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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Dass sich auch Kredite für private
     Haushalte und Unternehmen verteuerten, weil die Sätze vieler kurzfristiger Darlehen und variabelverzinslicher Hypotheken teilweise
     an den LIBOR gekoppelt sind, kam erschwerend hinzu.
    Messgrößen wie der TED-Spread haben eine gewisse Ähnlichkeit mit Blutdruckwerten: Sie zeigen die Gesundheit der Wirtschaft
     an. Sie verraten, ob das Geld störungsfrei durch die Wirtschaft |199| zirkuliert und wie liquide die Märkte sind. Im Normalfall sind die Märkte relativ liquide, und es herrscht Vertrauen. Die
     Akteure leihen einander bedenkenlos Geld, und die Kreditkosten halten sich auf dem üblichen Niveau. In Krisenzeiten, wenn
     der Patient wirklich krank ist, fließt das Lebenselixier des Systems nicht mehr, obwohl außergewöhnliche Maßnahmen getroffen
     wurden, um den Patienten gesund zu erhalten. Die Deflation wird zu einer realen Möglichkeit.
    Wie geht man nun mit diesem Problem um? Als Bernanke im Jahr 2002 auf die Gefahren der Deflation hinwies, sprach er eine Reihe
     möglicher Gegenmaßnahmen an. Schon damals stellte er fest, dass diese experimentellen Schritte angesichts der, wie er sagte,
     »relativ geringen Erfahrung mit solchen Maßnahmen« mit erheblichen Risiken verbunden waren. 12 Obwohl die Japaner in den neunziger Jahren die eine oder andere Strategie erprobt hatten, waren diese nach wie vor umstritten.
     Doch mit Beginn der Krise leitete Bernanke eine Reihe von Maßnahmen ein, um die Spannen zwischen kurzfristigen (und später
     auch langfristigen) Marktzinsen und den Leitzinsen zu verringern.
    Dazu richtete die Notenbank einige neue »Liquiditätshilfen« ein, um illiquiden Banken zinsgünstige Kredite zur Verfügung zu
     stellen. 13 De facto betätigte sich die Regierung damit auf dem Markt und versorgte in Not geratene Finanzunternehmen direkt mit Krediten.
     Damit ging sie weit über die gängigen Mechanismen zur Liquiditätssteigerung hinaus und wurde zum Inbegriff des letztinstanzlichen
     Kreditgebers, indem sie einem immer größeren Teil des Finanzsystems Geld zur Verfügung stellte.
    Anfänglich beschränkten sich diese Maßnahmen auf Banken, Sparkassen oder Genossenschaftsbanken, die einen gesetzlichen Anspruch
     auf direkte Kredite der Zentralbank hatten. Diese Geldinstitute hatten das Recht, über das Diskontfenster der Notenbank kurzfristig
     Geld aufzunehmen (der Begriff »Diskontfenster« stammt aus einer Zeit, als die Banken buchstäblich an einem Schalter der Notenbank
     Schlange standen). Diese Möglichkeit |200| wurde selten genutzt, weil die Kredite mit einem Strafzins versehen waren. Das Diskontfenster war ursprünglich eingerichtet
     worden, um kleine Notkredite zu gewähren, es war nicht für den Krisenfall gedacht. Als sich die Lage verschlimmerte, senkte
     die Notenbank den Strafzins und gewährte Banken auch langfristige Kredite. Im März 2008 konnten sich Banken bereits für bis
     zu 90 Tage am Diskontfenster bedienen – fast ohne Strafe.
    Als sich die Krise weiter verschärfte, richtete die Notenbank weitere Liquiditätsmöglichkeiten ein. Die erste war die sogenannte
     »Term Auction Facility« (TAF), über die Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken langfristigere Kredite aufnehmen konnten.
     Doch auch diese Maßnahme beseitigte die Kreditklemme nicht, und der Teufelskreis von Ausverkauf, Zwangsverkäufen und fallenden
     Vermögenspreisen, den Fisher vorhergesagt hatte, setzte sich fort. Es wurden weitere Werkzeuge benötigt, und zwar für Finanzunternehmen,
     die bislang keinen Zugang zu Krediten der Zentralbank hatten.
    Also richtete die Notenbank die »Primary Dealer Credit Facility« (PCDF) ein, die Kredite an »Primärhändler« vergab, also an
     die Banken und Wertpapierhändler, mit denen die Federal Reserve ihre Offenmarktgeschäfte durchführt. Während die PCDF Tageskredite
     zur Verfügung stellte, vergab eine weitere Einrichtung, die »Term Securities Lending Facility« (TSLF) Kredite mit mittlerer
     Laufzeit und nahm dafür nicht liquide Wertpapiere entgegen. Somit nutzte die Notenbank erstmals seit der Weltwirtschaftskrise
     ihre Notstandsbefugnisse, um auch dem Schattenbankwesen Kredite zur Verfügung zu stellen. Danach explodierte die Zahl der
     neuen Einrichtungen, und es hagelte Akronyme wie zuvor höchstens während der Reformen des New Deal. Da gab es die Commercial
     Paper Funding Facility oder CPFF, die Money Market Investor Funding Facility oder MMIFF und die gänzlich unaussprechliche
     Asset-Backed

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