbstverständlichkeiten wie Seifenblasen, eine nach der anderen. Wie man mit »Natürlich« und »Nur so« zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann, ist immer wieder spannend, lustig und lehrreich.
    Es verblüfft mich auch nach vielen Jahren jedes Mal neu, wie die Menschen aus einem Typenkreis des Enneagramms zu diesen kleinen Situationen und bei vielen anderen Gelegenheiten manchmal sogar fast wortgleiche Antworten geben. Umgekehrt kann man es mitunter kaum fassen, wie andere auf Strategien kommen, die einem im Traum nicht einfallen würden. Für jeden fühlt sich die Art, wie er selbst auf die Situationen antwortet, völlig vertraut und richtig an – so sind wir eben. Ganz bewusst zu erleben, dass es auf mindestens acht andere Arten auch geht, ist sehr erhellend.

Brauchen wir wirklich eine Typologie?
    Zunächst einmal: Wir haben längst eine. Jeder von uns hat sich die Menschheit sortiert. Wir wissen, was wir von BMW-Fahrern, Handwerkern/Lehrern/Juristen (»Typisch! Ist doch klar!«) zu halten haben. Weil wir ohne Vereinfachungen nicht auskommen; sie helfen uns bei der Orientierung und Erklärung der Welt, reduzieren die überbordende Fülle von Informationen.
    Jede Art von formulierter Typologie aber – wie etwa die Astrologie mit ihren zwölf Tierkreiszeichen oder die verschiedensten psychologischen Modelle von C. G. Jung oder Fritz Riemann bis zu dem heute in Firmen verbreiteten DISC-Ansatz – löst widersprüchliche Empfindungen in uns aus. Einerseits finden wir sie interessant, andererseits natürlich viel zu banal. Als ob wir so einfach zu kategorisieren wären. Natürlich ist es spannend, zu lesen und zu schauen: Erkenne ich mich wieder? Und was ist mit meinem Kollegen aus der Nachbarabteilung, der mir so gut gefällt, würde der zu mir passen? Und dann spürt man im nächsten Augenblick Widerwillen: So kann, so darf das doch nicht gehen! Lasse ich mich auf so triviale Parameter reduzieren, dass sie auf ein Zuckertütchen passen? Natürlich nicht. Ich bin außerdem ganz anders als mein Bruder, der auch Wassermann ist.
    Wir bestehen auf unserer Individualität.
    Wäre schön, wenn wir im Alltag tatsächlich so differenziert wären. Wenn einer zu Recht bezweifelt, dass man die Menschheit in drei, fünf, neun oder zwölf Zeichen einteilen kann, dann müsste er folgerichtig bei der Beurteilung anderer Menschen angemessen feine Unterschiede machen. Das passiert aber eher selten. Die meisten Menschen kommen mit drei Kategorien aus: sympathisch, unsympathisch und egal. Super, total daneben und weiß nicht. Aber wir wollen alle Menschenkenner sein. Oder halten uns dafür.
    Mögen wir normalerweise noch so hemmungslos in Stereotypen denken, bei der Konfrontation mit Typologien bäumt sich unser Inneres plötzlich auf und besteht auf unserer persönlichen Besonderheit jenseits der Schablone. Dann ist jede Schublade zu eng.
    Es gibt ganze Bücherwände voller Argumente gegen Typologien. Viele sind mehr als berechtigt. Und die meisten warnen vor der Vereinfachung und ihren Auswirkungen. Da bin ich dabei.
    Auch mit dem Enneagramm können wir so umgehen, dass es uns nicht weiterbringt als ein Partyspiel. Wir können es aber auch so verwenden, wie es seiner Werthaltigkeit entspricht. Und dann kann es unsere Differenziertheit in der Betrachtung anderer und unserer selbst enorm erweitern, kann unser Verständnis vertiefen und unser Verhaltensrepertoire bereichern.

Wie wir werden könnten – im schlimmsten

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