Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
verstecken, weil sie ihn aufzogen, wenn er lernte. Dann kamen die Ausreden: ›Es ist Frühling. Ich muss Baseball spielen.‹ ›Es ist Winter, es ist zu kalt.‹ Er schaffte es nicht.«
Es hat auch ökonomische Gründe, dass mehr Frauen als Männer Community Colleges und überhaupt weiterführende Hochschulen besuchen. Frauen zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig verdienen durchschnittlich etwa 25 000 Dollar pro Jahr, wenn sie nur einen Highschool-Abschluss haben, und Männer bringen es mit der gleichen Qualifikation immerhin auf etwa 32 000 Dollar. Trotzdem ist die Trägheit der Männer nur ein Stück weit ökonomisch rational. Gut bezahlte lebenslange Arbeitsplätze für Gewerkschaftsmitglieder werden seit 30 Jahren immer weniger. In Kansas City zum Beispiel hat sich der Schwerpunkt von der Stahlproduktion auf pharmazeutische Produkte und Informationstechnologien verlagert. »Die Wirtschaft ist nicht mehr so männerfreundlich wie früher«, sagt Jacqueline King vom American Council on Education. »Man sollte meinen, dass genauso viele Männer diese Colleges besuchen. Aber sie tun es nicht.«
Im Jahr 2005 führte ihre Organisation eine Umfrage unter Erwachsenen mit geringem Einkommen durch, die ein College besuchten. Wie sich herausstellte, fiel es den Männern schwerer, wieder die Schulbank zu drücken, selbst wenn sie dringend eine neue Qualifikation brauchten. Sie waren in der Regel weniger gebildet und fühlten sich der Arbeit für das Studium oft nicht gewachsen. Sie sagten, dass sie sich isoliert fühlten, und es gelang ihnen viel schlechter, Kontakte mit anderen Studenten, Lerngruppen oder Studienberatern zu knüpfen, die ihnen bei der Anpassung helfen konnten. Mütter, die wieder eine Ausbildung machten, sagten, sie seien ein gutes Rollenmodell für ihre Kinder. Väter sorgten sich, weil sie ihrer Verantwortung als Ernährer nicht mehr gerecht wurden.
Cameron Creal ist einer der wenigen männlichen Stars an Franklins Hochschule. Er will Lehrer werden, was Franklin besonders gefällt, weil auf diese Weise auch die nächste Generation junger Männer erreicht wird. Camerons Freunde an der Highschool sagten alle, sie könnten aufs College gehen, aber nur wenige taten es auch. »Sie sehen die Fernsehwerbung und meinen, es sei leicht, einen Abschluss zu machen«, sagte Cameron im Gespräch mit mir. »Aber dann kommen sie hier an und sind einfach nicht gefasst auf die Arbeit.« Also arbeiten sie lieber als Kundenberater in Call-Centern oder nehmen irgendwelche Hausmeisterjobs an, »wo die Aufstiegschancen gering sind«.
Der inzwischen 22-jährige Cameron spielte in der Highschool den Klassenclown, und nach seinem Schulabschluss war ihm ebenfalls unbehaglich bei dem Gedanken, sich weiterzuqualifizieren. Er arbeitete die ersten zwei Jahre nach der Schule in einem Taco-Bell-Schnellrestaurant. Aber er wohnte in der Nähe bei seiner Schwester und sah bei ihr, dass man auch fast Unmögliches leisten kann. Sie ist alleinerziehende Mutter und bringt ihre drei Kinder morgens um sieben zur Schule, dann geht sie bis drei Uhr mittags aufs Community College, und danach arbeitet sie von sechs Uhr abends bis drei Uhr morgens für die Steuerbehörde IRS . »Wie bei vielen von diesen jungen Frauen«, sagt er und zeigt auf eine Frau, die auf der Bank in der Lobby eingeschlafen ist, »ist ihr Tag voll , und sie ist dauernd am Hetzen .«
Mitte der 2000er Jahre begannen diverse Leute, die in den USA für die Hochschulbildung zuständig sind, die ungleiche Geschlechterverteilung als Krise zu empfinden, weil sie nicht mehr nur auf Community Colleges und Liberal Arts Colleges beschränkt war, sondern auch die staatlichen Vorzeigeuniversitäten, die UC s (Universities of California), die SUNY s (Universities of New York) und die UNC s (Universities of North Carolina), erfasst hatte. Wie viele dieser Hochschulen nähert sich auch die University of Missouri in Kansas City ( UMKC ), eine vollwertige Forschungsuniversität mit mehr als 14 000 Studenten, inzwischen dem kritischen Frauenanteil von 60 Prozent, bei dem Zulassungsstellen fürchten, dass sich die Atmosphäre und der Ruf einer Hochschule für immer verändert. Im Februar 2010 sprach ich mit Ashley Burress, der Präsidentin der Studentenvertretung der UMKC . (Die anderen drei Amtsträger der Studentenvertretung waren ebenfalls Frauen.) Die hübsche kleine 24-jährige Afroamerikanerin machte gerade ihren Doktor in Pharmazie und brachte ganz ähnliche Beschwerden vor, wie
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