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Das Ende der Geschichten (German Edition)

Das Ende der Geschichten (German Edition)

Titel: Das Ende der Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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darüber.»
    «Offenbar weißt du mehr über Tarotkarten als ich.»
    «Ja.» Er betrachtete sein Weinglas, als wäre es eine Kristallkugel und er nicht mit dem einverstanden, was er darin sah. «Ja. Das eine oder andere weiß ich schon.»
    «Dann bist also du der Tarotleger.»
    «Kann man so sagen. Allerdings nur einen Sommer lang. Da warst du wahrscheinlich noch gar nicht auf der Welt.»
    Ich verdrehte die Augen. «Ich bin 1969 geboren.»
    «Das war …» Er runzelte die Stirn. «Es muss 1970 gewesen sein, glaube ich. Also kurz nach deiner Geburt. Ich war etwa zweiundzwanzig und trampte mit meiner ersten Freundin durch Europa. Wir wollten auf diese Weise den Sommer verbringen, bevor wir im Herbst nach Cambridge zurückmussten, um unsere Doktorarbeiten zu schreiben. Was war unser Leben damals durchorganisiert! Alles völlig übertrieben vorgezeichnet und geplant. Anscheinend fand sie das auch, denn irgendwo in Frankreich hat sie mich abserviert, und ich bin allein nach Spanien und dann weiter nach Italien gefahren. In Italien hat mich ein Hippie-Bus aufgelesen, und ich habe mit einer Gruppe von Musikern aus Cornwall am Strand campiert. Da habe ich übrigens auch Gitarre spielen gelernt. Eine Frau hat es mir beigebracht, Maisie. Sie hat mir Gitarrespielen beigebracht, und eines Nachts, als wir am Strand saßen, hat sie mir das Tarotlegen gezeigt. Sie sah … Ich sage das nicht gern, aber sie sah dir ziemlich ähnlich. Fast wie du, wenn du in den späten Sechzigern gelebt hättest und zweiundzwanzig gewesen wärst. Langes Haar, blaue Augen, buschige Brauen. Sie war meine erste große Liebe. Ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich so was sage …»
    «Warum sollte es?» Ich lächelte. «Mir macht es nichts aus, dass du meine Augenbrauen buschig findest.»
    Er lachte. «Du hast hinreißende Augenbrauen.» Dann sah er wieder auf die Karten und nahm sie alle in die linke Hand, während er mit der rechten das Glas hob und von seinem Wein trank. Er schluckte und nippte noch einmal an seinem Getränk, bevor er erneut auf die Karten schaute. «Sie wäre fast gestorben. Gott, ist das seltsam, dass mir das jetzt wieder einfällt. Ich habe seit Jahren nicht an Maisie gedacht. Auch nicht an die Tarotkarten. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals wieder welche in der Hand halten würde. Aber irgendwie ist es beruhigend, mir die hier anzuschauen. Das bringt gerade tausend Erinnerungen zurück. Ich hoffe, das stört dich nicht.»
    Während ich noch überlegte, warum Rowan wohl ständig fragte, ob mich irgendetwas störte, wurde mir klar, dass Lise sich vermutlich an fast allem störte, was er tat, so wie Christopher sich praktisch an allem gestört hatte, was ich machte. Anscheinend war das ein Merkmal der meisten langjährigen Beziehungen: Man musste feststellen, dass der Mensch, mit dem man lebte, sich ständig an einem störte.
    «Wie wäre Maisie denn fast gestorben?», fragte ich.
    Rowan biss sich auf die Lippe. «Die Tarotkarten … die haben sie erwischt. Genauer gesagt – eine Tarotkarte. Ziemlich abgefahren, oder? Sie lag eine Woche lang im Koma.»
    «Ach du lieber Himmel! Wie ist denn … Was ist denn passiert?»
    «Als ich Maisie kennenlernte, hatte sie gerade damit angefangen, Touristen gegen Geld das Tarot zu legen. Mir war schon in Spanien das Geld ausgegangen, und weil ich noch nicht gut genug Gitarre spielen konnte, um mich den Musikern anzuschließen, habe ich stattdessen gelernt, aus Stickgarn Freundschaftsarmbänder zu knüpfen. Die habe ich dann auf einem Stück Zeitung ausgelegt und verkauft, während Maisie neben mir ihre Tarotkarten legte. Maisie war im Grunde ihres Herzens eine Einzelgängerin und hatte keine Lust, ständig mit einer großen Gruppe zu reisen. Mir ging es ähnlich, also zogen wir zu zweit weiter die Küste entlang, mit unseren Rucksäcken und ihrem Reise-Tarottisch. Unterwegs machten wir in den Dörfern halt, und sie legte den Leuten die Karten. Anfangs kam ich mir ziemlich nutzlos vor. Ich konnte kein Italienisch und hatte auch sonst nichts zu der Unternehmung beizusteuern, bis auf meine Armbänder; aber die brauchten ewig, bis sie fertig waren, und ich bekam nur wenig Geld dafür. Während ich neben ihr hockte, sah ich Maisie zu, und so habe ich gelernt, die Karten zu lesen. Ich stellte fest, dass mir das ziemlich leichtfiel. Du hast ja auch schon bemerkt, dass ich mir historische Fakten sehr gut merken kann, vor allem, wenn es dabei um Menschen geht. Diese Fähigkeit – und

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