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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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immer für Krisen in Schwellenländern
     gesorgt: in Mexiko 1994, in Ostasien 1997 und 1998, in Russland und Brasilien 1998 und in der Türkei und Argentinien 2001. 14
    An dieser Stelle kommt der Internationale Währungsfonds ins Spiel, der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde. Eine seiner
     Hauptaufgaben besteht darin, als internationaler Kreditgeber letzter Instanz für Regierungen und Zentralbanken einzuspringen.
     In den neunziger Jahren war der IWF vielbeschäftigt, doch in den letzten Jahren hatte er als Krisenmanager wenig zu tun –
     bis zum Beginn der aktuellen Krise, als er für viele Schwellenländer erneut zur letzten Anlaufstelle für Kredite wurde.
    Seine Hilfe nahm zwei Formen an. 15 Vierzehn Länder, allen voran Ungarn, die Ukraine und Pakistan, erhielten die eher traditionelle Unterstützung durch einen
     sogenannten Standby-Kredit. Wie schon in den neunziger Jahren machte der IWF die Vergabe von Darlehen davon abhängig, dass
     die Empfängerländer Wirtschaftsreformen umsetzten, die sie künftig stabiler aufstellen sollten. Solidere Länder wie Mexiko,
     Polen und Kolumbien, die in der Vergangenheit erfolgreich Finanzreformen durchgeführt hatten, erhielten flexible Kreditlinien
     ohne Auflagen. Anders als die Standby-Kredite sollten diese präventive Wirkung haben: Der IWF sagte zwar konkret Hilfe zu,
     schüttete aber nicht unmittelbar Geld aus.
    Der IWF stellte gewaltige Summen bereit. Im Sommer 2009 hatte er bereits mehr als 50 Milliarden US-Dollar über Standby-Kredite
     und mehr als 78 Milliarden US-Dollar über flexible Kreditlinien bewilligt. Viele dieser Notfallhilfen stellten die zehn Jahre
     zuvor geschnürten Rettungspakete weit in den Schatten. In der Asienkrise |204| des Jahres 1997 erhielt Südkorea beispielsweise ein Darlehen von knapp zehn Milliarden US-Dollar. Die Ukraine dagegen, deren
     Volkswirtschaft nur einen Bruchteil der südkoreanischen ausmacht, erhielt im Jahr 2008 schwindelerregende 16,4 Milliarden
     US-Dollar.
    Doch der IWF war nicht der einzige letztinstanzliche Kreditgeber. Die amerikanische Notenbank betätigte sich nämlich nicht
     nur im In-, sondern auch im Ausland. Über sogenannte »Swap-Linien« verkaufte die Federal Reserve anderen Zentralbanken Dollars
     gegen ihre jeweilige Landeswährung. 16 Diese Zentralbanken verliehen die Dollars dann bei Bedarf im eigenen Land weiter. So aktivierte beispielsweise Mexiko im
     April 2009 eine Swap-Linie über 30 Milliarden US-Dollar. Der Geldstrom führte dem Dollarmarkt Liquidität zu und kam all jenen
     zugute, die Dollars benötigten, um Schulden zurückzuzahlen oder Kredite zu verlängern.
    Das allein war schon ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher war jedoch, dass selbst stabile Industrienationen eine ähnliche Liquiditätskrise
     erlebten wie die Schwellenmärkte. Viele europäische Finanzunternehmen etwa hatten in Dollar gewaltige Kredite mit kurzen Laufzeiten
     aufgenommen und zur Übernahme spekulativer Emissionen eingesetzt. Als der Interbankenmarkt auf dem Höhepunkt der Krise austrocknete,
     konnten sie ihre auf Dollar lautenden Verbindlichkeiten nicht verlängern. Alle benötigten Dollars, weshalb der Wert des Dollars
     in die Höhe schoss. Es war eine bittere Ironie: Die Währung des Landes, von dem die Finanzkrise ausgegangen war, legte 2008
     an Wert zu.
    Um dieses Problem zu lösen, bediente sich Bernanke eines weiteren Kunstgriffs. Die amerikanische Notenbank kann keine direkten
     Kredite an ausländische Finanzunternehmen vergeben. Sie kann jedoch ausländischen Zentralbanken Dollars leihen, die sie wiederum
     an die in Not geratenen Finanzinstitute weiterreichen können. Im Gegenzug erhält die Notenbank einen entsprechenden Betrag
     in der Währung der betreffenden Zentralbank. Auf diese Weise flossen gewaltige Dollarbeträge von der Federal Reserve an die
     Europäische Zentralbank, die Schweizerische Nationalbank, |205| die Bank von England und die Zentralbanken Schwedens, Dänemarks und Norwegens. Die Federal Reserve übernahm ihrerseits entsprechende
     Beträge in Euro, Pfund, Franken oder anderen Währungen. Ende 2008 beliefen sich diese Swap-Linien auf insgesamt eine halbe
     Billion US-Dollar. Erst im Frühjahr 2009 gingen sie langsam zurück.
    Dass sich die Krise allmählich abschwächte, ist auf diese und viele andere außergewöhnliche Initiativen zur Wiederherstellung
     der Liquidität und wirtschaftlichen Stabilität zurückzuführen. Doch die Politik musste erkennen, dass es eine

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