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Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Titel: Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heller
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aus, aber auch noch etwas: leicht amüsiert. War es das? Sie war etwa Mitte dreißig.
    Kann man sich durch ein Zielfernrohr verlieben? Verdammt. Ich zog meinen Kopf zurück und warf einen Blick nach unten. Sie war gut gebaut, mit breiten Hüften. Vielleicht ein bisschen zu dünn. Ich brachte mein Auge wieder ans Okular und ließ Lauf und Zielfernrohr absinken. Ich muss schon sagen. Ihre Beine waren aufgekratzt und entzündet und vielleicht zu dünn, dafür aber lang und mit schmalen Fesseln.
    Atme, Hig. Sag es, alles Roger. Alles Roger.
    Ich richtete mich auf den Knien auf, zielte immer noch mit offenen Augen. Ich rief.
    Hi!
    Er blinzelte. Ich stupste das Zielfernrohr vorsichtig zu ihrem Gesicht, und sie beide sahen aus, als wären sie vielleicht verrückt, oder vielleicht Protagonisten eines schlechten Traums.
    Hi!
    Ich behielt sie im Fadenkreuz. Sie lächelte. Sie lächelte tatsächlich. Ein schwaches, angedeutetes Lächeln, aber zehnfach vergrößert konnte ich das verdammte Ding gut erkennen.
    Und nun, wie sollten wir es machen? Schreien?
    Schweigen.
    Opa! Entspann dich! Wenn ich hier wäre, um zu töten und zu vergewaltigen und zu plündern, wärt ihr längst tot!
    Schweigen, während er das verarbeitete.
    Ich vergebe euch!, schrie ich.
    Weil ihr zweimal versucht habt, mich umzubringen! Weil ihr beinahe mein Flugzeug geschrottet habt. Ich weiß, ich sollte es nicht persönlich nehmen. Ich hätte es genauso gemacht wie ihr.
    Der Wind trug meine Schreie davon. Aber ich konnte sehen, dass sie mich verstanden hatten. Ich hatte das Gefühl, dass sie begriffen hatten. Außerdem konnte ich, wenn ich den Kopf zur Seite legte und in den Canyon hineinblickte, sehen, dass alle Kühe und ein paar Schafe sich in Todesangst gegen einen hohen, geflochtenen Weidezaun am Ende der Schlucht drückten.
    Tut mir leid, dass ich eure Kühe erschreckt habe.
    Sie standen da, die Waffen im Anschlag. Ich ließ das Fadenkreuz über beide gleiten. Er nagte von innen an seiner Wange und versuchte zu begreifen, was hier vor sich ging. Und sie. Ich war mir nicht sicher. Ich meinte zu sehen, wie der Groschen bei ihr fiel und ihr etwas nicht Unangenehmes dämmerte. Zumindest war das meine Fantasie. Ich wusste, dass ich irgendwie verwirrt war, aber gleichzeitig war ich so klar im Kopf wie selten in meinem Erwachsenenleben.
    Okay, ihr könnt eure Waffen behalten. Ich komme jetzt runter.
    Okay?
    Okay?
    Er nickte. Endlich. Zog sich die Waffe an den Körper und stand aufrecht da wie ein Mann, der alles im Griff hat. Eines muss ich ihm lassen: Der alte Kauz sah ganz schön gelassen und stolz aus. Er war ein verdammt guter Schütze, so viel war mal klar. Ich hatte das Gefühl, dass dieser Mistkerl alles in seinem Leben mit dieser Art von Selbstvertrauen anging. Nur so ein Eindruck von der Zuschauertribüne.
    Wenn ihr versucht, mich zu töten, werdet ihr euch später furchtbar schlecht fühlen! Ich verspreche euch, ihr verpasst das Beste!
    Sie lächelte. Oh Mann. Es war um mich geschehen. Ich dachte, vielleicht, vielleicht ist er ihr Vater. Was für ein Idiot ich war.
    Ich ließ die Waffe sinken, trat zurück und lief zum Biest.
    Um meine guten Absichten und meinen Respekt zu demonstrieren, steckte ich eine weitere Granate in meine Jackentasche, damit es wieder zwei wären, und packte etwas Dörrfleisch als Friedensangebot ein, dann warf ich mir das Sturmgewehr auf den Rücken und trabte über die Salbeiprärie zurück. Ich arbeitete mich zwischen den Pinien durch, bis ich eine Stelle an der Felskante fand, an der ein Wildpfad nach unten zum Wasser führte.

IV
    Mein Herz hämmerte wie eine Trommel, aber nicht vor Anstrengung. Der Untergrund war holperig, ja, der Weg runter in die Schlucht steil und voller Felsbrocken. Ich legte eine Hand an ihre warmen Flanken, während ich mich an ihnen vorbeidrückte und immer wieder auf der losen Erde des Wildpfads ausrutschte. Der Hirschkot lag unter den langen, braunen Nadeln der Gelbkiefern, und die Sonne vermischte alles zum Moschusgeruch lebendiger Hirsche in einem Kiefernwald. Mein Jagdtrieb wurde geweckt. Aber auch das stimmte eigentlich nicht. Mein Herz hämmerte, weil ich das Gefühl hatte, auf dem Weg zu einem ersten Date zu sein.
    Jenes andere, Higs echtes erstes Date – ich war so nervös, es war eine Katastrophe. Wir sahen uns Avatar in 3 -D an. Ich musste mich immer wieder zum Pinkeln aus dem Saal schleichen. Ich brachte jedes Mal noch mehr Popcorn und Süßigkeiten mit, wahrscheinlich hielt sie mich

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