Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
zunehmend Disziplinprobleme und Lernschwächen auf.
Innerhalb weniger Jahre entwickelten die Frauen ganz neue Vorstellungen von ihrer Zukunft. Zwischen 1968 und den späten 1970er Jahren stieg die Zahl der Frauen, die bei der US -weiten Longitudinal Survey of Young Women angaben, dass sie mit fünfunddreißig vermutlich arbeiten würden, von etwa 30 auf fast 80 Prozent. In einer anderen Studie stimmten 1973 nur 17 Prozent der Studentinnen im ersten Semester folgender Aussage zu: »Eine verheiratete Frau sollte ihre Aktivitäten am besten auf das Heim und die Familie beschränken.« Die Frauen aus der Elite strömten als Erste an die Hochschulen, aber Frauen aller Schichten und Rassen traten schnell in ihre Fußstapfen. Schon 1982 war die alte ungleiche Geschlechterverteilung verschwunden, und gleich viele Frauen wie Männer machten einen Hochschulabschluss.
In einer logischen Welt hätten die Abschlussraten in diesem glücklichen Gleichgewicht verharren müssen. Doch zur Überraschung vieler Wirtschaftswissenschaftler begann sich die ungleiche Verteilung der Geschlechter mit umgekehrten Vorzeichen wieder zu vergrößern. Auf dem Arbeitsmarkt war der Hochschulabschluss immer noch den Höchstpreis wert, aber während die Frauen stark auf diesen Anreiz reagierten, stagnierten die Männer. Heute haben laut dem Census Bureau etwa 30 Millionen US -amerikanische Männer und 30 Millionen US -amerikanische Frauen einen Hochschulabschluss. Doch dieses Gleichgewicht täuscht, denn die Männer sind im Durchschnitt viel älter. Das junge Amerika lebt in einer Welt, in der die Bildungselite mehrheitlich genauso weiblich ist, wie sie früher männlich war. Viele Frauen haben heute nur noch die Wahl, entweder einen weniger gebildeten Mann zu heiraten oder ihre Heirat aufzuschieben oder gar nicht zu heiraten. Männer internalisieren heute schon zu Beginn ihres Lebens die Vorstellung, dass Frauen erfolgreicher und in Bezug auf die für den Erfolg nötigen Eigenschaften Wissen, Tatendrang und Disziplin Naturtalente sind, gegen die sich die Männer nur noch mühsam behaupten können.
Im Jahr 2010 besuchte ich ein paar Hochschulen in Kansas City, um für die neue Geschlechterdynamik in der höheren Bildung ein Gefühl zu bekommen. Ich begann mit dem Metropolitan Community College in der Innenstadt. An diesem College lernen die Studenten praktische berufliche Fertigkeiten, damit sie sich in der im Wandel begriffenen Arbeitswelt behaupten können. Und, wie heutzutage in den meisten Community Colleges, waren Männer dort auffällig abwesend. Eines Nachmittags machte ich einen Abstecher in die Cafeteria im Keller eines fast fensterlosen Backsteingebäudes, wo mehrere Frauen versuchten, sich auf den Inhalt ihrer Biologielehrbücher zu konzentrieren und die SMS ihrer Babysitter zu ignorieren. Eine weitere Gruppe stand vor der Damentoilette und flocht einander die Haare. Als ich wieder in den Aufzug stieg, hatte ich jene Begegnung, die sich mir als das Urbild der Widersprüche des neuen strebsamen Mittelschichtmatriarchats eingeprägt hat: eine Frau, die immer noch den weißen Kittel der medizinischen Assistentin trug und zwischen dem Erdgeschoss und dem dritten Stock einschlief, weil sie so müde davon war, zu studieren, zu arbeiten und allein ihre Kinder zu versorgen.
Bernard Franklin registrierte den Männermangel, als er 2005 Präsident des Metropolitan Community College wurde, und verkündete seinem Stab, von nun habe es Priorität, »mehr junge Männer zu rekrutieren«. Er gründete spezielle Beratungsprogramme und Lerngruppen und Studentenverbindungen für Männer und suchte bewusst den Kontakt mit männlichen Studenten, die ihm den Spitznamen »Anzug« verpassten. »Einige meiner Feministinnen waren darüber empört«, erinnert er sich heute. Doch das College wurde auch weiterhin von Frauen überschwemmt. Sie stellen heute 70 Prozent der Studenten und kommen, um Krankenschwestern und Lehrerinnen zu werden: afroamerikanische Frauen, in der Regel ein paar Jahre älter als traditionelle Studentinnen, und neuerdings auch weiße Frauen aus der Arbeiterschicht der Vorstädte, die eine preisgünstige Qualifikation erwerben wollen. Und was ist mit den Männern? Nun, da hat sich wenig geändert. »Ich erinnere mich an einen jungen Mann, der wirklich schlau war«, erzählte mir einer der Berater der Schule. »Aber er las wie ein Sechstklässler, fühlte sich in Gegenwart von Frauen nicht wohl und musste seine Bücher vor seinen Freunden
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